Der Club der Teufelinnen
Mary wieder vollkommen angezogen vor ihm. Es war kaum zu glauben, daß diese Frau, die er soeben auf dem Tisch genommen hatte, ihm bei seinem größten Coup behilflich sein würde. Sie würden zusammen die geeignetste japanische Firma für eine Übernahme ausfindig machen. Und es war nicht nur das Geld, um das es hierbei ging. Es ging letztlich auch darum, daß jeder in der Wall Street wissen würde, daß er, Gil Griffin, die kleinen gelben Bastarde in die Schranken verwiesen hatte, die allmählich begannen, in sein Territorium einzudringen. Er haßte andere Rassen. Macht und Herrschaft waren sein gerechtes Erbe, und es stieß ihn ab, Schwarze, Latinos oder Asiaten in führenden Stellungen zu sehen. Oder – was noch schlimmer war – zusammen mit weißen Frauen. Diese Ansicht teilte er mit vielen.
Alle diese Mißstände würden durch seine Aktion zurechtgerückt werden. »Wie wäre es mit Mitsui Shipping?« Mary lächelte auf seine Frage.
»Nun ja, wir haben diese …« Sie unterbrach sich, suchte nach der rechten Bezeichnung. »Wir haben diese Desinformation ausgestreut.«
»Ja, das dürfte für einige Überraschungen sorgen.« Ein verschlagenes Lächeln huschte über Gils Gesicht. Sogar in seinem wohlgehüteten Unternehmen gab es Lecks. Er haßte Lecks. Das gab anderen die Möglichkeiten, von seinen Anstrengungen zu profitieren. Aber diesmal nicht. Und vielleicht würde er sogar das Leck stopfen können, aber erst später. Jetzt sollte es zuerst einmal seinen Zweck erfüllen. Der Markt mußte eingestimmt werden, so wie ein guter Schauspieler das Publikum einstimmt. Alle Möglichkeiten der Beeinflussung mußten genutzt werden: durch gesteuerte Fehlinformationen, Wahrheiten, Lügen, Gerüchte.
»Und was ist unser eigentliches Ziel?«
»Es ist noch nicht sicher, aber Ditsoi oder Maibeibi kämen in Frage«, entgegnete sie.
Gil überlegte. Das wäre eine Möglichkeit. Keiner würde jedenfalls so gründlich wie Mary die Zahlen überprüfen. Aber nun runzelte Mary die Brauen.
»Gil, du mußt etwas mit Stuart Swann unternehmen. Ich kann es nicht ertragen, ihn hier zu haben. Ich bekomme immer eine Gänsehaut, wenn ich sehe, wie er mich manchmal beobachtet.«
Gil nickte. »Mach dir keine Gedanken wegen Stuart. Ich werde mich schon um ihn kümmern.«
Gil seufzte und streckte seine Hand aus. Dieses anonyme Geschreibsel war unwichtig. Erfolgreiche, wohlhabende, gutaussehende Leute waren immer das Ziel von so etwas. Das hatte er Mary auch erklärt. Ihre einzige Charakterschwäche war ihre Besorgnis in bezug auf das, was andere Leute von ihr dachten. Sie hatte den Skandal vor ihrer Ehe durchgestanden. Aber sie war irritiert über die Fortsetzung der negativen Presse auch nach ihrer Hochzeit. Gil war der Ansicht, daß sie über derartige Befürchtungen erhaben sein sollte. Statt dessen hatte sie sich darauf eingelassen, Reden vor Frauenorganisationen zu halten und sich zunehmend um gesellschaftliche Dinge zu kümmern.
Sie reichte ihm einen Umschlag, wie er intern hier im Unternehmen verwendet wurde. Gil zog einen Artikel aus einem dieser Boulevardblättchen hervor. Das Foto zeigte Elise Atchison, die Demnächst-Exfrau von Bill Atchison, der ja völlig hingerissen zu sein schien von dieser Van-Gelder-Puppe. Einfach lächerlich. Er mußte besessen sein, Gil würde sich nie dazu herablassen, so für eine Frau zu empfinden, auch nicht für Mary. Er las die Zeile unter dem Foto: Die scheue Elise Elliot nach dem Begräbnis einer Freundin. Und quer darüber hingekritzelt: Fragen Sie Ihren Mann, wessen Begräbnis das war. Fragen Sie ihn, warum diese Freundin gestorben ist.
Gil blickte Mary in die Augen. Sie wartet, wie ich reagiere, dachte er. Aber er zeigte keinerlei Reaktion. Er verspürte weder Schuld noch Bedauern wegen Cynthia, und ganz bestimmt fühlte er sich auch nicht verantwortlich für ihren Selbstmord. Das war ihre Entscheidung gewesen. Die Entscheidung einer Qualle. Widerwärtig. Gil hatte es nicht überrascht. Er kannte ihre Schwächen zur Genüge. Sie hatte immer als erste nachgegeben, meistens ohne den geringsten Widerstand.
»Wir haben darüber doch schon gesprochen, Mary.«
»Ich weiß. Aber ich habe ein ungutes Gefühl … Irgend jemand aus der Firma muß dies verschicken.«
»Du meine Güte. Das ist doch alles Unsinn. Los, wir haben erheblich wichtigere Dinge zu besprechen. Aber wenn es dich beruhigt, werde ich die Sicherheitskräfte darauf ansetzen.«
Mit einem letzten Blick auf Elises Foto hoffte
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