Der Duft der roten Akazie
entgegnete er ruhig.
»Wie viel?«
Er sah sie forschend an. »Fünfzig Pfund.«
Fünfzig Pfund. Ein gutes Pferd kostete zwanzig, was hieß, dass fünfzig Pfund eine ziemlich hohe Summe waren. Dennoch fühlte Ella sich beleidigt. Wenn er glaubte, sie für Geld haben zu können, war er auch nicht besser als Ollie McLeod.
»Ich lasse mich nicht kaufen«, verkündete sie schließlich, ein wenig ruhiger. »Ich bin nicht käuflich. Ich gehöre weder dir noch Ollie McLeod, sondern nur mir selbst. Verstehst du das?«
Sie hatte den Eindruck, dass es ihm schwerfiel, ernst zu bleiben. »Ja, Mrs Seaton, absolut.«
Es schmeichelte ihr, dass er ihr zustimmte. »Also gut.«
»Können wir endlich gehen, bevor Ollie auftaucht und die Tür eintritt, um dich zu mitzunehmen?«
Der Flur war dunkel, sodass sie sich nur an dem Licht orientieren konnten, das durch die Falltür nach oben drang. Es wurde brüllend gelacht, und eine der alten Hexen kreischte. Jacko rief etwas, das offenbar alle außer Ella verstanden, denn es erhob sich wieder Gelächter.
Selbst Adam prustete leise, als fände er es komisch.
»Warst du oft mit Eben hier?«, fragte sie ihn, plötzlich beklommen.
Er blickte sie an. »Nicht so häufig wie er, nein. Ma hat hin und wieder hier gearbeitet. Als sie deportiert wurde, hat man sie dem Wirt als Dienstmädchen zugeteilt«, erwiderte er spöttisch. »Los, wir müssen weg, ehe Ollie kommt. Ich möchte ihm genauso wenig begegnen wie du.«
»Ich bin ihm bereits begegnet«, meinte sie niedergeschlagen. »Natürlich habe ich ihn anfangs nicht erkannt, wusste aber, dass er es ist. Adam, er macht mir auf eine Weise Angst, die ich nicht erklären kann.«
Er umfasste ihre Hand und drückte ihre Finger.
Als sie sich der Falltür näherten, steigerte sich der Lärm. Dort angelangt, kniete Adam sich auf den Boden und spähte hinunter. Über seine Schulter hinweg konnte Ella die seltsamen Schatten erkennen, die die Öllampe an die Wand malte. Es roch nach Tabakrauch und Rum und außerdem nach Essen. Offenbar kochte Jacko gerade.
Adam sah sie an. »Ich gehe zuerst, nur für den Fall, dass Eben es sich anders überlegt hat. Du folgst mir.«
Ella wollte widersprechen, hielt es jedoch für sinnlos. Wenn Eben sie wirklich unten mit einer Waffe erwartete, würde Adam sich besser zur Wehr setzen können als sie. Also nickte sie und beobachtete, wie er die Leiter hinabstieg. Als er unten angekommen war, blickte er zu ihr hinauf und lächelte. Sein Gesicht war so wunderschön, dass Ella die Tränen unterdrücken musste. Unbeholfen raffte sie wie schon auf dem Weg nach oben ihre Röcke und machte den ersten vorsichtigen Schritt. Sie schaute kurz nach unten, um festzustellen, wo die nächste Sprosse war, und kletterte weiter.
Auf halbem Wege umfasste Adam ihre Taille und wollte sie herunterheben. Im nächsten Moment wurde lautstark an die Tür geklopft. Ella erstarrte und fixierte die Tür, als könne sie das dicke Holz durchdringen und sehen, wer draußen stand. Allerdings war das überflüssig, denn sie wusste es.
Erneut wurde geklopft und Einlass gefordert. Jedoch dauerte es eine Weile, bis der Radau den berauschenden Nebel aus Rum durchdrang. Jacko war damit beschäftigt, seine Gäste zu bedienen. Seine Augen waren noch kleiner und blutunterlaufener, als Ella sie in Erinnerung hatte. Er schaute nach oben, und sein Lächeln legte sich, als er sie bemerkte. Er beugte sich zur Seite, und Ella erkannte, dass Eben dort im Schatten stand.
»Adam!«, rief Ella warnend. Doch er hatte seinen Bruder bereits gesehen, schwang Ella von der Leiter und stellte sie auf die Füße. Sein Arm blieb, wo er war: um ihre Taille gelegt.
»Mit Eben und Jacko werde ich fertig«, sagte er ruhig.
Vielleicht ja, dachte Ella. Aber was war mit den anderen? Jackos argwöhnische Haltung hatte sich nämlich auch auf einige seiner Kumpane wie zum Beispiel auf Davey übertragen. Sie betrachteten Adam schweigend, was bedrohlicher war, als wenn sie geschrien hätten.
Wieder wurde angeklopft, dass der Türstock wackelte. Diesmal hatten alle es gehört. »Polypen!«, kreischte eine der alten Hexen am Kamin.
Sofort brach allgemeine Panik aus. Einige Männer in der Nähe der Tür, die gewürfelt hatten, zerstreuten sich rasch. Ella sah, dass einer von ihnen einen Würfel, zweifellos gezinkt, zwischen den Dielenbrettern versteckte. Eine Frau, die eine tief ausgeschnittene Bluse und einen engen Rock trug, warf sich einem Seemann in die Arme. »Lass nicht zu,
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