Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)
es daheim nicht mehr aushielt? Weg von der Rabenmutter, dem vermeintlich prügelnden Stiefvater? In ein Auto gestiegen, einem Missbrauch zum Opfer gefallen? Oder ist sie am Ende doch nach Tschechien verschleppt worden? Von Zuhältern, die nur auf Frischfleisch warteten?
Eine These jagt die nächste, keine lässt sich mit einem vernünftigen Hinweis untermauern, nur dem Rauschen im Blätterwald sind diese Spekulationen dienlich.
Kapitel 6
Die Türkei-Connection
I n den ersten Wochen nach der Gründung der Soko versucht Manhart, die vielen Spuren und Hinweise zu bündeln und zu Themenkomplexen zu verdichten. Einer dieser Komplexe beschäftigt sich mit Ahmet Yilmaz, dem Lebensgefährten von Peggys Mutter Susanne. Möglicherweise könne es Unstimmigkeiten gegeben haben, nicht nur in der Beziehung, sondern auch, was die Erziehung des Kindes betraf.
Die Ermittler finden schnell heraus, dass die Verbindung von Susanne Knobloch und Ahmet Yilmaz von Anfang an ein einziges Auf und Ab gewesen zu sein scheint. Zum Zeitpunkt des Kennenlernens hatte Susanne noch in Halle gewohnt, gemeinsam mit Werner Kraus. Ihre Familie mochte den Neuen nicht und machte daraus kein Hehl. »Seit Susanne mit dem Ahmet zusammen ist, gibt es immer ein Hin und Her«, klagt Hans Knobloch, Susannes Vater. »Wenn es nach ihm gehen würde, müsste sie mit dem Kopftuch herumlaufen.« Manchmal habe sie das tatsächlich getan, etwa, wenn Ahmet Besuch von türkischen Verwandten erwartete. Er hätte Ahmet am liebsten »rausgeschmissen«, so Susannes Vater. Der Ton zwischen den Knoblochs und dem türkischen Schwiegersohn war rauh. Susannes Mutter gibt zu Protokoll, Ahmet habe sie einmal eine »falsche alte Hexe« genannt.
Schon einmal – Anfang 1997 – hatten sich Susanne und Ahmet getrennt, aber nur für kurze Zeit. Dann habe sich Susanne bei ihm gemeldet und gesagt, sie sei schwanger, so Ahmet Yilmaz. Sie trafen und versöhnten sich. »Ich wollte schließlich für mein Kind da sein«, sagt er heute. Und: »Ich habe diese Frau geliebt.«
Eine Freundin gibt zu Protokoll, eines Nachts sei Ahmet plötzlich bei ihr aufgetaucht, er sei völlig verzweifelt gewesen, habe die »Susi« gesucht. Sie sei verblüfft gewesen, dass er offenbar gar nicht gewusst habe, dass Susanne wieder mit einem anderen Mann zusammen gewesen sei. Als Susanne am nächsten Morgen bei ihr angerufen habe, so die Freundin, habe sie ihr erzählt, dass Ahmet sich bei ihr ausgeweint habe. Und dass er beteuert habe, er werde seine Eifersucht ablegen, wenn denn »die Beziehung mit der Susi nur wieder in Gang komme«. Er sei fix und fertig gewesen und wünsche sich einfach nur eine heile Familie mit Susanne, der zukünftigen gemeinsamen Tochter Jessi und Peggy. Er habe ihr sogar einen Brief gezeigt, den er für Susanne geschrieben habe. Sie solle sich das alles doch noch einmal überlegen.
Die Freundin redete mit Susanne, erfolgreich: Die lud Ahmet kurz nach dem Telefonat zu sich in ihre Wohnung ein. Unglücklicherweise stand auf dem Küchentisch ein großer Strauß Rosen. Wo der denn her sei, fragte Ahmet misstrauisch. Den habe ich mir selber gekauft, habe Susanne geantwortet. Tatsächlich stammten die Blumen von einer anderen Liebschaft, so zumindest erinnert sich die Freundin. Aber Susanne liebe den Ahmet trotzdem mehr als den anderen. »Ich will mit ihm zusammenbleiben, egal, was das für ein Arschloch ist«, habe sie gesagt. Seine ewige Eifersucht nerve zwar, aber auch die würde sie im Laufe der Zeit schon in den Griff bekommen.
So kam es dann auch, jedenfalls vorübergehend. Auf Susannes Wunsch »haben wir uns zusammengerauft und sind dann nach Lichtenberg gezogen«, erzählte uns Ahmet. Er selbst wäre ja lieber nach Rehau gegangen, ebenfalls in Oberfranken und nicht weit von Lichtenberg entfernt. Die Wohnung habe seiner Partnerin aber nicht gefallen, vielleicht deshalb, weil Ahmets Eltern in der Nähe wohnten. Außerdem sei sie zu weit entfernt von den Verwandten, Susannes Vater und ihrer Großmutter gewesen, die beide in Heinersberg lebten.
Kurz vor der Jahrtausendwende besiegelten Ahmet und Susanne ihre Beziehung in einer Art türkischen Hochzeit im privaten Kreis. Susanne war dafür sogar zum Islam übergetreten. Die Zeremonie, die erst im zweiten Anlauf zustande gekommen war, fand in der Wohnung eines Bruders von Ahmet Yilmaz in Hof statt.
Ein Termin 14 Tage vorher war wegen eines schweren Streits geplatzt. Susanne habe offenbar keine Lust auf eine »türkische Hochzeit«
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