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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Bäuche vollgeschlagen und gierig wie Tiere aus dem Bach getrunken. Ausgelassen hatte Yanko den ganzen Kopf in das kühle Wasser gesteckt und sich den Mund volllaufen lassen. Immer wieder hatten sie lachend die Drachen gefeiert, und Juri hatte ihnen weitschweifig versichert, er und Aiphyron seien sehr wohl auf den Gedanken gekommen, dass Ben mit »es kann dauern« doch seinen menschlichen Maßstab gemeint hatte und nicht den eines Drachen. Nach Sonnenuntergang hatten sie die Stadt abgesucht und die Gehenkten vor dem Tor bemerkt.
    »Das gefiel uns nicht«, sagte er. »Wir machten uns Sorgen, auch wenn wir natürlich erkannten, dass die Toten schon länger tot waren. Dennoch schien es keine freundliche Stadt zu sein. Feuerschuppe wollte sofort einen Passanten aus einer einsamen Gasse pflücken und ihn höflich befragen, ob er euch gesehen habe. Einen angetrunkenen jungen Mann, der die Begegnung morgen bestimmt auf den Alkohol schieben würde, und wenn nicht, würden es zumindest die tun, denen er davon berichtete. Doch wir hielten ihn davon ab. Wir hatten nicht den geringsten Hinweis darauf, dass euch wirklich etwas geschehen war, und ihr wart allein gegangen, um nicht mit Drachen in Verbindung gebracht zu werden. Da wollten wir diese Verbindung nicht allzu deutlich selbst
herstellen, nicht dass es euch gutginge und euch genau das erst in Schwierigkeiten brachte. Denn wer konnte schon mit Sicherheit davon ausgehen, dass wirklich niemand einem willkürlich entführten Passanten Glauben schenken würde? Und wer wusste schon, wie viele Leute wir überhaupt aus den Straßen fischen mussten, bevor wir jemanden erwischten, der euch getroffen hatte? Also beschlossen wir, erst einmal in Ruhe über der Stadt zu kreisen, bis wir euch entdecken würden. Abwechselnd hat sich dabei immer einer von uns gelöst und umflog die Stadt in größerer Entfernung, einfach um sich mit allem vertraut zu machen, um zu sehen, ob dort nicht vielleicht ein einsames Anwesen zu finden war oder was auch immer. Schließlich gab es ja die Möglichkeit, dass dieser Norkham gar nicht in Vierzinnen wohnte, sondern vielleicht nur bei der Stadt. Während ihr also die Stadt selbst auskundschaftet, könnten wir uns ja ein wenig um das Umland kümmern, das fiel uns leichter als euch. Und dabei entdeckte Aiphyron dann zufällig das Feuer.«
    Noch einmal dankten die drei den Drachen, dann überlegten sie, was nun zu tun sei. Nica drängte es danach, die beiden Ritter nach dem geflohenen Norkham und seinem Drachen zu befragen, doch Aiphyron schlug vor, sich die Angst der Ritter vor einem geflügelten Drachen zunutze zu machen und ihm die Angelegenheit zu überlassen. Ihm allein, damit der Ritter keine menschlichen Gestalten vor sich hatte, die ihm vertraut waren und nicht so furchteinflößend. Sie sollten keinen Menschen haben, an den sie sich voller Hoffnung wenden konnten.
    Nur murrend willigte Nica ein, ihr war deutlich anzusehen, dass sie den Ritter liebend gern selbst in Angst versetzt hätte.
    Während der Drache zum Käfig hinüberkroch, blieben die
anderen schweigend auf ihren Steinen am Bachufer sitzen. Es dauerte nur einen Augenblick, dann wurde das Plätschern des Wassers von einem schrillen Flehen übertönt.
    »Friss mich nicht! Bitte, friss mich nicht!«, hörten sie den weißen Ritter jammern, während Friedbart immer lauter brabbelte: »Hellwah hilf! O Hellwah, sende uns dein strahlendes Licht und erlöse uns von der Dunkelheit. Hilf, Hellwah, hilf deinem armen Knecht, der auf Knien vor dir liegt.«
    Im flackernden Feuerschein zeigte sich ein dünnes, eisiges Lächeln auf Nicas Lippen. Ben sah, wie sie angespannt die Finger verknotete, wieder löste und wieder verknotete. Mit dem linken Daumennagel schrabbte sie so heftig über die Finger der rechten Hand, dass er sich wunderte, dass kein Blut floss.
    »Kleiner Mann, ich will dich doch nicht fressen«, brummte Aiphyron mit erlesener Freundlichkeit und einem Erstaunen, das hörbar gespielt war. »Warum sollte ich das tun? Einem Gast, dem wir unser bestes Zimmer überlassen haben. Ich würde dich nur gern etwas fragen, wenn es genehm ist. Darf ich?«
    »Du sprichst! Du sprichst!«, kreischte der Ritter, während er verzweifelt am Gitter rüttelte.
    »Ähm, ja. Natürlich.«
    »Das kann nicht sein! Drachen sprechen nicht! Sie sprechen nicht! Niemals!« Die Stimme des weißen Ritters überschlug sich. Ben vermutete, dass Aiphyron ihn in diesem Moment mit entblößten Zähnen anlächelte, vielleicht

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