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Der Fluß

Der Fluß

Titel: Der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ketil Bjørnstad
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beaches, and the hands that cast wishes, that sunk like a stone. My dreams with the seagulls fly, out of reach, out of cry.‹«
    Sie sagt es auswendig, und sie sieht, wie es mich berührt.
    »Aber das ist in deinen Ohren natürlich banal«, sagt sie.
    »Das ist nicht banal«, sage ich.
    Ich hätte so gerne gewußt, warum ausgerechnet diese Zeilen sie so bewegten. War es die Einsamkeit im Text? Die Beschreibung der Möwe, die einsam ihr Essen fängt? War es der Satz über die Wünsche und Träume, die wie Steine versinken? Galten ihre Tränen den Spuren, die im Sand verschwunden sind? Herrgott, jetzt reden wir wieder über das Schwierige, und darüber wollte ich doch an diesem Abend nicht reden!
    »Dann spiele den banalen Song«, sage ich.
    »Ach ja, den.« Sie greift sich an den Kopf. Ich sehe, daß sie schon ein gehöriges Quantum Wein getrunken hat. »Das Lied, das alle kennen. Der Platten-Hit dieses Jahres. ›Bridge Over Troubled Water‹«.
    »Ich könnte es gehört haben«, gebe ich zu.
    »Aber du hast es noch nicht auf dieser Wahnsinnsanlage von Bror gehört«, sagt sie mit einem Lächeln. »Du hast nicht die irre Aufnahme gehört, die wie echter Donner klingen kann.«
    »Dann ist das sicher auch nicht das, was du mir zeigen willst«, sage ich.
    Sie wirft mir einen anerkennenden Blick zu. Sie lächelt mich an. Aber der Gesichtausdruck ist angespannt. »Gut«, sagt sie. »Sehr gut.«
    Sie setzt die Nadel auf die Platte. Es knistert hoffnungsvoll, und mir ist klar, daß sie das Stück oft gespielt hat.
    Sie setzt sich auf ihren Zweisitzer. Lauscht mit geschlossenen Augen. Ich lausche ebenfalls, beobachte sie aber gleichzeitig. Merkt sie es? Der Text erzeugt winzige Abdrücke auf ihrem Gesicht. Wie oft hat sie dieses Lied gehört? Genauso oft wie ich Mahlers dritte Sinfonie? Ja, ich kenne das Lied. Es kam jeden Tag im Radio, als ich bei Rebecca im Ferienhaus an der Südküste war. Marianne Skoog hat etwas zuviel getrunken und hat ihre Gefühle nicht im Griff. Als Art Garfunkel anfängt: »When you’re down and out. When you’re on the street. When evening falls so hard, I will comfort you«, holt sie tief Atem und zittert am ganzen Körper. Und dann: »When darkness comes, and pain is all around, like a bridge over troubled water, I will lay me down.« Sie hat diese Worte schon so oft gehört und wird trotzdem erneut davon berührt, wie ein Christ, der in die Kirche geht, immer wieder von der Bergpredigt berührt wird, vom Brief an die Korinther über die Liebe, von den Versen im Hohen Lied über die Zeit, über Wechsel, Dauer und Vergessen.
    Für Marianne Skoog und mich gibt es auch eine Zeit. Wir hören uns ein Lied an, das fast die ganze Welt kennt, und ich will sie nicht länger beobachten, schließe ebenfalls die Augen, will nicht sehen, wie sie zu weinen anfängt. Aber als der Donner kommt, als der lange Streicherton ausklingtund ich es wage, die Augen zu öffnen, sehe ich, daß sie sich unter Kontrolle hat, daß sie mich ansieht, neugierig ist, wie ich reagiere.

    »Du kannst jetzt nicht aufhören«, sage ich.
    »Sollten wir nicht gerade jetzt aufhören?« sagt sie und hebt den Tonabnehmer von der Platte. »In jedem Fall bist du an der Reihe.«
    Ich merke, daß ich nicht ins klassische Fach zurückwill. Ich will in ihrer Welt bleiben.
    »Spiel weiter«, sage ich. »Spiel Joni Mitchell für mich.«
    »Jetzt nicht Joni Mitchell«, sagt sie. »Aber ich kann noch mehr von Simon & Garfunkel spielen. Sozusagen ein Miniporträt von dir.«
    »Von mir?«
    »Ja. Hör einfach zu.«
    Sie spielt »The only Living Boy in New York«. Das kenne ich nicht. Ich höre ja fast nie solche Musik. Aber was ich höre, gefällt mir. Mir gefällt die Melodie, die etwas träge Stimmung, der Sog. Ich versuche, den Text zu verstehen, erfasse aber nicht alle Wörter. »Da-n do-da-n-do-da-n-do here I am. The only living boy in New York.«
    Sie bleibt beim Plattenspieler stehen und beobachtet mich, fast spöttisch, während Paul Simon vor dem Hintergrund heiserer Stimmen singt.
    Dann ist es vorbei.
    Einen Augenblick Stille. Sie schaut mich abwartend an, als erwarte sie, daß ich zuerst etwas sage.
    »Ein Miniporträt von mir?« sage ich verwirrt.
    »Ja«, sagt sie bestimmt. »Hast du nicht das Licht in dem Lied gehört? Und du bist eine lichte Person, Aksel, trotz all dem, was in deinem Leben geschehen ist. Und da ist eine Baß-Gitarre. Hast du auf die Baß-Gitarre geachtet? Dunkel und deutlich hörbar.«
    »Und die bin ich?« sage

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