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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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vor mir auf und bog den langen, zarten Hals nach hinten, um mich besser betrachten zu können.
    » Bitte, Madame«, sagte ich zu der Frau, » würden Sie Madame Maliki holen?« Mein Herz hämmerte. Mir wurde bewusst, dass ich laut gesprochen hatte; falls Etienne im Haus war, hatte er mich bestimmt gehört. Ich blickte zu den Fenstern, die auf den Innenhof hinausgingen, doch die Jalousien bewegten sich nicht.
    » Wie ist Ihr Name, Madame?«, fragte das Kind, das keine Scheu zu kennen schien.
    » Mademoiselle O’Shea«, sagte ich abwesend, während ich die Frau ansah. Warum tat sie nicht, worum ich sie bat?
    » Ich bin Badou.« Der Name des Kindes verriet ebenso wenig wie sein Aussehen sein Geschlecht. Der französische Vorname wurde sowohl Mädchen als auch Jungen gegeben. » Wir tünchen die Wände drinnen im Haus. Ich helfe auch«, sagte Badou stolz. » Ich habe zusammen mit Falida die Möbel verschoben.«
    Die Frau sagte etwas auf Arabisch, woraufhin Badou und das Mädchen – das den Stock auf den Eimer gelegt hatte – zu einem schweren, großen Korbhocker gingen und ihn verschoben, sodass er gegenüber der Frau stand. Flüchtig kam mir der Gedanke, dass Etiennes Schwester eine großzügige Frau sein musste, wenn sie ihrer Bediensteten erlaubte, ihre Kinder mitzubringen. Aber vielleicht, so überlegte ich weiter, war es in Marokko ja üblich, dass Mutter und Kinder Seite an Seite arbeiteten.
    » Setzen Sie sich«, sagte die Frau zu mir und deutete träge zu dem Hocker. Badou kletterte auf ihren Schoß und schmiegte sich an sie, doch sie beachtete ihn nicht. Das Mädchen, Falida, war zum Eingang zurückgegangen, nahm den Stock wieder in die Hand und starrte mich weiterhin an.
    Meine Anspannung wuchs von Minute zu Minute, und allmählich verlor ich die Geduld mit dieser Frau. Wiederholt hatte ich sie gebeten, ihre Herrin zu holen, doch sie schien sich nicht bemüßigt zu fühlen, meiner Aufforderung nachzukommen. » Madame, bitte, ich würde Sie jetzt wirklich bitten, Madame Maliki zu holen. Ist sie zu Hause? Oder … ist jemand anders da? Ist …« Ich hielt inne.
    Die Frau sah mich jetzt scharf an, während sie noch immer ihren haik an der unteren Gesichtshälfte zusammenhielt.
    » Madame Maliki«, wiederholte das Kind mit gekünstelter Stimme, während es einen Faden um die Finger knüpfte, sodass ein kunstvolles Muster entstand. » Badou Maliki«, sagte es, mehr zu sich selbst.
    » Warum wollen Sie sie sprechen?«, fragte die Frau erneut.
    » Wegen einer persönlichen Angelegenheit, die ich nur mit Madame Maliki erörtern kann«, sagte ich bedacht. Mit einem Mal war ich müde und hatte Durst.
    In diesem Moment ließ die Frau den haik los, und die beiden Enden des Überwurfs fielen auseinander. Sie hatte eine gerade Nase und einen wohlgeformten Mund. Ihre Augen waren von der gleichen dunklen Farbe wie meine, doch ihr Teint war blasser. Ein Kranz kleiner Linien umgab ihre Augen, und ihr Ausdruck wirkte unendlich müde. Sie musste älter sein als ich. Ihr zartes Gesicht wirkte traurig. Es war offensichtlich, dass sie einmal sehr schön gewesen war. Obwohl sie nun abgehärmt aussah, strahlte sie noch immer eine gewisse Sinnlichkeit aus. Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich abgesehen von ein paar unverschleierten Berberfrauen seit meiner Ankunft in Marokko kein einziges Mal einen Blick hinter die Gesichtsbedeckung einer Frau erhascht hatte.
    Als sie noch immer schwieg, sagte ich: » Bitte, Madame. Ich muss unbedingt mit Madame Maliki sprechen.« Es war heiß und stickig im Innenhof. Eine Zikade schrie, und der Laut gellte mir in den Ohren.
    » Das bin ich selbst«, sagte die Frau ruhig.
    Ich schüttelte den Kopf, der Schrei der Zikade hatte die Stimme der Frau übertönt, und gewiss hatte ich sie deshalb missverstanden. » Tut mir leid, aber … vielleicht habe ich Sie nicht richtig verstanden. Sagten Sie, Sie seien Manon Maliki?«
    Sie nickte, und ich stand auf. » Nein«, sagte ich. » O nein.« Das Kleid klebte mir am Rücken. » Verzeihung, Madame. Mir muss wohl ein Irrtum unterlaufen sein, ich suche jemand anderen.«
    Ein langer Seufzer entfuhr mir, in dem meine ganze Frustration und Enttäuschung lagen. Zuerst meine ermüdende Suche in der Medina, dann die aufkeimende Hoffnung, und nun sollte alles umsonst gewesen sein. Der babouches -Verkäufer im Souk musste mir eine falsche Auskunft gegeben haben. Er hatte mir mit solcher Überzeugung erzählt, dass Manon Maliki die Tochter von Marcel Duverger sei. Aber

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