Der Dritte Zwilling.
Anruf beantwortet.
Sie hat gesagt, daß einige ihrer Forschungsobjekte Vorjahren in der Klinik behandelt worden seien und sie einen Blick in ihre Krankenblätter werfen wolle.
Sie versprach, die Vollmachten vorab zuzufaxen und sagte, sie würde um vierzehn Uhr dort sein. Dem Himmel sei Dank, daß Dick zufällig wegen etwas anderem anrief und der Nachtportier es erwähnte.«
Dick Minsky war einer der ersten, den Genetico in den Siebzigern eingestellt hatte. Damals war er der Laufbursche gewesen, inzwischen hatte er sich zum Leiter der Klinik hochgearbeitet. Er war nie Mitglied des inneren Kreises gewesen - zu diesem exklusiven Club konnten nur Jim, Preston und Berrington je gehören -, aber er wußte, daß die Vergangenheit der Gesellschaft ihre Geheimnisse hatte.
Diskretion war für ihn selbstverständlich.
»Was hast du Dick angewiesen zu tun?«
»Natürlich den Termin absagen. Wenn sie trotzdem kommt, sie wegschicken; ihr sagen, daß ein Einblick in die Krankenblätter nicht gestattet werden könne.«
Berrington schüttelte den Kopf. »Das genügt nicht.«
»Wieso?«
»Weil ihre Neugier dadurch nur noch wachsen würde. Sie wird eine andere Möglichkeit finden, an die Unterlagen zu kommen.«
»Wie?«
Berrington seufzte. Preston konnte so phantasielos sein. »Nun, wenn ich sie wäre, würde ich Landsmann anrufen, mit Michael Madigans Sekretärin am Telefon sprechen und ihr raten, ihm auszurichten, daß er sich die dreiundzwanzig Jahre alten Unterlagen der Aventine-Klinik ansehen soll, ehe er das Übernahmegeschäft abschließt. Das würde ihn veranlassen, Fragen zu stellen, meinst du nicht?«
»Und was schlägst du vor?« fragte Preston gereizt.
»Daß wir sämtliche Krankenblätter der siebziger Jahre durch den Reißwolfjagen.«
Einen Moment lang herrschte Stille; dann protestierte Preston: »Berry, diese Unterlagen sind aus wissenschaftlicher Sicht einmalig und unersetzbar …«
»Glaubst du, das weiß ich nicht?« brauste Berrington auf. »Es muß doch eine andere Möglichkeit geben …« Berrington seufzte. Ihm gefiel es genausowenig wie Preston. In seinen Wunschträumen hatte er sich vorgestellt, daß eines Tages, irgend
wann in vielen Jahren, jemand die Geschichte ihrer einzigartigen wissenschaftlichen Großtat niederschreiben und der Welt offenbaren würde. Es brach ihm das Herz, diesen historischen Beweis brillanten Forschergeistes in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu zerstören. Aber es war jetzt unvermeidlich. »Sie müssen vernichtet werden. Und möglichst sofort! Solange diese Unterlagen existieren, sind sie eine Bedrohung für uns.«
»Was sollen wir dem Klinikpersonal sagen?«
»Keine Ahnung. Laß doch du dir mal was einfallen, Preston. Neue Strategie der Unternehmensleitung. Solange sie als erstes morgen an fangen, mit dem Zeug den Reißwolf zu füttern, ist mir völlig egal, was du ihnen sagst.«
»Du hast wohl recht. Okay, ich setze mich sofort wieder mit Dick in Verbindung. Würdest du bitte Jim anrufen und ihm Bescheid geben?«
»Mach’ ich.«
»Tschüs.«
Berrington wählte Jim Prousts Privatnummer. Seine Frau, ein unscheinbares, resigniertes Geschöpf, nahm ab und brachte Jim das Telefon. »Ich bin im Bett, Berry. Was gibt es denn jetzt schon wieder?« Langsam gingen wohl auch ihm die Nerven durch.
Berrington erzählte Jim, was Preston ihm mitgeteilt hatte und wie sie vorgehen wollten.
»Guter Zug«, entgegnete Jim. »Aber es genügt nicht. Es gibt noch andere Möglichkeiten, mit denen diese Ferrami uns zu dicht auf den Pelz rücken könnte.«
Berrington ärgerte sich. Für Jim war nie etwas gut genug. Egal, was man vorschlug, Jim wollte immer drastischer vorgehen, extremer Maßnahmen ergreifen. Er biß die Zähne zusammen. Diesmal hatte Jim recht; denn Jeannie hatte sich als echter Spürhund erwiesen, der unerschütterlich auf der Fährte blieb.
Ein Rückschlag würde sie nicht zum Aufgeben bewegen. »Da ist was dran«, sagte er zu Jim. »Und Steve Logan wurde auf Kaution entlassen, sie ist also auch nicht völlig allein Wir müssen uns etwas auf längere Sicht ausdenken.«
»Wir müssen ihr einen echten Schrecken einjagen.«
»Jim, um Himmels willen …«
»Ich weiß, das rüttelt wieder einmal an deinen schwachen Nerven, Berry, aber uns bleibt nichts anderes übrig.«
»Vergiß es!«
»Hör zu …«
»Ich habe eine bessere Idee, Jim. Hör du mal erst zu.«
»Okay, sprich.«
»Ich werde sie feuern lassen.«
Jim dachte eine Weile darüber nach. »Ich weiß nicht
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