Der Durst nach Blut
zerquetscht worden!
Der Symbiont hatte sich um jeden Quadratzentimeter seines Körpers gelegt und dann begonnen, sich mit unvorstellbarer Kraft zu-sammenzuziehen!
Herak war regelrecht ausgepreßt worden .
Drohte ihr nun dasselbe Schicksal? Oder war das Fragment imstande, sie wiederzuerkennen?
Für Flucht war es längst zu spät. Die amöbenhafte Substanz hatte Liliths Körper bereits befallen. Von den Strängen, die sich um Hand-und Fußgelenke geschlungen hatten, wucherte es überallhin.
Lilith hatte das Gefühl, daß ihre Nerven dort, wo sie mit dem Symbionten in Berührung kamen, blank lagen und zu brennen begannen. Aber der Schmerz hielt sich auf einem erträglichen Maß.
Dies, dachte sie sarkastisch, war noch nicht das Fegefeuer .
Heraks Leichnam wurde für kurze Momente sichtbar.
Ehe er zerfiel.
Es sah grotesk aus, was aus ihm geworden war: wie in Form gepreßte Asche, die von dem Symbiontenstoff davor bewahrt worden war, in sich zusammenzusinken .
Nun tat es dies knisternd, als würde es eine fremde Form von Elektrizität abstoßen. Heraks bioneurale Energie. Seine letzten, an die Asche gebundene Gedanken .
Lilith wankte durch den Raum. Der Urstoff begleitete sie. Er hatte bereits ihren kompletten Rumpf und die Gliedmaßen überdeckt. Nur noch vom Hals aufwärts war Lilith frei davon. Der Rest wurde von Hitze bestürmt, als wäre er in ein kochendes Moorbad getaucht.
Verzweifelt versuchte sie, mentalen Kontakt zu dem Fragment herzustellen. Mit dem eigenen Symbionten hatte sie zu kommunizieren vermocht. Auf einer gedanklichen Ebene war es ihr gelungen, ihre Forderungen an ihn zu formulieren .
Doch dieses abgetrennte Stück schien taub zu sein!
Es kroch auch den Hals empor. Über Kinn und Lippen. Über Ohren und Wangen und Augen ... an den Haaren vorbei ... bis es überall war. Liliths seltene Atemzüge zogen den Film, der sich um sie geschlossen hatte, wie eine hauchdünne Membran an und stießen ihn wieder ab. Er erwies sich als unnachgiebig. Und die Hände -ebenfalls davon befallen -, die sie hochriß, um ihn von außen zu öffnen, scheiterten ebenfalls an der flexiblen Oberfläche!
Kleine schwarze Lichter explodierten vor ihren Augen.
Der ganze Vorgang war noch keine halbe Minute alt. Das Sterben würde noch etwas länger dauern .
Sie wartete darauf, daß sich die sie umgebende Schicht zusammenziehen würde. Atemnot und Blindheit ließen sie zu Boden gehen.
Einen Boden, für den sie kein Gefühl mehr hatte. Der ihr vorkam wie .
Sie wußte nicht, wie!
Sie wußte überhaupt nichts mehr mit ihrer Umgebung anzufangen!
Und dann kam doch noch der Kontakt mit der fremden Haut zustande; mit dem Fragment dessen, was die Ur-Lilith einst abgestoßen hatte, um ihren Dienern Schutz und Kleidung zu geben. Die sonderbarste Rüstung, die ein Hirn je ersonnen hatte. Ein lebendiges, chamäleonartiges Kleid, das in Symbiose mit seinem Träger lebte .
Liliths Denken gerann.
Sie begriff, daß auch der Symbiont sich gewandelt hatte. Früher hatte ihr Teil der Symbiose darin bestanden, ihn dorthin zu führen, wo er seine Nahrung finden konnte: schwarzes Vampirblut!
Nun erfuhr sie - auf einer Ebene, die keiner Worte bedurfte -, daß dieses Fragment genetisch verändert worden war: Es ernährte sich nicht länger von schwarzem Blut. Der Saft, nach dem ihm gelüstete, war rot - so wie auch Liliths eigenes Blut .
*
Als Lilith aus der Ohnmacht erwachte, wußte sie, daß sie einen Pakt geschlossen hatte.
Einen Überlebenspakt.
Mit einem Wesen, das so fremdartig und auf den bloßen Überlebenswillen reduziert war, daß es niemals zu einer wirklichen Verständigung damit kommen konnte.
Dennoch hatte es sich ihr mitgeteilt - hatte ihr klargemacht, daß es künftig für sie da sein würde.
Unter einer Bedingung.
Mein Blut, dachte Lilith schaudernd, gegen seine Hilfe ...
In den ersten Atemzügen, die sie wieder bei Bewußtsein tat und die ihrem zusammengestürzten Denken neue Frische zuführten, war ihr nur wichtig, daß sie noch lebte.
Daß es sie nicht umgebracht hatte wie Herak.
Sein Blut hatte die falsche Farbe, dachte sie. Und wußte nicht, warum. Warum das Ding auf ihrer Haut plötzlich Vampirblut verschmähte .
Sie sah an sich herab.
Ein altvertrautes Bild, das ihr Unterbewußtsein während der Ohnmacht geformt haben mußte, bot sich ihr.
Liliths Finger glitten über das >Leder<, das sich um ihren Körper geschmiegt hatte, als wäre es ein Teil davon. Kein Fremdkörper. Kein Ungeheuer, sondern .
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