Der Elbenschlaechter
feste Nahrung mehr zu sich nehmen können! So. Was macht es?«
Zehn Herzschläge später marschierte Meister Hippolit, vier Kupferkaunaps ärmer als zuvor, neben seinem Assistenten her auf das südliche Ende der Brücke zu.
»Danke, mein Freund. Aber dein Eingreifen war überflüssig«, behauptete Hippolit, während er seine Geldbörse in den Tiefen seines grauen Gewandes verschwinden ließ. »Gewiss hätte ich den Kerl auch mit verbalen Mitteln noch zur Vernunft gebracht.«
»Gewiss.« Jorge nickte grunzend. »Was mich weitaus mehr interessiert, M.H.: Was tun wir eigentlich hier? Der Fluss duftet wie der verkrustete Schließmuskel von Blaak höchstpersönlich, und die beste Tageszeit für einen kleinen Spaziergang ist auch schon eine Weile vorüber.« Wie zur Bestätigung begann in der Ferne der Stundengong eines Lorgon-Tempels zu schlagen, tiefe, rhythmische Laute, in der Stille der Nacht meilenweit zu vernehmen.
»Zwölf«, stellte Jorge sachlich fest, als die Schläge verebbt waren. »Der perfekte Zeitpunkt für einen mitternächtlichen Imbiss. Zufälligerweise kenne ich ganz in der Nähe eine heimelige Taverne, den Fettigen Sack. Dort machen sie einen verflixt köstlichen …«
»Ich habe auch keine Ahnung, was wir hier sollen«, kam Hippolit auf die Frage seines Assistenten zurück. Er blieb stehen, orientierte sich kurz, dann umrundete er den vor ihnen aufragenden Brückenpfeiler und folgte einer schmalen Treppenflucht abwärts, in Richtung Wasser. »Ich kann dir nur sagen, dass Prinz Salm uns hier zu treffen wünscht. Mehr weiß ich nicht.«
»Der Prinz?« Jorge hatte etwas Mühe, auf den steilen, augenscheinlich nicht für Trollfüße geschaffenen Stufen das Gleichgewicht zu halten. »Salm? Wieso können wir den denn nicht im Palast treffen? Dort haben sie Wasserklosetts, und soweit ich mich erinnere, riecht es dort auch weitaus erträglicher.« Er stieß schnaubend Luft durch die Nase aus. Je näher sie den stillen, schwarzen Fluten des Cinotaksim kamen, desto durchdringender wurde der Gestank. »Weißt du, manchmal bin ich richtig froh, im Fassviertel zu wohnen! Da ist es vielleicht nicht schön, zugegeben, aber wenigstens hat es dort nicht so eine stinkige Kloake. Bestimmt kein Genuss, jeden neuen Tag damit zu beginnen, erst mal ausgiebig zu kotzen!«
»Auch ich k-kann mir angenehmere Orte für ein Zusammentreffen vorstellen, Agent Jorge«, bestätigte in diesem Augenblick eine gedämpfte Stimme ganz in ihrer Nähe. »Aber die D-Diskretion verlangt zuweilen unübliche Mittel und Wege, sozusagen.«
Die Worte waren noch nicht verklungen, als in Hippolits rechter Hand eine kinderfaustgroße, grün strahlende Kugel aufflammte. Ihr Licht schälte eine ungleichmäßig gepflasterte Schräge aus der Finsternis, die unter dem Brückenbogen bis zum Wasser hinabführte. Ein großer Mann, dessen athletische Figur von einem eng um den Körper geschlungenen Umhang nur notdürftig kaschiert wurde, trat aus dem Schatten in den Lichtkreis.
»Ich bitte Sie, Meister Hippolit«, sagte Prinz Salm und hob abwehrend eine Hand. »Dämpfen Sie Ihr L-Licht! Niemand soll von unserer Zusammenkunft wissen!«
Hippolit tat wie geheißen. Als die Kugel kaum mehr heller als eine Kerzenflamme leuchtete, nickte der Prinz zufrieden.
»Gewiss verwundert Sie meine Wahl von Ort und Zeit für dieses Treffen ein wenig«, begann Salm. »Aber wie ich Agent Jorge bereits im P-Palast anvertraut habe, ist es von äußerster Wichtigkeit, dass das persönliche Interesse des Königshauses an der Aufklärung dieses Falles nicht an die Öffentlichkeit dringt!«
Hippolit nickte, und einige Sekunden später, als sich ihm der Sinn von Prinz Salms umständlichem Satzkonstrukt erschloss, nickte auch Jorge.
»Über die Information, die ich Ihnen bringe, hätten wir uns unmöglich im königlichen P-Palast austauschen können. Dort ist man nie unter sich, Pagen und Diener sind sozusagen überall, und die Gänge und Flure werden rund um die Uhr mit Fernaugen überwacht.«
»Eine Information, Eure Hoheit?«, hakte Hippolit nach. »Unseren aktuellen Fall betreffend?«
»Möglicherweise. Ich h-hoffe es zumindest. Wirklich, ich hoffe es!« Die Haltung des Prinzen straffte sich, er spähte wachsam in die Düsternis ringsum, bevor er fortfuhr: »Seit einigen Wochen macht die Kunde einer neuen Art von Vergnügung in den besser gestellten K-Kreisen Nophelets die Runde. Ich selbst pflege kaum gesellschaftliche Kontakte außerhalb des Hofes. Mein Halbbruder,
Weitere Kostenlose Bücher