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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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haben. Auch auf der anderen Ausstellung, als ich in Moskau war, hat ihn offensichtlich niemand gesehen. Monika behauptet steif und fest, ein junger, gut aussehender Mann wäre ihr aufgefallen.«
    Alexander starrte nachdenklich auf die Pillen, die Rosalie soeben verteilt hatte. »Wenn die beiden Sascha nicht kennen, dann kennt er sie von woanders her.«
    »Ja. Weil er herumgeschnüffelt hat.«
    »Um mich eifersüchtig zu machen?«
    »Das liegt doch auf der Hand.«
    »Aber es war Sascha, der mir geraten hatte, bei Monika anzurufen. Hätte er gewusst, dass Jan bei ihr war, dann wäre seine Rechnung nicht aufgegangen. Er war ahnungslos, bestimmt.«
    »Weshalb lügt er dann? Was verbirgt er? Und was beabsichtigt er?«
    »Das werde ich schon herausbekommen.«
    »Mache es nicht so hart mit ihm, er ist eigentlich sehr nett.«
    »Das kommt ganz darauf an, was ich herausfinde.«
    »Er ist verknallt in dich.«
    »Mein Gott, Joachim, sind das nicht alle?« Alexander sammelte die Pillen in seine Handfläche und schlenderte hinüber zur Bar. Er legte sie vor Barbara auf den Tresen. »Du bist so blass, Sascha. Ich glaube, du brauchst heute eine doppelte Portion.«
    Sie schob sie zur Seite. »Ich nehme nie Ecstasy«, sagte sie kalt und ohne Alexander anzusehen.
    »Aber ich. Schenkst du sie mir, Alexander?« Es war der blasse, pickelige Jüngling –
Dieter?
, erinnerte sich Barbara. Er war jedes Wochenende hier, wieso hatte sie ihn nie bemerkt?
    Alexander ließ die Pillen in Dieters Handfläche fallen. Barbara sah, wie Dieter errötete. »Danke«, murmelte er. Vielleicht bemerkte auch Alexander Dieter heute zum ersten Mal? Nein, er übersah ihn auch heute.
    Dieter hatte Akne, das mochte irgendwann abheilen. Aber er war auch sonst kein Prachtexemplar. Seine Zähne waren schief, die Haut grau und sein Haar stand in kleinen fettigen Büscheln vom Kopf ab. Barbara erinnerte sich an ihn wie an einen grauen Schatten, der ständig mit krummem Rücken an der Bar hockte. Luigi war offensichtlich der Einzige, der mit ihm redete.
    Dieter schluckte die Pillen und lächelte Barbara schief an, als sei ein zu offenes Lächeln ein Wagnis. Dabei zog er nervös an seiner Zigarette. Etliche Stummel lagen bereits im Aschenbecher.
    Barbara rückte an seine Seite. »Alexander ist ganz schön überheblich, finde ich.«
    Dieter sah sie überrascht an, weil sie sich mit ihm abgeben wollte, dann sagte er: »Er kann es sich eben leisten. Wer so aussieht und so Tango tanzt …«
    »Sicher, aber etwas Herzensbildung könnte ihm nicht schaden, oder?«
    Dieter lachte trocken. »Wer hat die schon? Ich meine, von denen hier.«
    »Ich glaube, ich weiß, was du meinst«, sagte Barbara. Das Diktat der Schönheit und Jugend schien bei den Schwulen noch etwas härter zu sein. Alt war Dieter noch nicht, sie schätzte ihn auf Ende zwanzig, aber es war höchste Zeit für ihn. »Hast du einen Freund? Ich meine, einen, mit dem du zusammenlebst?«
    Dieter schüttelte den Kopf. »Hatte ich mal. Den Jürgen. Ich dachte, es wäre was Festes. Er hatte es schwer gehabt, der Junge. Ich habe ihn von der Straße geholt, uns eine gemeinsame Wohnung gekauft, alles habe ich für ihn getan, verstehst du?«
    Barbara nickte. Sie hielt nicht viel davon, für Männer alles zu tun. Je kürzer man sie hielt, desto besser kuschten sie. Sie behielt ihre Gedanken für sich. »Und dann?«
    »Na was schon? Eines Tages hatte er einen neuen Lover. Er hat mir nur einen Zettel hingelegt, mehr nicht. Ich habe ihn überall gesucht, alle habe ich verrückt gemacht, aber ich habe ihn nie gefunden. Ich wollte Schluss machen damals – na ja, wäre wohl doch verrückt gewesen, aus Liebeskummer Schluss zu machen, nicht?«
    Du wärst nicht der Erste
, dachte Barbara. »Und seitdem hat es nicht mehr geklappt?«
    Dieter schüttelte den Kopf und zündete sich die Nächste an. »Es wird immer schwerer.«
    »Und – wo holst du es dir?«
    Dieter zuckte die Schultern und schwieg. Plötzlich sah er Barbara mit etwas glasigen Augen an, ein Hoffnungsschimmer glimmte darin, das kam wahrscheinlich vom Ecstasy. »Würdest du – ich meine, ich habe eine tolle Wohnung in der Altstadt.«
    Barbaras Lider sackten etwas hinunter. Dieser schläfrige, halb ironische, halb mitleidige Blick klappte bei Dieter ganz vorzüglich. »Deine Wohnung würde ich mir gern einmal ansehen, Dieter, aber von einem Quickie halte ich gar nichts. Ich bin für feste Beziehungen wie du auch. Und ich bin augenblicklich versorgt.«
    »Klar, das

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