Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
Vom Netzwerk:
gekommen, weil wir Rottland erobern wollen«, flüsterte er. »Wenn uns das gelingt, bist du frei.«
    Grete schwieg. Der irre Blick trat wieder in ihre Augen. Hans sah sich um – draußen wartete bestimmt schon der Heerbann, aber er musste zuerst seine Schwester befreien. Er versuchte, die Kette mit der Schaufel vom Balken zu hebeln. Als dies misslang, suchte er nach Werkzeugen. Da knarrte die Stalltür, und eine Gestalt huschte herein. Hans duckte sich in einen Winkel.
    Kurz darauf schlich Eisenhans an ihm vorbei, einen Spieß in der einen und ein Schwert in der anderen Hand. »Ich finde dich«, murmelte er. »Ich töte dich. Ich nehme Rache für die Jungfer! Rache!« Er ging schnurstracks zu Grete, die sich bei seinem Anblick zusammenkauerte, als wollte sie sich in Luft auflösen.
    »Nein«, flehte sie. »Lass mich in Ruhe. Du hast alles gehabt. Du hast alles bekommen. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Geh weg.«
    »Wo ist er?«, zischte Eisenhans.
    »Wer?«, fragte Grete mit zitternder Stimme.
    »Der Begleiter der Mädchen. Wo ist er?«
    »Meinst du … meinen Bruder?«
    »Haaah!«, schrie Eisenhans wütend und trat sie in die Rippen. »Dein Bruder, was? Ihr steckt unter einer Decke, wie? Dann sollst du zuerst sterben, Luder!« Er holte mit dem Spieß aus.
    Da sprang Hans ihn von hinten an und riss ihn um. Spieß und Schwert polterten zu Boden. Aber Eisenhans war bärenstark, der Gestank seines Zottelfells betäubend. Die Männer rangen strampelnd und schnaubend miteinander. Rinder begannen zu brüllen, Ferkel und Säue quiekten. Eisenhans rammte seinem Gegner ein Knie in den Bauch und schlug ihm die ineinander verschränkten Fäuste ins Gesicht. Hans taumelte gegen die Wand, fiel hin. Eisenhans sprang rittlings auf ihn und schloss beide Hände um seine Kehle. »Du wirst sterben«, zischte er. »Ich habe ein Ohr durch die Jungfer verloren. Aber sie hat durch euch ihr Leben verloren. Rache!
Rache

    Hans wollte ihn abschütteln, aber sein Blick trübte sich, und bunte Lichter tanzten vor seinen Augen. Er rang um Atem. Zappelte. Strampelte. Wehrte sich mit schwindender Kraft.
    Eisenhans würgte ihn mit einem Schraubstockgriff. Plötzlich durchfuhr ihn ein Ruck. Er ächzte, seine Finger lösten sich, und als Hans wieder klar sehen konnte, erblickte er den aus Eisenhans’ Brustfell ragenden Spieß. Blut tropfte von der Spitze.
    »Oh … ja …«, stöhnte Eisenhans. Er klang, als würde er den Tod sowohl fürchten als auch herbeisehnen; er klang entsetzt und verzückt zugleich. »Oh … nein …«
    Grete warf ihm die lange Kette um den Hals, die sie an den Balken band. Sie stemmte ein Knie gegen seinen Rücken und zog die Kette wie eine Schlinge zu. »Mistkerl«, fauchte sie. »Du wirst mich nie mehr quälen!« Eisenhans griff nach seiner Kehle. Dann ließ er die Arme sinken. Seine Augenbälle traten hervor, und er röchelte heiser. Im Zwielicht des Stalls meinte Hans zu erkennen, dass er sich verwandelte: Das Zottelfell verschwand, seine Züge wurden ebenmäßig, fast schön. Aber im nächsten Moment war er wieder fellbedeckt, sein Gesicht eine glubschäugige, blau angelaufene Fratze. Er entblößte die Stummelzähne, grinste Hans an und krächzte: »Auf … bald …« Dann erschlaffte er.
    Hans erschrak über die Mordlust in Gretes Augen. Er begriff, wie sie die Hexe damals in den Ofen hatte stoßen können, und er fürchtete sich plötzlich vor seiner eigenen Schwester. »Hör auf!«, rief er. »Er ist tot.«
    Doch Grete ließ nicht von Eisenhans ab.
    Das Vieh lärmte weiter. Da knallte die Tür, und ein Wächter stürmte herein. »Was ist hier los?«, brüllte er. »Was soll dieser Krach?« Beim Anblick von Eisenhans, der mit einem Spieß im Rücken und einer Kette um den Hals über Hans hing, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte Grete an.
    Sie ließ die Kette los. Als der Tote auf ihren Bruder fiel, riss sie den Spieß heraus und ging damit auf den überrumpelten Wächter los. Im nächsten Moment lag auch er tot am Boden. Grete zog eine Streitaxt aus seinem Gürtel und durchtrennte ihre Kette mit einem Hieb. Dann ergriff sie den Spieß und rannte wortlos aus dem Stall.
    »Grete!«, rief Hans. »Wohin willst du? Bleib hier.« Er wälzte den toten Eisenhans weg und kam auf die Beine. Ihm wurde schwarz vor Augen. Gegen die Wand gelehnt, versuchte er, zur Besinnung zu kommen und sich an seinen Auftrag zu erinnern: Draußen warteten die Gografen; er sollte Zugbrücke und Fallgitter öffnen;

Weitere Kostenlose Bücher