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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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Herzversagen. Schaffers letzte Trainerstation soll in der Saison 1944/45 der FC Bayern gewesen sein. Seine letzte Ruhestätte findet der erste große internationale Fußballstar auf dem Friedhof von Prien.
    Einigen Sportautoren späterer Generationen galt der »Fußballkönig« fälschlich als Jude – wohl wegen seiner MTK-Budapest-Wurzeln und der Verbindung mit den Konrád-Brüdern. Dieser Irrtum ist kein Zufall. In der Rückschau mag der Eindruck entstehen, als habe es im europäischen Fußball bis zum Zweiten Weltkrieg von Juden nur so gewimmelt. Dass dies aus heutiger Sicht so erscheint, ist weniger ein Hinweis auf das, was einmal war, als auf das, was nicht mehr ist. »Viele Juden« waren es nur aus der Sicht einer Generation, die – bedingt durch den Holocaust – Juden und jüdisches Leben kaum noch kennt.
    Außerdem schnitten der Kalte Krieg und die Ost-West-Spaltung Europas den Fußball in der Bundesrepublik Deutschland von jenen Regionen ab, in denen Juden im Fußball besonders stark vertreten waren. Bestand vor dem Zweiten Weltkrieg ein reger kultureller Austausch mit Prag und Budapest wie überhaupt in den ost- und mitteleuropäischen Raum hinein, so schuf die europäische Teilung nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern auch im Fußball eine neue Geografie.
    Im Zeitraum von 1900 bis Sommer 1936 spielte der FC Bayern insgesamt 39-mal gegen Teams aus Budapest, Prag und Wien, den Metropolen des »Donaufußballs«: Zehnmal kam der Gegner aus Budapest, 13-mal aus Prag und 16-mal aus Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickeln die Bayern erneut einen großen Hunger auf internationale Begegnungen. Bis zur Einführung der Bundesliga sind es bereits über 100, darunter vier Spiele in Marokko (Ende Mai /Anfang Juni 1959) und fünf Spiele in New York (Ende Mai /Anfang Juni 1960). Prager Teams stehen aber nicht mehr auf dem Spielplan, Budapester nur dreimal. Gegen Wiener Klubs spielt man zwar häufiger, aber der »jüdische Fußball« hat hier noch deutlich mehr gelitten als in Budapest.
    »Jüdischer Fußball« im Nachkriegs-Europa
    Im Mai/Juni 1956 spielen die Bayern zweimal gegen Vörös Lobogo Budapest. Vörös Lobogo ist der ruhmreiche MTK, Schaffers Heimatverein und Klub der Budapester Juden, der 1940 zur Auflösung gezwungen worden war.
    Nach dem Krieg wurde MTK neu gegründet. 1949 erhielt der Klub Unterstützung durch die Textilarbeitergewerkschaft und wurde in Textile SE Budapest umbenannt. Für Beobachter ein Indiz für die Fortsetzung der »jüdischen Tradition«, denn seit seiner Gründung waren die Mäzene des Klubs häufig jüdische Textilfabrikanten und -kaufleute gewesen. 1951 wurde MTK offiziell das Team der Geheimpolizei AVH, der verhasstesten Institution des stalinistischen Regimes. Für die Gegner MTKs, namentlich die Anhänger des Lokalrivalen Ferencváros, geriet der Klub nun zum Symbol eines »jüdisch-kommunistischen Machtzentrums«.
    Im Mai 1956 ist der Verein, inzwischen in Vörös Lobogo umbenannt, mit Akteuren wie dem Weltstar Nándor Hidegkúti, einem »hängenden Stürmer«, dem kleinen Flügelflitzer Károly Sándor und dem Klassekeeper Árpád Fazekas noch immer eine große Attraktion. Am 27. Mai kommen 30.000 Zuschauer ins Stadion an der Grünwalder Straße, um die Ungarn zu sehen. Bei älteren Semestern dürfte der Auftritt der Ungarn Erinnerungen an MTKs legendäres Gastspiel vom 27. Juli 1919 geweckt haben. Die Ungarn schießen erneut sieben Tore. Hidegkúti und Sándor treffen jeweils zweimal, während Fazekas seinen Kasten sauber hält. Beim Rückspiel am 10. Juni 1956 im Budapester Nep-Stadion zeigen sich die Bayern vor 45.000 Zuschauern stark verbessert und unterliegen nur mit 1:2.
    Im Westen Europas bleibt vom »jüdischen Fußball« wenig übrig. Renato Sacerdoti wird 1951 noch einmal Präsident der AS Rom und bleibt dies bis 1958. Dr. Emanuel Schwarz kehrt am 6. Dezember 1945 nach Wien zurück – mit der französischen Nationalelf, die an diesem Tag gegen Österreich spielt, das mit einem 4:1-Sieg seinen (eigenständigen) Wiedereintritt in das internationale Sportgeschehen feiert. Wie selbstverständlich übernimmt Schwarz erneut das Präsidentenamt bei der Austria und führt den Klub noch ein Jahrzehnt.
    Der ungarische Trainer Ernö Erbstein, der Italien 1938 verlassen musste, kehrt zum AC Turin zurück, wo er nun als Technischer Direktor eine Mannschaft aufbaut, die dreimal die Scudetto gewinnt und zu den besten Europas zählt. Aber im Mai 1949 kommen Erbstein und

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