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Der Dominoeffekt

Der Dominoeffekt

Titel: Der Dominoeffekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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geheimes Doppelleben, hatte keine Schulden, sondern lebte mit seiner Freundin auf bescheidenem Fuß.«
    »Das mit dem Frühstück war schon mal ein guter Anfang. Warte noch eine Stunde, dann kannst du daraus eine Einladung zum Italiener machen«, schlug Hofmann vor. »Das wäre besser als unsere Kantine.«
    Jessica sah sich demonstrativ um. »Viel zu tun habt ihr nicht, was?«

30
     
     
     
    Zumindest tat nichts mehr weh. Fast konnte Juri Kamarov es genießen, auf der weichen Matratze zu liegen, gegen die weiß gestrichene Decke zu starren und seinen Gedanken nachzuhängen. Vor einer Stunde hatte ihm dieser nette junge Arzt einen Becher mit einer grauenhaft schmeckenden Medizin an die Lippen gehalten. Keine fünf Minuten später hatte er gespürt, wie die Wirkung des Medikamentes einsetzte.
    Sein Körper war fast komplett bandagiert, der Arzt hatte ihm erklärt, dass er etliche Brüche, Quetschungen und innere Verletzungen davongetragen habe, am schlimmsten sei die Kopfverletzung, aber man habe sie erfolgreich operiert. Er solle sich keine Sorgen machen, sondern abwarten und in Ruhe wieder gesund werden.
    Bereitwillig hatte Kamarov dann der netten Schwester alles erzählt, was sie von ihm wissen wollte, seinen Namen, sein Geburtsdatum, wo er geboren war, seit wann er in Deutschland lebte… Wenn die Toten aus ihren Gräbern auferstanden, um ihn heimzusuchen, musste sich etwas ändern.
    Seine kriminelle Karriere war zu Ende, endgültig. Er würde ein neuer Mensch werden, er würde für seine Verbrechen büßen, wenn es sein musste, ging er auch ins Gefängnis.
    Die Bullen wussten eh Bescheid. Juri hatte keine Ahnung, was er während der letzten Tagen erzählt hatte, immerhin war der Unfall am Samstag passiert und jetzt war es schon Dienstag.
    Nun, ihm war alles egal. Mord bedeutete in Deutschland normalerweise fünfzehn Jahre, vielleicht kam er bei guter Führung sogar eher wieder aus dem Knast. Dann war er zwar schon Mitte fünfzig, aber immer noch nicht zu alt, um nicht noch etwas Sinnvolles mit seinem Leben anfangen zu können. Zeit, um darüber nachzudenken, würde er auf jeden Fall genug haben.
    Vorsichtig versuchte er, Teile seines Körpers zu bewegen. Als der rechte Arm zwei Zentimeter über der Matratze schwebte, schoss ein stechender Schmerz durch seinen Leib. Nun gut, dann eben nicht.
    Auf dem Flur schrillte plötzlich eine Klingel, gleich darauf war hektisches Getrampel und aufgeregtes Rufen zu hören. Juri registrierte das nur am Rande. Trotzdem bekam er mit, dass sich die Tür zu seinem Zimmer leise öffnete.
    Den Mann, der das Zimmer betrat, hatte er noch nie gesehen. Angestrengt kniff Juri die Augenlider zusammen und überlegte fieberhaft. War das auch einer der Toten, die ihn besuchten? Oder war das ein realer Besucher?
    Er krächzte etwas Unverständliches, der Besucher schloss so leise wie möglich die Tür wieder und trat an sein Bett. Dann musterte er die Geräte, die immer noch in beachtlicher Anzahl um den Verletzten herum postiert waren.
    »Juri, du machst vielleicht Sachen. Anscheinend hast du völlig den Verstand verloren.«
    »Die Toten«, versuchte Kamarov dem Unbekannten zu erklären. »Die Toten kommen zurück. Sie wollen Rache.«
    »Blödsinn! Was hast du den Bullen erzählt?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht alles. Wer bist du?«
    Der Fremde seufzte. »Das habe ich befürchtet.«
    Mit einem Ruck riss der Besucher das Kissen unter Juris Kopf weg und beugte sich über das Bett. Die Augen des Russen weiteten sich vor Panik, als er die Absicht erkannte, die hinter der Aktion steckte.
    Der Mann presste das Kissen mit aller Kraft auf Juris Gesicht. Die bandagierten Arme und Beine begannen wild zu zucken, aber eine echte Gegenwehr konnte Juri nicht leisten.
    Nach nicht einmal einer Minute war es vorbei. Der Körper erschlaffte, der Mann nahm das Kissen wieder hoch und prüfte an der Halsschlagader, ob noch ein Puls zu fühlen war.
    Das war nicht der Fall. Das Problem Juri hatte sich erledigt, der Russe war schon nicht mehr existent. Jetzt ging es nur noch darum, schnell und ungesehen aus dem Krankenhaus zu verschwinden.
    Vorsichtig steckte der Mann seinen Kopf durch die Tür und lugte auf den Flur. Irgendjemand hatte inzwischen den Alarm, den der Eindringling ausgelöst hatte, indem er einige Papiertücher und Verbandsmaterial in einem Vorratsraum angezündet hatte, abgestellt. Trotzdem herrschte noch Hektik, in der Ferne rannte ein Krankenpfleger mit einem Feuerlöscher über das Linoleum.

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