Der ferne Spiegel
sei denn durch die Reihen unseres Constable hindurch. « »Monseigneur, Ihr sagt die Wahrheit«, antwortete Coucy, dem hier zugeschrieben wird, auf der Stelle einen neuen Schlachtplan entworfen zu haben. »Und es scheint mir, daß wir als ein Flügel des Bataillons des Königs den Hügel nehmen und, wenn es Gott gefällt, einen wackeren Kampf liefern sollten.«
»Lieber Vetter, das ist guter Rat«, stimmte Bourbon zu, und so marschierten sie den Hügel hinauf – die Militärgeschichte des 14. Jahrhunderts beschreibt es so einfach – und packten den Feind mit fürchterlichen Schlägen von Axt und Schwert im Rücken. »Und wer den Sire de Coucy durch das Schlachtgewühl brechen und auf die Flamen einschlagen sah, hauend und tötend, der wird sich ewiglich an einen tapferen Ritter erinnern.« In der Entlastungspause, die dieser Angriff brachte, erholte sich das Bataillon des Constable und kehrte zusammen mit dem anderen Flügel ins Gefecht zurück. Schwere Streitäxte und -kolben durchschlugen die flämischen Helme mit einem Lärm »wie alle Schmieden von Paris und Brüssel zusammen«. Von den Franzosen auf immer engerem
Raum zusammengedrängt, standen die Flamen bald so aneinandergepreßt, daß die inneren Reihen weder die Arme noch die Waffen heben konnten; selbst das Atmen wurde schwierig – sie konnten weder schlagen noch schreien.
Französische Lanzen stachen und Äxte hackten in die kompakte Masse von Körpern hinein, von denen viele weder Helm noch Panzer trugen, und die Toten stapelten sich. Die Fußsoldaten der Franzosen drangen zwischen den Rittern vor und machten den gefallenen Feinden »mit ebensowenig Gnade, als wären sie Hunde«, ein Ende. Unter dem Angriff des Bourbon-Coucy-Flügels wandte sich die flämische Nachhut zur Flucht. Philipp van Artefelde, der in den ersten Reihen kämpfte, versuchte vergeblich, sie wieder zu sammeln, aber aus seiner Position heraus konnte er nicht wirkungsvoll das Kommando führen. Ihm fehlte das Selbstbewußtsein des Schwarzen Prinzen, der in Poitiers von einem Hügel aus das Geschehen kontrolliert hatte. Von der Masse seiner Soldaten zurückgetragen, wurde er niedergetrampelt und starb unter den Füßen seiner eigenen Leute ebenso wie sein Bannerträger, eine Frau, die »die große Margot« genannt wurde.
Bourbon und Coucy bestiegen ihre Pferde und führten ihr Bataillon in der Verfolgung der Fliehenden an. In einem grimmigen Gefecht vertrieben sie dreitausend Flamen aus dem Wald, in dem die sich zu einer letzten Verteidigungsanstrengung gesammelt hatten. Das Debakel war vollständig. Während ihr Bataillon die Verfolgung bis nach Courtrai fortführte, ritten Coucy und Bourbon nach Roosebeke zurück, wo der König »sie voller Freude begrüßte und Gott um den Sieg pries, den Er ihm durch ihre Anstrengungen gegeben hatte«. Die Schlacht hatte nicht mehr als zwei Stunden gedauert. Viele Leichen der Flamen trugen keine Wunden, die Männer waren von ihren Kameraden erdrückt worden, aber so viele Tausende waren durch französische Waffen gefallen, daß »der Boden von Blut überschwemmt war«. Die Zahl der toten »Irrgläubigen« wurde phantastisch übertrieben, aber alle waren sich einig, daß nur wenige der flämischen Armee überlebt hatten. Die Leichen wurden »den Hunden und Krähen« überlassen, so daß noch Tage später der Gestank auf dem Schlachtfeld unerträglich war.
Während ihm in seinem roten Zelt die Rüstung abgenommen
wurde, erklärte der König, daß er Artevelde tot oder lebendig zu sehen wünsche. Gegen eine Belohnung von 100 Franken brachte eine Suchgruppe seine Leiche vor die Sieger, die sie eine Weile stumm anstarrten. Der König gab ihr einen leichten Fußtritt, und dann wurde sie »an einen Baum gehängt«. Arteveldes Bild wurde später in einen Teppich eingewebt, der, vom Herzog von Burgund in Auftrag gegeben, die Schlacht abbildete. Er liebte es, über das Bild eines Gemeinen hinwegzugehen, der versucht hatte, die von Gott gegebene Ordnung umzustürzen.
Courtrai wurde gnadenlos geplündert – als Rache für die Niederlage in der Sporenschlacht achtzig Jahre zuvor. Die Bürger flohen umsonst in die Keller und Kirchen, um den Soldaten zu entkommen; sie wurden auf die Straße geschleppt und getötet. Louis de Male bat auf den Knien um Gnade für die Stadt, aber er wurde nicht beachtet. Jedes einzelne Haus wurde durchstöbert und selbst die Adligen der Stadt und ihre Kinder fortgeführt, um Lösegeld zu erpressen. Der Herzog von Burgund ließ
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