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Der Engel Esmeralda

Der Engel Esmeralda

Titel: Der Engel Esmeralda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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könnte recht haben, er hätte da so eine Ahnung.«
    »Was ist mit der Kunst an deinen Wänden? Auch lebensverlängernd?«
    »Mit der Kunst, weiß nicht. Gute Frage, die Kunst.«
    »Es heißt, großartige Kunst sei unsterblich. Ich finde, sie trägt etwas Sterbliches, einen Hauch Tod in sich.«
    »All die prachtvollen Bilder, die Formen und Farben. All die toten Künstler. Ich weiß nicht«, sagte er.
    Er reckte die Hand zu mir hoch, um die Kante herum, auf einem halben Cracker saß noch ein Klecks Feigenmus. Ichlehnte dankend ab. Ich hörte, wie er den Cracker kaute und sich wieder aufs Laken sinken ließ. Dann lag ich da und wartete auf die abschließenden Bemerkungen des Tages.
    »Sie redet direkt mit dir. Das ist dir klar, ja, durch die Mädchen.«
    »Ich glaube nicht, nicht im Entferntesten.«
    »Mit anderen Worten, das ist dir nicht aufgefallen.«
    »Mir fällt alles auf. Manches weise ich zurück.«
    »Wie heißt sie?«
    »Sara Massey.«
    »Gut und direkt. Ich sehe eine starke Frau vor mir, deren Wurzeln weit zurückreichen. Prinzipien, Überzeugungen. Die sich rächt für deine illegalen Handlungen, für die Tatsache, dass du erwischt worden bist, vielleicht dafür, dass du überhaupt in die Firma deines Vaters eingetreten bist.«
    »Wie klug von mir, das nicht zu wissen. Wie viel Kummer mir das erspart.«
    »Diese raffiniert attraktive Frau, wie du sagst. Sie erinnert dich daran, was du getan hast. Sie spricht mit dir. Abu Dhabi, Abu Dhabi. Hang Seng, Hongkong.«
    Ringsum, im Sarg der Stockbetten und der zeitlichen Schwebe, lagen jetzt solide abgedämpfte Männer mit Zahnproblemen, Gesundheitsproblemen, Eheproblemen, Diätbedürfnissen, Seelenschwächen, schlafatmende Männer im allnächtlichen Summen von Ölsteuerbetrugsplänen, Steueroasenplänen, Konzernspionage, Konzernkorruption, Falschaussage, Krankenversicherungsbetrug, Erbschaftsbetrug, Immobilienbetrug, Datendiebstahl, Betrug und Verschwörung.
    Siekamen jetzt immer früher, der Gemeinschaftsraum quoll über vor Männern, einige hatten zusätzliche Klappstühle dabei und klackten sie auf. Andere standen in den Seitengängen, ein Überschuss an Insassen, Wärtern, Küchenpersonal, Lagerbeamten. Ich hatte es geschafft, mich in die vierte Reihe zu quetschen, nicht ganz zentral. Der Kitzel eines bevorstehenden Ereignisses, donnernde Nachrichten, die globalen Gefühlskräfte, deren Zusammenfließen uns auf dem Kamm einer Woge komplexer Erwartungen hierhergebracht hatte.
    Eine Dolde regenzerzauster Blüten klebte an einem der Fenster oben. Mehr oder weniger Frühling, spät dieses Jahr.
    Es gab vier Gemeinschaftsräume, einen für jeden Schlafsaal, und ich war mir sicher, alle waren rappelvoll mit Insassen und anderen, in einer merkwürdigen harmonischen Schwingung, während sie zwei Kindern zuhörten, die über den ökonomischen Zusammenbruch sprachen.
    In unserem Raum erhob sich, als es beinah so weit war, Feliks Zuber kurz von seinem Stuhl ganz vorn und hob träge eine Hand, um die sich niederlassende Menge zum Schweigen zu bringen.
    Als Erstes fiel mir auf, dass die Mädchen die gleichen Jacken trugen. Das war neu. Das Bild war schärfer und ruhiger, in Farbe. Dann merkte ich, dass sie an einem langen Tisch saßen, wie aus einer Nachrichtenredaktion, nicht an einem gewöhnlichen Tisch. Und schließlich die Skripte – es gab keine. Sie verwendeten einen Teleprompter und servierten ihre Texte in ziemlich hoher Geschwindigkeit, ab und zu mit taktischen, gut platzierten Pausen.
    »Griechenland verkauft Anleihen, nimmt Euros auf.«
    »Die Märkte beruhigen sich.«
    »Griechenlandsieht wieder neuen Sparmaßnahmen entgegen.«
    »Der unmittelbare Druck lässt nach.«
    »Griechenland und Deutschland sind im Gespräch.«
    »Vertrauensbekundungen. Aufrufe zur Geduld.«
    »Griechenland ist bereit zu vertrauensbildenden Maßnahmen.«
    »Hilfspaket von 40 Milliarden Dollar.«
    »Wie sagt man Danke schön auf Griechisch?«
    »Efcharisto.«
    »Sag’s noch mal, langsam.«
    »F. Harry Stowe.«
    »F. Harry Stowe.«
    Sie tippten die Fäuste aneinander, Pokerface, ohne sich anzuschauen.
    »Das Schlimmste könnte überstanden sein.«
    »Oder das Schlimmste kommt erst noch.«
    »Wissen wir, ob die Sicherheitsgarantie für Griechenland bewirkt, was sie bewirken soll?«
    »Oder ob sie genau das Gegenteil bewirkt?«
    »Was genau wäre das Gegenteil?«
    »Man bedenke die Märkte anderswo.«
    »Schaut irgendwer auf Portugal?«
    »Alle schauen auf Portugal.«
    »Hohe Schulden,

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