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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Messers aus der Akte und schob es über den Tisch. Warren Lane warf einen Blick darauf, ob beabsichtigt oder unwillkürlich, dann widmete er sich wieder den losen Fäden an seinem Gürtel.
    »Hast du zwischen Oktober 2008 und März 2009 obszöne Anrufe getätigt und per SMS Drohungen an Max Quinells Mobiltelefon gesendet?«
    Der Junge schluckte und flüsterte seiner Anwältin etwas zu.
    »Warren hätte gern ein Glas Wasser.«
    »Jess?« Dennis nickte seiner Kollegin zu, die daraufhin aufstand und einen Becher mit Wasser aus dem Spender füllte.
    »Bist du Mitglied oder Anführer einer Bande, die sich Blade Runnerz nennt?«
    Schweigen.
    »Kennst du Owen Driscoll und Blake Samms?«
    »Kein Kommentar«, erwiderte Warren Lane endlich. Er klang, als habe er einen Kloß im Hals.
    Schlechtes Gewissen, dachte Dennis. »Hast du neue Mitglieder für die Bande angeworben? Gehörten Driscoll und Samms seit neuestem dazu?« Dennis ließ dem Jungen kaum genug Zeit für eine Antwort. »Hast du eine Auseinandersetzung mit Max Quinell angefangen, um dich vor den jüngeren Mitgliedern großzutun? Hast du ihn auch darum erstochen?«
    Sechsunddreißig Stunden, dachte Dennis und starrte an die Decke. Zwölf davon waren bereits abgelaufen, und er lag hier im Bett. Er schwitzte, deshalb zog er den Schlafanzug aus und schleuderte ihn durchs Zimmer. »Schlafanzüge«, sagte er in die Stille. »Verdammte Schlafanzüge.« Er starrte zur leeren Hälfte des Bettes hinüber. Wie oft hatte er sich vorgestellt, er würde Carrie wieder zu sich einladen und sie würde sich auf diesem Bett ausstrecken. Was die Klatschmagazine wohl daraus gemacht hätten? Seiner Karriere wäre das nicht förderlich, aber verkaufen könnte er seine Geschichte bestimmt. Das war auch Carrie klar. Wahrscheinlich hatte sie ihn deswegen verlassen, dachte er. Oder doch eher, weil er ein Blödmann war.
    Dennis stand auf und öffnete das Fenster. Er hörte in der Ferne eine Sirene und roch die Abluft einer Dönerbude ein Stück weiter unten an der Straße. Weil er davon Hunger bekam, zog er sich eine Jeans und ein Polohemd an und ging hinaus. Ein bisschen Fett und Fleisch im Magen wären jetzt genau das Richtige.
    Von Ken’s Kebab fiel ein Lichtschein auf die nasse Straße. Am Bordstein parkten die Autos dicht an dicht, einige sogar in der zweiten Reihe, und die Luft war mild für einen Aprilabend. Eher wie im Juni, dachte Dennis. Trotz des Papierkorbs an der Ecke war der Gehsteig vor dem Imbiss mit Abfall übersät. Ein Teenager kickte eine Bierdose in den Rinnstein, und einer seiner Kumpel schälte rülpsend seinen Döner weiter aus dem Papier.
    »Alles klar, Opa?«, rief ihm einer von der Bande zu, als Dennis die Imbissbude betreten wollte.
    Die anderen lachten. Dennis blieb stehen und starrte die Jungen an. Unter den Kapuzen blickten traurige Augen zurück. Wie Warren Lane hatten auch sie hässliche Visagen. Dennis plante, gegen drei Uhr morgens wieder aufs Revier zu fahren, Warren zu wecken und ihn weiter mit Fragen zu löchern. Einer von den Jungen spuckte auf das Pflaster.
    Dennis runzelte die Stirn. »Alles klar, Jungs«, erwiderte er, trat ein und warf einen flüchtigen Blick auf die Tafel über dem Tresen. Er kannte das Angebot auswendig. »Einmal Lammspieß mit extra viel Zwiebeln und Pommes bitte, Ken.« Er griff nach dem Portemonnaie in seiner Gesäßtasche. Dabei bemerkte er, dass mehrere der Jugendlichen ebenfalls in den Imbiss gekommen waren. Sie nahmen ein paar Coladosen aus dem Kühlschrank und stellten sich rechts und links von ihm auf, während er in seiner Geldbörse nach Münzen suchte.
    »Macht für dich fünf Pfund dreißig, Dennis«, sagte Ken, wickelte die Pommes frites ein und packte alles in eine Tragetasche, die er auf den Tresen stellte. Die Jungen drängten näher und beobachteten Dennis, der noch immer in seiner Börse kramte. »Sagen wir fünf«, korrigierte sich Ken.
    Doch Dennis kam nicht mehr dazu, eine Antwort zu geben, denn plötzlich steckte der Junge neben ihm die Hand tief in die Tasche und zog etwas heraus. Mit abwehrend erhobenem Arm fuhr Dennis herum. Die Augen des Jungen waren unnatürlich geweitet, wahrscheinlich stand er unter Drogen. Mit wild klopfendem Herzen wich Dennis hastig zurück. Dabei ließ er sein Portemonnaie fallen, so dass die Münzen nach allen Seiten rollten.
    »Was zum –«
    »Hey«, sagte der Junge und putzte sich die Nase mit dem Taschentuch, das er gerade aus der Tasche gezogen hatte. »Warten Sie, ich helf

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