Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
trostlos.“
Sie schlugen ihr Lager neben der Quelle auf, die spärlich aus dem Felsen tröpfelte.
Targil setzte sich auf dem Boden nieder, lehnte seinen Rücken gegen den Felsen und ließ seinen Blick hinaus über die Ebene schweifen. Die Pferde zupften das wenige Grün, das das Wasser dem kargen Boden entlockte. Über der Landschaft lag eine Stille, die sich wie Blei auf Deinas Schultern senkte. Zuerst hatte auch sie sich niedergesetzt, aber mit einmal glaubte sie, das Stillsitzen nicht mehr länger ertragen zu können. Sie erhob sich und wanderte am Rand der Felsen entlang. Als sie nach einer Weile um einen Vorsprung bog, sah sie das Heiligtum vor sich, von dem Targil gesprochen hatte. In einer natürlichen Nische stand ein verwitterter Altarstein, über dem ein Standbild Horons, des Obersten der Götter, in den Fels gehauen war. Das Heiligtum erweckte in Deina eine tiefe Ehrfurcht und sie kniete vor dem Altar nieder.
Und plötzlich überkam sie der heiße Wunsch, den Herrn der Götter um Beistand für Ihr Unternehmen anzurufen.
„Oh, Horon, Herr der Götter, steh uns bei im Kampf gegen das Böse!“ flehte sie. „Lass nicht zu, dass meinem Volk, das dich verehrt, das gleiche geschieht wie den Menschen, die einst diesen Altar für dich errichteten. Schütze den Mann, den ich liebe, vor den Netzen der Dämonin, die ihn erneut in ihre Gewalt ziehen will, um ihn zu verderben. Gib mir die Kraft, sie zu vernichten und meinen Bruder zu befreien, damit er Zolkar, die Geißel unseres Volkes, besiegen kann. Herr, gern schenke ich dir mein Leben, wenn du das der beiden Menschen erhältst, denen mein ganzes Herz gehört. Erbarme dich ihrer, oh Horon! Schenke ihnen ein wenig Glück, nachdem sie so viel erlitten haben!“
Bittend sah Deina zu dem Standbild auf, und dann traute sie ihren Augen nicht: Die steinernen Lippen des Gottes begannen sich zu bewegen und dann hörte sie eine Stimme:
„Deina, Prinzessin von Valamin, höre: Da du von mir nichts für dich selbst erbeten hast, sondern nur für die Menschen, die du liebst, will ich die Kraft in dich legen, den Kampf mit dem Schrecken von Sku-Ul zu bestehen, denn auch ich bin des Treibens dieser Dämonin überdrüssig. Doch wisse, nur du selbst kannst diese Kraft in dir wecken, wenn du zu dem Opfer bereit bist, das du mir eben versprachst. Ich will dir eine Waffe geben, mit der du Skora vernichten kannst. Doch die Waffe wird nur die Kraft dazu haben, wenn diese Kraft auch in dir selbst ist. Lege das Schwert, das du trägst, auf meinen Altar!“
Verwirrt und erschrocken, aber gehorsam zog Deina das Schwert aus der Scheide und legte es auf den Altar. Seit sie in der Wildnis waren, hatte Targil darauf bestanden, dass sie es immer trug, um sich im Notfall gegen ein wildes Tier verteidigen zu können. Nie hatte sie es gebraucht, doch nun war sie froh, dass sie seinem Befehl gefolgt war.
Kaum lag das Schwert auf der Steinplatte, als von der erhobenen Hand des Standbildes ein gleißender Blitz niederfuhr, der das Schwert in weißen Flammen auflodern ließ und es in ein blendendes Leuchten hüllte. Voll Angst sprang Deina zurück, doch genauso plötzlich, wie die Flamme gekommen war, erlosch sie wieder. Scheu blickte Deina zu dem Standbild auf, doch der steinerne Gott rührte sich nicht mehr. Nichts deutete mehr daraufhin, dass er eben gesprochen hatte, und als Deina zögernd das Schwert berührte, war es so kühl, als habe es nicht gerade noch in einer lodernden Flamme gelegen.
Deina nahm das Schwert vom Altar und betrachtete es. Nichts hatte sich an ihm verändert und das Mädchen begann zu glauben, dass sie einem Tagtraum zum Opfer gefallen war, ausgelöst von ihren überreizten Nerven und geboren aus dem heißen Wunsch, der sie beseelte. Sie schob die Waffe in die Scheide und machte sich gedankenverloren auf den Rückweg. Sie würde Targil nichts von dem seltsamen Erlebnis berichten, denn sie war selbst nicht mehr sicher, dass es tatsächlich geschehen war.
Am nächsten Tag hatte sie die Begebenheit schon fast vergessen, denn je näher sie den Sümpfen kamen, desto drückender legte sich die Furcht auf die Herzen der beiden Menschen.
5. Die Sümpfe von Norhang
Am vierten Tag erreichten sie die Dämonensümpfe. Im fahlen Licht der sinkenden Sonne sahen sie sie vor sich liegen. Dichter Nebel versperrte den tieferen Einblick, und man sah nur am Rand der Sümpfe ein paar verkrüppelte Bäume, die ihre kahlen Äste wie Knochenarme
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