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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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ging.
    Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn die Zeitspanne, bis sie wieder zurückkam, diesmal mit einem Arzt in mittlerem Alter, kam mir äußerst kurz vor. Er hatte einen dichten Schnurrbart und zu viel Pomade im Haar. In der Hand trug er eine schwarze Tasche, und mir fiel auf, dass seine Hände rissig waren.
    » Mademoiselle O’Shea«, sagte Madame Buisson und fügte hinzu: » Amerikanerin, gestern erst angekommen.« Dabei machte sie eine Miene, als läge ein unangenehmer Geruch in der Luft. Der Arzt nickte mir zu. Mir war nicht entgangen, dass die Concierge diesmal Mademoiselle besonders betont hatte. Sie blieb neben dem Arzt stehen, die Hände fest vor dem Körper gefaltet.
    Der Arzt frage sie – ich wunderte mich, warum er sich nicht an mich wandte –, was mir fehle. Ich hätte in der vergangenen Nacht eine Menge Blut verloren. Sie sagte die Worte – perte de sang – beinahe im Flüsterton, als wäre es schändlich, sie auszusprechen. Dann hob sie vielsagend die Augenbrauen.
    » Ah«, sagte der Arzt mit einem verstohlenen Blick zu mir. » Une fausse couche?«
    » Wahrscheinlich. Alles deutet auf eine Fehlgeburt hin, Doktor«, sagte die Frau. Diese Fragen zu beantworten, schien ihr eine besondere Genugtuung zu bereiten.
    Wieder warf mir der Arzt einen kurzen Blick zu, ehe er sich erneut der Concierge zuwandte und rasch fragte: » Ist sie allein?« Und an seinem Ton konnte ich erkennen, dass er die Antwort bereits kannte.
    Dann erkundigte er sich nach dem Grund meines Aufenthaltes in Marseille, und sie sagte ihm, dass ich nach Tanger weiterreisen wolle.
    Wieder blickte er zu mir und schüttelte den Kopf. » C’est impossible. Oh, aber das ist nicht möglich, Mademoiselle«, fügte er in gebrochenem Englisch hinzu. Er sprach so laut und langsam, als hielte er mich für taub oder schwer von Begriff. » Sie dürfen diese Reise nicht antreten.« Und nun wusste ich, warum er mich die ganze Zeit ignoriert hatte und, statt sich an mich zu wenden, mit der Concierge gesprochen hatte. Weil sie so betont hatte, ich sei Amerikanern, hatte er wohl angenommen, dass ich kein Französisch sprach. Wieder wandte er sich an die Concierge. » Sie wird diese Reise allein nicht schaffen, wenn sie gerade eine Fehlgeburt erlitten hat.«
    » Außerdem ist sie verkrüppelt«, sagte die Frau und warf mir einen kurzen Seitenblick zu. Ich war zu schwach, zu verzweifelt, um mich gegen ihre Unverfrorenheit zu wehren.
    Der Arzt schüttelte den Kopf. » Nun, ein Grund mehr, dass sie nicht allein an einen so gefährlichen Ort reisen kann. Es wird sicherlich eine Zeit dauern, bis sie sich wieder erholt hat. Sagen Sie ihr, sie soll so bald wie möglich nach Amerika zurückkehren.«
    » Monsieur le Docteur«, sagte ich, » ich verstehe Sie durchaus. Bitte sprechen Sie direkt mit mir.«
    Er errötete, fing sich aber sofort wieder, nachdem er sich geräuspert und seine ohnehin makellosen Revers glatt gestrichen hatte. » Ich bitte um Verzeihung.« Er warf Madame Buisson einen verstohlenen Blick zu. » Mir war nicht bewusst, dass Sie Französisch sprechen.«
    Ich strich ein paar zerzauste Haarsträhnen zurück. » Ich muss nach Nordafrika reisen. Nach Tanger, und zwar so schnell wie möglich. Wann, glauben Sie, werde ich einigermaßen wiederhergestellt sein?«
    » Oh, Mademoiselle«, sagte er. » Ich kann Ihnen wirklich nur davon abraten, in absehbarer Zeit eine solche Reise zu unternehmen. Haben Sie Freunde in Marseille? Oder irgendwo sonst in Frankreich, wo Sie eine Zeit lang bleiben können? Bis Sie sich erholt haben.«
    » Nein, ich muss unbedingt weiterreisen.« Ich bemühte mich, meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen, aber sie gehorchte mir nicht. Sie war schwach, und meine Lippen zitterten.
    » Nun, wenn Sie darauf bestehen, aber in diesem Fall kann ich Ihnen nur ans Herz legen, sich von jemandem begleiten zu lassen, um … Sie zu beschützen, wenn Sie dort ankommen. Als ich vorhin davon sprach, dass es ein gefährlicher Ort ist, habe ich das nicht despektierlich gemeint. Marokko ist ein Land, das eine gute körperliche Konstitution erfordert, ebenso wie die Fähigkeit, sich an die Gegebenheiten anzupassen. Gegebenheiten, in der sich eine Frau wie Sie, offensichtlich aus gutem Hause und von zarter Gesundheit, schwertun könnte. Noch dazu eine, die gerade eine Fehlgeburt erlitten hat.«
    Meine Augen brannten, und ich blinzelte rasch die aufsteigenden Tränen weg. » Könnte es nicht sein, dass ich mich rasch erhole?«
    »

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