Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
denn so lange, Phosy? Ich warte schon seit Stunden.« Sie warf ein Bündel auf den Rücksitz des Jeeps.
»Ich bin gerade erst zurückgekommen.« Argwöhnisch beäugte er das Bündel. »Ich habe ein paar Knochen in der Pathologie vorbeigebracht. Wäre ich nicht zufällig dem Kliniksekretär in die Arme gelaufen, hätte ich Ihre Nachricht vermutlich gar nicht bekommen.«
»Sind Sie allein?«
»Ich habe Tham an einer Bushaltestelle abgesetzt. Warum?«
»Weil wir vielleicht den einen oder anderen Beamten mitnehmen sollten.«
»Wohin?«
»Zum Nam-Theun-Fluss.« Sie ging an ihm vorbei und kletterte auf den Beifahrersitz.
»Ich verstehe kein Wort. Ich komme gerade aus Pakxan. Was wollen Sie denn am Nam-Theun-Fluss?«
»Ihren Mörder suchen, Inspektor. Siri ist schon vorausgefahren. Er hat drei Stunden Vorsprung. Kommen Sie, wir müssen los.«
»Ich höre immer ›wir‹. Wenn der Mörder sich tatsächlich am Nam-Theun-Fluss aufhält, nehme ich bestimmt keine ältere Dame mit dorthin. Das könnte mich meine Stellung kosten.«
»Tja, Phosy, das wäre allerdings ein Jammer, dann würden Sie nämlich nie erfahren, was passiert ist. Dr. Siri würde massakriert, der Mörder würde ein weiteres Opfer fordern, und Sie würden, mit Verlaub, ziemlich dumm dastehen.«
»Madame Daeng, ich warne Sie! Die Unterschlagung von Beweismitteln ist eine schwere Straftat. Das ist kein Spiel.«
»Ich unterschlage gar nichts. Ich hatte vielmehr vor, Ihnen unterwegs alles zu erzählen.«
Phosy schlug so heftig auf den Kotflügel des Jeeps, dass ihm die Hand wehtat.
»Und wenn Sie sich auf den Kopf stellen. Sie kommen nicht mit zum Nam-Theun-Fluss. Sie haben ja noch nicht einmal einen Passierschein, mit dem Sie die Präfektur Vientiane verlassen könnten.«
»Aber Sie haben einen. Eine gebrechliche Greisin fällt nicht weiter auf. Ich lege mich einfach auf den Boden und verstecke mich unter einer Decke. Ihren Wagen wird schon niemand durchsuchen. Sie sind schließlich Polizist. Und jetzt dalli. Wir sind spät dran.«
»Madame Daeng, ich …«
»Sie verschwenden kostbare Zeit.«
Als sie sich der Kreuzung bei Sangkam näherten, schäumte Phosy immer noch vor Wut. Die Straße war in erbärmlichem Zustand. Daeng saß neben ihm auf dem Beifahrersitz, und die beiden jungen Beamten, die er im Hauptquartier zwangsrekrutiert hatte, saßen auf der Rückbank. Daeng hatte die Geschichte exakt so wiedergegeben, wie Siri sie ihr erzählt hatte, und sie gefiel dem Inspektor ganz und gar nicht.
»Warum haben Sie Siri nicht aufgehalten?«, fragte Phosy.
Daeng lachte. »Und wie hätte ich das anstellen sollen? Sie kennen Siri doch genau so gut wie ich. Wenn ich gesagt hätte: ›Siri, bitte geh nicht‹, und er wäre trotzdem gefahren, hätten wir beide ein schlechtes Gewissen. Also habe ich ihm meinen Segen und eine Ration Nudeln für die Reise mitgegeben, und jetzt quälen nur mich Gewissensbisse.«
»Sie sind wirklich einer so stur und bockig wie der andere«, brüllte er gegen den Motorenlärm an. »Als Ihnen dämmerte, dass die Zensusbehörde etwas mit der Sache zu tun haben könnte, hätten Sie sich unverzüglich mit mir in Verbindung setzen müssen. Ich bin es leid, dass Sie ständig Detektiv spielen.«
»Sie waren aber nicht da. Ihr Büro war leer.«
»Es gibt auch noch andere Beamte.«
»Sie meinen die da?« Daeng wies mit einem Nicken zum Rückspiegel. Phosy musterte die haarlosen Gesichter der jungen Männer, die er aus dem Hauptquartier entführt hatte. Noch trennten sie zwanzig Kilometer von ihrem Ziel, und schon zogen die beiden ein Gesicht, als würden sie sich vor Angst gleich in die Hosen machen. »Was hätten die schon ausrichten können?«
»Und was, bitte, soll ein dreiundsiebzig Jahre alter Mann ausrichten?«
»Sie haben ein kurzes Gedächtnis, Phosy. Wie viele Ihrer Fälle hat der Doktor aufgeklärt?«
Phosy schwieg und schmollte, bis sie die Kreuzung hinter sich gelassen hatten. Die Scheibenwischer verschmierten die Insekten auf der Windschutzscheibe zu einem blutigen Omelett. Schaukelnd holperte der Jeep durch die tiefen Reifenfurchen. Schließlich ließ der Polizist sich doch noch zu einer Antwort herab.
»Ich glaube, in diesem Fall irrt er sich«, sagte er.
»Warum?«
»Das Mädchen im Norden – die Sache, in der ich zurzeit ermittle – wurde 1969 ermordet. Damals unterstand die Zensusbehörde dem alten Regime. Aus dieser Zeit ist niemand mehr übrig.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht, Phosy. Siri
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