Der Duft
»Oder vielleicht Emma Peel aus ›Mit Schirm, Charme und Melone‹?«
»Schon besser.« Sie wurde ernst. »Wenn wir nach Riad wollen, müssen wir uns beeilen.«
»Brauchen wir dafür nicht Einreisevisa?«
»Keine Ahnung. Aber wir können ja den freundlichen Herrn von der Botschaft fragen.«
»Vergessen Sie es«, empfahl der freundliche Herr von der Botschaft. »Saudi-Arabien nimmt es mit den Einreisevorschriften sehr
genau. Als Tourist kommen Sie praktisch nur nach Mekka, und das auch nur als gläubiger Moslem. Die wenigen Touristenvisa für
Nichtmoslems, die jedes Jahr ausgestellt werden, müssen Sie ein halbes Jahr vorher beantragen.«
»Und als Geschäftsleute? Es muss doch Geschäftsreisende in Riad geben?«
»Die gibt es. Aber um ein Visum zu bekommen, brauchen Sie eine Einladung einer saudi-arabischen Firma, die von der dortigen
Handelskammer bestätigt sein muss, und dann noch mal eine Bestätigung der deutschen Handelskammer, dass Sie tatsächlich bei
der eingeladenen Firma beschäftigt sind. Und dann dauert es ein paar Wochen, bis die saudischen Behörden das alles geprüft
haben.«
Marie bedankte sich. Nachdem sie ihre provisorischen Papiere sowie fünftausend US-Dollar in Form von Travellerschecks und
Bargeld in Empfang genommen hatten, verließen sie mit hängenden Köpfen den Sicherheitsbereich der Botschaft und bestellten
sich ein Taxi. Selbst Bob Copelands weitreichende Beziehungen würden nicht ausreichen, um sie innerhalb eines Tages nach Riad
zu bringen. |307| Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als zum Flughafen zu fahren und die nächste verfügbare Maschine nach Deutschland zu nehmen.
Während sie auf das Taxi warteten, versuchte Rafael, Marie zu trösten. »Wir hätten doch sowieso nichts machen können. Oder
meinst du wirklich, wir beide könnten Ondomar irgendwie aufhalten? Die Amerikaner würden uns doch nicht mal in die Nähe dieses
Hotels lassen!«
»Das ist es!«, rief Marie.
»Was?«
»Die Amerikaner! Die Konferenz erfolgt offiziell auf Einladung des saudischen Königs, aber arrangiert hat das Ganze doch der
US-Präsident, oder? Also wird es dort von amerikanischen Sicherheitsleuten wimmeln, wie du richtig festgestellt hast!«
»Ja, und?«
»Wir gehen einfach zur US-Botschaft hier in Khartum. Die werden uns schon zuhören!«
Rafael machte ein skeptisches Gesicht, aber Marie wandte sich bereits an die Empfangsdame und erkundigte sich nach der Adresse.
Die Amerikanische Botschaft war wesentlich besser gesichert als die deutsche. Es gab einen hohen, mit Stacheldraht und Kameras
gesicherten Zaun und ein Pförtnerhäuschen, vor dem ein bewaffneter US-Soldat Wache stand. Er hielt sie auf und fragte nach
ihren Papieren. Als Marie ihren provisorischen deutschen Reisepass vorzeigte, schüttelte er den Kopf. »Sorry, only citizens
of the United States of America are allowed to enter.«
»Please, we have urgent security information«, sagte Marie, doch der Soldat ließ sich nicht erweichen und wies sie an, zu
gehen.
Marie dachte einen Moment nach. Sie würde jetzt nicht aufgeben! Ehe Rafael und ihre Vernunft sie daran hindern |308| konnten, griff sie nach der Maschinenpistole des Soldaten und zerrte daran.
Sie hatte nicht die Absicht gehabt, ihm die Waffe wirklich zu entreißen, doch der Mann war so verblüfft, dass er nicht schnell
genug reagierte. So hatte Marie plötzlich eine geladene Maschinenpistole in der Hand. Der Soldat wurde kreidebleich.
»Marie! Bist du wahnsinnig!«, schrie Rafael.
Sie starrte auf die Waffe und warf sie angewidert auf den Rasen vor der Botschaft. Der Soldat hatte inzwischen eine Pistole
gezogen. »Don’t move!«, schrie er.
Eine laute Sirene ertönte. Von allen Seiten kamen Soldaten angerannt, die Schnellfeuerwaffen im Anschlag.
Marie hob langsam die Hände.
»On the ground, face down!«, brüllte einer der Soldaten, die aus dem Botschaftsgebäude gelaufen waren.
Marie gehorchte und legte sich flach auf den Bauch, die Arme und Beine gespreizt.
Der Offizier wies auf Rafael, der die ganze Zeit wie erstarrt dagestanden hatte. »You too!«
Er befolgte ebenfalls die Anweisung. »Na großartig!«, zischte er. »Ist ja auch schon wieder eine Weile her, seit wir das letzte
Mal gefangen genommen wurden.«
»Tut mir leid«, gab Marie zurück. »Ich glaube, es ist die einzige Möglichkeit. Sag ihnen einfach die Wahrheit.«
»Sind Sie völlig verrückt geworden?«, fragte kurz darauf ein gut aussehender
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