Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
kleinen Schafherden über Wasser halten können. »Ursprünglich hatte mein Vater das Land von der Regierung gepachtet«, fuhr Jack fort, »aber als die Farm genug abwarf, war ich in der Lage, einen Großteil zu erwerben, und jetzt gehört Bungaree mir. Ich hoffe, meine Brüder werden in naher Zukunft auch imstande sein, das Land, auf dem sie leben, zu kaufen.«
»Dann waren Sie also ein Squatter.« So wurden – vor allem von jenen, die es sich leisten konnten, ihren Grund und Boden auf Anhieb zu kaufen – Siedler bezeichnet, die sich auf regierungseigenem Land niedergelassen hatten. Abbey konnte sich ungefähr vorstellen, wie hart Jack für seinen Erfolg gearbeitet haben musste. Sie bewunderte ihn dafür.
»Stimmt genau. Wir hatten Pachtverträge für die Dauer von vierzehn Jahren abgeschlossen, und meine Brüder und ich hatten zusammen zweihundertsiebenundsechzig Quadratmeilen Land, das wir für zehn Shilling die Quadratmeile pachten konnten. Inzwischen ist unser Grundbesitz geschrumpft. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass Squatter, die große Ländereien pachten, nicht gern gesehen sind. Auf die Regierung wurde massiv Druck ausgeübt, damit sie die Vergabeverfahren ändert. Also habe ich beschlossen, so viel Land wie möglich zu kaufen, bevor die Farm zurückgefordert und in kleinere Parzellen aufgeteilt werden konnte. Denn dann wären all meine Investitionen umsonst gewesen.«
Abbey hörte aufmerksam zu. Nach allem, was Jack erzählte, schien Bungaree ein sehr großer Besitz zu sein. »Sie müssen doch eine Unmenge Angestellte haben, um das alles bewältigen zu können.« Ihr war aufgefallen, wie gepflegt das Anwesen aussah.
Jack wiegte nachdenklich den Kopf. »Mal mehr, mal weniger. Die Zahl schwankt. In der Vergangenheit war sie zudem abhängig von den Goldfunden in Victoria und New South Wales. Manchmal hatte ich übers Jahr verteilt hundert Leute, manchmal nur ein Dutzend. So wie derzeit auch. In Cape River im nördlichen Queensland ist nämlich wieder das Goldfieber ausgebrochen. Alle hoffen auf einen Fund, der sie reich machen wird. Tausende strömen dorthin, keiner will mehr hier auf dem Feld arbeiten. Das bedeutet für mich eine Menge zusätzlicher Arbeitsstunden, und deshalb brauche ich jemanden, der sich um meine Mutter kümmert. Mir fehlt einfach die Zeit dazu.«
Abbey nickte. »Ich verstehe. Mir ist übrigens aufgefallen, dass die Farm ihren eigenen Laden und ihre eigene Kirche hat.«
»Ja, das ist praktischer so. Früher sind meine Leute jeden Sonntag nach Clare gefahren, um den Gottesdienst in St. Barnabas zu besuchen, aber das ist ein weiter Weg dorthin, deshalb habe ich St. Michael errichten lassen. Wir haben sogar unseren eigenen Geistlichen, Pater John Quinlan, der die Messe für uns liest. Er wohnt in einem Cottage hinter der Kirche. Wenn Not am Mann ist, hilft er aber auch anderweitig auf der Farm aus. Sie werden ihn sicher bald kennen lernen.« Dass Pater Quinlan viel Zeit damit verbrachte, seine Arbeiter zu »beraten«, was ihm als Vorwand diente, um mit ihnen einen zur Brust zu nehmen, verschwieg Jack taktvoll. »Meine Arbeiter wohnen mit ihren Familien hier auf der Farm in Unterkünften, die ich habe bauen lassen. Deshalb gibt es im Laden auch alles zu kaufen – Mehl, Zucker, Tee, Reis, Hafermehl und natürlich immer Fleisch. Daneben wird ein Vorrat von Steinobst eingelagert, aber auch verschiedene Käse- und Gemüsesorten, Seife, Arbeitskleidung und Tabak werden angeboten. Als ich Bungaree aufbaute, schwebte mir ein selbstständiges kleines Dorf vor. Und ich glaube, das ist mir gelungen, auch wenn das Dorf im Moment ziemlich verlassen daliegt. Jeder Arbeiter kann sich im Laden besorgen, was er braucht, der Betrag wird notiert und später von seinem Lohn abgezogen. Genauso funktioniert es mit den Rechnungen für den Arzt, für Handwerker oder Hausierer. Die Frauen können zum Beispiel Stiefel für ihre Kinder kaufen, Kleidung oder Stoffe zum Schneidern und Nähzubehör. Falls Sie also etwas brauchen sollten, scheuen Sie sich nicht, zu Doris Hubert zu gehen, die den Laden führt. Der Betrag wird mit Ihrem Lohn verrechnet. Doris erledigt außerdem die gesamte Buchhaltung für die Farm. Ihr Mann arbeitet ebenfalls für mich. Zum Glück sind die beiden viel zu loyal, als dass sie mich im Stich ließen.«
»Oh, das ist wundervoll, ich danke Ihnen!« Abbey fiel ein Stein vom Herzen, schließlich besaß sie nur noch das, was sie auf dem Leib trug.
»Das ist doch
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