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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raul Zelik
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schlechter / gleich / besser als zuvor?
    Zuvor: vor der Reise, Fils Krankheit. Er kreuzt alle Antworten an, dann setzt er Kaffee auf, möglichst stark, möglichst schwarz, es kostet Kraft, wach zu werden.
 
    Nachdem er gefrühstückt hat, Frühstück am Nachmittag, macht er sich auf den Weg zu Beule, der ihm geschrieben hat, noch ein paar Sachen von Fil zu haben, die Daniel interessieren könnten, vielleicht Platten, denkt Daniel, vielleicht doch noch das eine oder andere Foto. Es sind nur wenige Straßenzüge, nur wenige Blocks bis zu Beules Wohnung, der Vater hatte recht, die Wege sind kurz im Viertel, nach nicht einmal fünfzehn Minuten steht Daniel vor der Haustür. Aber noch bevor er die Wohnung erreicht, die Treppe hinaufgestiegen ist, vom Freund des Vaters begrüßt worden ist, noch bevor er von Rumänien erzählen könnte, der Reise, seiner Begegnung mit Ela, der Erkenntnis, dass Fil Probleme hatte, fast ins Gefängnis gegangen wäre, warum hat Beule davon nicht erzählt?, und im Gegenzug etwas in die Hand gedrückt bekommen könnte, Platten, ein paar Bücher, vielleicht doch noch die ersehnten Fotos, als er geklingelt hat, sich mit dem Rücken gegen die schwere Holztür lehnt, muffiger Geruch schwallt ihm entgegen, fällt sein Blick zurück auf die Straße, »hallo, hallo«, ertönt es aus der Gegensprechanlage,
    und plötzlich
 
            ist da wieder dieses gefühl die
                    kontrolle
            verloren zu haben
            endlich wieder kontrolle zu haben
    in einer anderen
                    geschichte
            zu stecken
 
    Der Eindringling befindet sich in mir, ich werde mir selber fremd, der Eindringling ist kein anderer als ich selber.
 
    Auf der anderen Straßenseite, ein paar Meter weiter, steht neben einer Holzbank eine Frau und pumpt ihr Fahrrad auf. Sie trägt eine Trainingshose, sieht überhaupt sehr sportlich aus, soweit sich das aus der Distanz sagen lässt. Ihre dunklen Haare sind gelockt, fallen nach unten, als sie sich über das Rad beugt, und Daniel weiß nicht, warum er glaubt, er habe diese Frau schon einmal irgendwo gesehen, aber aus irgendeinem Grund ist sie ihm vertraut. Er bleibt also stehen, drückt die Tür nicht auf, »hallo, hallo« wiederholt die Gegensprechanlage, geht nicht zu Beule hinauf. Die Müdigkeit ist wie weggeblasen, die Erschöpfung erst der Zugfahrt,dann der langen Nacht, er schiebt sich zwischen parkenden Autos hindurch, überquert die Straße und setzt sich, unbestimmt grüßend, nur wenige Schritte von der Frau entfernt auf eine Bank, während die Fremde, die so vertraut wirkende Frau, neben ihrem Mountain-Bike in die Knie geht und die Pumpe neu ansetzt. Ihre Muskeln treten aus den Unterarmen hervor. Sie ist schön, denkt Daniel, sehr schön, vielleicht drei, vier Jahre älter als er, an ihrem Ohr fallen Haare wie Korkenzieherlocken herunter, ihre Haut ist sonnengebräunt.
    Hat er sie schon einmal irgendwo gesehen?
    Er heiße Dany, sagt er. Und sie?
    Die Pumpe springt ihr vom Ventil, missgelaunt blickt sie auf, antwortet dann aber doch: Dem.
    Seltsamer Name, denkt Daniel; fragt, was das für ein Name sei.
    Ein Frauenname.
    Gut, aber woher komme der Name?
    Aus einem Namensverzeichnis, antwortet sie, oder aus dem Internet. Obwohl das Internet habe es damals, als sie geboren wurde, noch gar nicht gegeben. Also wohl doch aus einem Namensverzeichnis.
    Ob er das Fahrrad halten solle.
    Nein, sie komme schon klar.
    Um die Ecke, sagt er, gebe es ein Geschäft mit Luftkompressor. Ob sie nicht meine, dass das einfacher wäre?
    Es ist Sonntag, stellt sie gereizt fest, und Daniel ist sich nun ganz sicher, sie schon einmal gesehen zu haben; in einem Club, in der Uni-Mensa, auf einem Fest beobachtet und das Gleiche wie jetzt gedacht zu haben, dass sie sehr gut aussieht. Früher hätte er sie wahrscheinlich nicht angesprochen, früher , vor Fils Krankheit, vor der Reise, der Begegnung mit Ela, dem Vertrauensbruch, dem wiedergewonnenen Vertrauen.
    Ob sie Lust habe, mit ihm Mittag zu essen.
    Ob er sie anbaggere.
    Er zögert nur kurz.
    Ja, schon.
    Klingt blöd, aber wenigstens ehrlich.
    Er habe sein Leben geändert.
    Sein Leben?
    Er habe die Richtung geändert. Was wolle sie essen, auf was habe sie Lust?
    An der Ecke, erwidert sie, gebe es einen sudanesischen Imbiss.
    Er glaubt, noch nie sudanesisch gegessen zu haben.
    Ein Fehler, asiatische Küche ist gesund.
    Asiatische Küche?
    Kleiner Ignoranztest, sagt

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