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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Jugendlichen in der Stadt eben ein paar Messer und Pistolen, fülle sie mit Alkohol und Drogen ab und gucke, was dabei rauskommt. Wir wollen doch nicht, dass eure Einschaltquoten sinken.«
    Leah verzog das Gesicht. »Du weißt, wie ich das meine.« Sie setzte die Brille wieder auf. »Okay, ich nehme die Geschichte von dem Jungen, der bei seiner Freundin eine Abtreibung vorgenommen hat.« Sie goss sich eine Tasse Tee ein, um sich etwas aufzumuntern. »Kommen wir an ihre Eltern heran?«
    DCI Masters zuckte die Achseln. »Sie ist in einem Heim untergebracht. Immerhin ist sie erst vierzehn. Aber ich kann dir da Zugang verschaffen, wenn du willst. Wir arbeiten eng mit ihren Betreuern zusammen. Das Mädchen weigert sich zu verraten, wer ihr das angetan hat. Die Ärzte sagen, sie kann keine Kinder mehr bekommen.«
    »Lieber Himmel.« Leah schüttelte den Kopf. »Möchtest du auch einen Tee?« Sie stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Hände. Was für ein Morgen. Sie konnte noch gar nicht fassen, dass Carrie während der Werbepause einfach aus dem Studio gelaufen war. Niemand wusste, wo sie steckte, und am Telefon meldete sie sich nicht. Sie hatten die zweite Hälfte der Sendezeit mit einer Wiederholung füllen müssen.
    Dennis verzog das Gesicht. »Nein, ich muss los. Arbeiten. Schließlich besteht mein Leben nicht nur aus spektakulären Fernsehshows und launischen Promis.«
    Leah stöhnte. Sie war ihm wirklich dankbar für seine Hilfe – ohne die Zusammenarbeit mit ihm wären sie nicht als Erste auf die brandaktuellen Fälle gestoßen, für die ihre Show so berühmt war. Der Vorteil beruhte auf Gegenseitigkeit: Masters’ spektakuläre Fälle lockten Zuschauer an, und im Gegenzug erhielt die Polizei über die Hotline, die während der Sendung eingeblendet wurde, wertvolle Hinweise. Seit die Show lief, waren diese Anrufe in mehr als achtzig Prozent aller Fälle hilfreich gewesen, und die Aufklärungsrate der Kripo war dank Carrie Kent und ihrer einzigartigen Show um dreißig Prozent gestiegen. Hier wurde spektakuläre Unterhaltung in den Dienst des Gemeinwohls gestellt, wie Leah in Interviews zu sagen pflegte.
    Dennis stand auf. Bevor er Leah zum Abschied umarmte, zögerte er und fragte dann: »Was macht deine Freundin?«
    »Es ist aus.«
    »Aha. Du bist also wieder Single?«
    »Geh schon«, entgegnete Leah. »Lass mich einfach in Ruhe.«
    »Ich könnte dich nicht vielleicht zum Abendess– Autsch!«, schrie Dennis auf. Er rieb sich das Knie, und sein Gesicht lief dunkelrot an.
    »Geschieht dir recht.« Als Leahs Handy klingelte, griff sie hastig danach. »Ach, Gott sein Dank! Wo zum Teufel steckst du, Carrie?« Jetzt, da sie ein Lebenszeichen von Carrie erhielt, entspannte sich Leahs Gesicht ein wenig, und die zahlreichen Sorgenfältchen, die sich in den vergangenen Stunden darin eingegraben hatten, glätteten sich. »Es ist Carrie«, flüsterte sie Dennis überflüssigerweise zu, die Hand auf das Mikrofon gelegt, und verdrehte die Augen.
    Doch dann wurde ihre Miene plötzlich ernst, und sämtliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. »O mein Gott. Nein …« Leahs Pupillen weiteten sich, sie schlug eine Hand an die Wange. »Carrie, nein … Wo bist du jetzt?« Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Ich komme sofort.« Ohne ein weiteres Wort schnappte sich Leah ihre Schlüssel und die Handtasche und stürzte aus dem Büro.

Vergangenheit

    V on ihrer ersten Begegnung an war ihr klar, dass sie sich in ihn verlieben würde. So kurz das Vorstellungsgespräch auch war, es schien ihr doch, als seien diese Minuten der entscheidende Teil ihres bisherigen Lebens, der Moment, für den sie geboren war. Er hatte bereits Gespräche mit acht anderen Frauen geführt, doch er sagte, er könne sehen – sehen? –, dass sie genau die Richtige für den Job sei.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    Ob er es auch spürte?
    »Weil Sie es mir nicht abnehmen wollten, Zucker in meinen Tee zu tun«, antwortete er und schob ihr den Vertrag über den Tisch zu. Die weißen Körnchen knirschten unter dem Papier. »Nehmen Sie ihn mit und lesen Sie ihn durch. Und wenn Sie einverstanden sind, schicken Sie ihn mir morgen unterschrieben zurück.«
    Er konnte nicht wissen, dass sie während des ganzen zehnminütigen Gesprächs in seine blicklosen Augen geschaut und beobachtet hatte, wie sich seine Lippen ein wenig öffneten, wenn er sich die nächste Frage überlegte. Dass sie am liebsten seine Hände genommen und ihm versichert

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