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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Helm in den Nacken schob, »macht Kleinvieh tatsächlich Mist.«
    Alle sahen wie gebannt zu. Als nach einer Weile nur noch ein dünner Schleier über dem Hügel hing, ließ sich das Ausmaß der Verwüstung erahnen: Die Kuppe war ein Krater; auf der Hügelflanke klaffte eine breite Senke, in der Karontiden und Krieger auf die Beine zu kommen versuchten. Es herrschten Panik und Verwirrung.
    Ein Jubel ging durch das Heer, doch Hilck von der Usse blieb stumm. »Sehr gut«, sagte er schließlich. »Aber das verschafft uns nur eine Atempause.« Er riss sein Streitross herum und befahl: »Bleibt in Stellung! Die Schlacht ist noch lange nicht geschlagen!« Dann ritt er davon, gefolgt von Helmdag.
    »Brave Maulwürfe«, murmelte Hans.
    Staub trieb über das abgebrannte Schilf und vermischte sich mit dem Qualm der schwelenden Brandherde.
     
    Grimm hatte Sand im Mund. Er hatte Sand in den Augen. Er hatte Sand unter der Rüstung, und er hustete und spuckte und benutzte die gebundenen Hände, um sich freizuschaufeln. Als er wieder klar sehen konnte, stellte er fest, dass anstelle der Hügelkuppe ein weiter Krater gähnte. Umgekippte Katapulte lagen da, teils unter Dreck und Sand begraben. Eines war auf das Zelt des Eisernen Königs gestürzt. Kultknechte halfen einander auf die Beine, und aus dem Lager der Nachhut eilten Männer herbei. Niemand wagte zu brüllen oder zu rufen. Stattdessen herrschte Totenstille. Grimm nutzte die Gunst des Augenblicks. Er zerschnitt die Stricke an einer aus dem Sand ragenden Axt, griff nach der Waffe, spreizte seine Beine und durchtrennte die Kette mit mehreren Hieben. Die unter Schock stehenden Kultknechte wussten nicht, wie ihnen geschehen war. Sie würgten Sand aus und rieben ihre Augen, waren wie blind.
    Als Grimm auf die Beine kam und die Streitaxt in den Gürtel schob, entdeckte er die reglos daliegende Barbera. Er jubelte innerlich und stapfte zu ihr, sah aus den Augenwinkeln, wie der Eiserne König sein Streitross auf der Ostseite aus dem Krater trieb. Grimm gluckste: Welch eine Verwirrung musste in der Streitmacht herrschen!
    Barbera lag auf dem Rücken. Der Sand auf ihrem schwarzen Gewand erinnerte an Sterne und Galaxien. Sie wandte ihm die Gesichtshälfte mit den Striemen zu, und er bückte sich zu ihren vollen, halb offenen Lippen hinab – wie oft hatte er sie geküsst. Rachsucht und Begierde rangen miteinander. Grimm warf den Kopf in den Nacken, ballte die Fäuste und stöhnte.
    Deshalb merkte er nicht, dass Barberas Augenlid langsam nach oben glitt. Die graue Iris erschien im Weiß, die Pupille erfasste den mit sich hadernden Grimm. Dann schloss sich das Lid wieder. Barbera krallte die Fingerspitzen in die Erde, und wie bei einer sich räkelnden Katze durchlief eine Welle ihren ganzen Körper.
    Grimm suchte nach Stricken, denn er wollte Barbera fesseln und wegschaffen, bevor die Kultknechte ihn bemerkten. Auf der Ostseite des Hügels kollerten Trommelwirbel. Der Eiserne König und Blaubart schienen die Streitmacht neu zu ordnen. Grimm las ein Tau vom Boden auf, dann einen Bannerfetzen, den er als Knebel zu benutzen gedachte. Doch als er sich umdrehte, war Barbera schon auf den Beinen. Sie hatte das Gesicht zu einer Grimasse verzerrt, die eines Wesens der Wilden Jagd würdig gewesen wäre, ihre Finger glichen Krallen, und sie stand da, als wollte sie ihn anspringen. Grimm glaubte kurz, die Hexe vor sich zu haben, in die sie sich verwandeln konnte.
    »Elender Untoter!«, zischte sie. »Du bist mein Geschöpf. Und du wagst es, dich gegen mich zu wenden?« Sie stieß einen so gellenden Schrei aus, dass sich alle Kultknechte und Krieger nach ihr umdrehten.
    Grimm zog die Streitaxt und stürmte auf sie zu. Bevor er sie erreichte, wurde sie zum Nebelstreif, der für einen Atemzug in der Luft waberte und dann nach Westen sauste. Grimm blieb so ruckartig stehen, dass er fast gestolpert wäre. »Miststück!«, brüllte er. »Ich finde dich! Ich kriege dich! Ich töte dich!«
    Ein feines Lachen hallte aus dem Nichts.
    Grimms Blick zuckte hin und her, aber der Nebelstreif war verschwunden. Kultknechte kamen von allen Seiten auf ihn zu. Er nahm ein Schwert, das neben dem zerfetzten Zelt des Eisernen Königs lag, und schoss die andere Hand um die Streitaxt. Als der erste Kultknecht in Reichweite kam, trennte er ihm mit einem Hieb den Kopf von den Schultern.
     
    Die Streitmacht setzte ihren Vormarsch fort. Karontiden und Krieger wateten durch Erde und Sand und erreichten den Fuß des Hügels.

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