Der Fremde vom anderen Stern
er diese verlockenden Eindrücke und sagte sich, daß Sela und er einander schon von klein an versprochen waren. Gewiß würde sie sich wieder zu ihm bekennen, wenn er als erfolgreicher Wissenschaftler heimkehrte.
Doch selbst wenn er sie nicht heiraten würde, Charity Prescott war ein Terranerin. Außerdem war sie die Schwester des Mannes, der innerhalb weniger Minuten nicht nur sein Rettungsanker, sondern auch sein Freund geworden war.
Er bezwang die leidenschaftlichen Empfindungen, die Dylan Prescots Zwillingsschwester in ihm hervorgerufen hatte, und entgegnete schließlich: „Wir verstehen uns voll und ganz."
6. KAPITEL
Charity spürte, daß irgend etwas zwischen den beiden Männern vorgefallen war, als sie wieder die Küche betraten. Dylan wirkte so aufgeregt, wie sie ihn noch nie erlebt hatte, und auch Starbuck war irgendwie verändert, doch er hatte seine Gefühle besser unter Kontrolle.
Sie begrüßte sie mit einem Lächeln und stellte ihnen zwei Tassen dampfenden Kaffee auf den Tisch. „Ich war schon drauf und dran, die Bernhardiner hinter euch herzuschicken."
„Danke." Starbuck umfaßte die Tasse und wärmte sich die Hände an dem heißen Gefäß.
„Wir haben uns unterhalten", plauderte Dylan eine Spur zu fröhlich, „Starbuck hat sich wieder daran erinnert, daß er Astrophysiker ist."
„Wirklich?" fragten Charity und Vanessa wie aus einem Mund.
Charity kniff nachdenklich die Augen zusammen, während Vanessa Starbuck anstrahlte.
„Das könnte erklären, was Sie hier wollten", meinte Charity. „Sie haben vielleicht doch nach Dylan gesucht."
„Hat er auch. Aber er will mich nicht für irgendein Projekt anwerben", schaltete sich Dylan rasch ein, ehe Starbuck sich selbst dazu äußern konnte. „Wir haben herausgefunden, daß er der neue Mann ist, den ich angestellt habe."
„Ja?" Charitys Blick ließ ihren Blick zwischen ihrem Bruder und Starbück hin-und herschweifen. „Du hast mir gar nichts von einem neuen Mitarbeiter erzählt."
Dylan zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich habe ich es vergessen. Du weißt doch selbst, wie zerstreut ich bin, wenn ich an einem neuen Projekt arbeite."
Das zumindest stimmte. Aber es steckt noch mehr dahinter, dachte Charity. Irgend etwas, das keiner der beiden Männer ihr anvertrauen wollte. Wahrscheinlich handelte es sich wieder einmal um ein Forschungsvorhaben, das er unbedingt geheimhalten wollte, und in diesem Fall, das wußte sie, führten Fragen nicht weiter.
„Schön, daß sich die Angelegenheit soweit geklärt hat", meinte sie schließlich. „Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo Ihre restlichen Sachen geblieben sind und was Sie mitten im Schneesturm auf draußen gesucht haben."
„Er ist sicher ausgeraubt worden", vermutete Vanessa.
„So wird es gewesen sein", pflichtete ihr Dylan bei.
„Ihr habt recht, das hört sich plausibel an." Charity schüttelte besorgt den Kopf. ,Aber es gefällt mir trotzdem nicht. Wir hatten hier noch nie Raubüberfälle."
„Irgendwann ist es immer das erste Mal", belehrte Dylan sie heiter. Zu heiter, wie Charity bemerkte.
„Egal. Es gefällt mir einfach nicht."
Die Backofenuhr summte, und Charity holte die Brötchen und Croissants heraus und stellte sie auf den Frühstückstisch. Starbuck kostete ein Croissant mit Streichkäse und konnte kaum genug bekommen von dem herrlichen Geschmack.
„Das schmeckt ja phantastisch", meinte er begeistert. „Sogar noch besser als der Kaffee."
„Dummerweise macht das Zeug entsetzlich dick", stellte Vanessa trocken fest und knabberte affektiert an ihrem unbelegten Splitterhörnchen.
Dann schaute sie zu Charity, deren Croissant dick mit Käse bestrichen war.
„Du ahnst ja nicht, wie sehr ich dich beneide, meine Liebe. Es gibt nicht viele Frauen, die sich trauen, derartige Kalorienbomben zu sich zu nehmen."
„Dann warte erst, bis du mein Abendessen siehst", entgegnete Charity scharf. „Es gibt Pizza, dick mit Käse bestreut und Olivenöl beträufelt."
Vanessa schüttelte den Kopf. „Du solltest lieber mehr auf eine gesunde Ernährung achten. Selbst wenn dir deine Kleidergröße egal ist, wird mir ganz schlecht, wenn ich daran denke, wie diese Fette und das viele Cholesterin dein Herz belasten."
Starbuck sah, daß Charitys blaue Augen vor Wut funkelten, und wandte sich Vanessa Reynolds zu.
Sie war ganz in Schwarz gekleidet, und ihr ebenfalls schwarzes, schulterlanges Haar und die mit dunklem Kajalstift umrandeten Augen bildeten einen auffälligen
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