Der Frauenjäger
Babs ist. Seine Eltern wohnen in der Nähe von Stade. Das dauert, ehe die hier sind. Ich wollte die Kinder nicht so lange alleine lassen.»
«Das sind sie doch offenbar schon seit fünf Wochen», meinte Marlene. «Und allein gelassen hättest du sie gar nicht, wenn du den Tisch abgeräumt und die Wurst weggeworfen hättest.»
«Ich werde mich hüten, etwas wegzuwerfen, was ich nicht bezahlt habe», erklärte Karola. «Und mit dem Tisch wäre es nicht getan gewesen. Wenn du da anfängst, kannst du eine Woche einplanen, ehe du die Bude ausgemistet und einigermaßen sauber hast. Die Schlampe tut immer nur das Nötigste. Seit sie weg ist, hat keiner mehr etwas getan. Schon fünf Wochen.»
Karola schüttelte fassungslos den Kopf und sagte noch:«Dennis hat mir etwas von Onkel Juri erzählt. So hat sie wohl den Typ genannt, mit dem sie abgehauen ist.»
Nummer neun
Irgendetwas, das länger und heller brannte! Ein Kleidungsstück, etwas anderes stand ihr doch nicht zur Verfügung. Sie überlegte, ob sie die Strumpfhose oder den Büstenhalter opfern sollte. Am ehesten hätte sie auf den Büstenhalter verzichten können. Im Gegensatz zur Strumpfhose wärmte der nicht.
Aber ehe sie den BH ausziehen konnte, musste sie die Steppjacke, den Pullover und das Shirt ausziehen. Und selbst wenn der Mistkerl nicht in ihrer Nähe war, um den Striptease genüsslich zu verfolgen und aufzuzeichnen. Es war saukalt. Jetzt fror sie wieder, die Erschöpfung forderte ihren Tribut.
Ließ sich der BH überhaupt abfackeln? Der bestand doch aus Polyamid, Polyester und Elastan. An die Beschriftung auf dem eingenähten Waschzettel erinnerte sie sich. Vielleicht brannte diese Mischung gar nicht, schmorte nur und entwickelte dabei giftige Dämpfe. Die Strumpfhose dagegen hatte einen hohen Wollanteil. Aber die herzugeben …
Über dem Wollanteil fiel ihr der Gürtel ein. Ihre Hose bestand doch auch aus einem Wollgemisch und war mit einem breiten Gürtel aus demselben Material ausgestattet. Zwischen zwei Stofflagen war noch etwas zur Verstärkung eingenäht.
Kaum hatte sie daran gedacht, nestelte sie bereits an der Schnalle. Zum Glück ließ die sich mit tauben Fingern nicht so schnell öffnen. Das verschaffte ihr die Zeit, den Gedanken weiterzuspinnen und ihr Vorhaben zu perfektionieren.
Etwas, das möglichst lange brannte, ohne ihr die Finger zu versengen. Der Gürtel würde wahrscheinlich auflodern, wennsie ihn an der Schnalle festhielt, sodass sie gezwungen wäre, ihn rasch fallen zu lassen. Abbrennen würde er dann am Boden der Mulde, wo er ihr überhaupt nichts nützte. Sie müsste ihn hochhalten können wie eine Fackel, ihn um etwas herumwickeln.
Ein Stück Holz wäre nicht schlecht. Zwar glaubte sie nicht, dass es hier unten Holz gab, aber sie meinte, eben etwas Längliches bemerkt zu haben, das wie ein Ast ohne Rinde ausgesehen hatte. Wieder tastete sie herum, bekam alle möglichen Steine zu fassen. Einen faustgroßen runden, den sie als Wurfgeschoss verwenden konnte, wenn das grüne Glimmen nochmal in der Nähe auftauchen sollte. Einen etwas kleineren, flachen mit einer dermaßen scharfen Kante, dass sie sich beinahe in die Finger geschnitten hätte. Den steckte sie zu der Zigarettenkippe in die Jackentasche, um notfalls den Mistkerl damit zu bearbeiten, falls er ihr zu nahe käme in der Absicht:
«Wir sind hier ganz allein. Werner wird nichts davon erfahren.»
Dann endlich geriet ihr der vermeintliche Ast unter die suchenden Hände, der ihr bei der Suche nach Reifenspuren oder Fußabdrücken aufgefallen war. Als Grundlage für eine Fackel schien er bestens geeignet, war gute vier Handbreit lang. An einem Ende, das sie zweckmäßigerweise als das untere wertete, gab es eine flache Verbreiterung, die würde verhindern, dass der brennende Gürtel herunterrutschte. Am oberen Ende befand sich ein abstehender Knubbel, an dem sie die Schnalle befestigen konnte. Wirklich perfekt.
Nachdem sie den Gürtel endlich geöffnet, aus den Schlaufen gezogen und mit der Schnalle an dem Knubbel fixiert hatte, wickelte sie ihn spiralförmig um ihren Fund, steckte das Ende unter der letzten Lage fest und fragte sich, was für ein Material das sein mochte. Ein Stein war es keinesfalls. Aber wo sie es nun in den Händen hielt, ließ sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es auch kein Ast war, dafür fühlte sich die Oberfläche zu glatt an.
Vielleicht versteinertes Holz von einem ausgestorbenen Baum. Ein Stück, das vor mehr als 30 000 Jahren
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