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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Füße auf, die in kniehohen Stiefeln steckten. Ein Mantelsaum traf seine Wange. Mica. Grishan sprang auf.
    „Gib mir den Spiegel der Sonne zurück.“
    Über die breite Schulter von Mica konnte er es sehen, ein Geschöpf, das jede Ähnlichkeit mit einem Menschenkind abgelegt hatte. Der Körper dünn, die Arme lang. Sie bewegte sich gleich fließendem Quecksilber, umgeben von aufsteigendem Nebel. Bei aller Abenteuerlust war das zu viel des Guten.
    „Mica …“, stammelte Grishan.
    „Wir geben ihr den Kristall“, zischte Mica ihm zu.
    Vor Erleichterung wurden Grishan die Knie weich. Der Vampir hatte seine Vernunft zurückerlangt und fällte die richtige Entscheidung. Keine Rede von absurden Verhandlungen. Grishan trat hinter ihm hervor, bereit, sich seinen Ängsten zu stellen. Nach einigen Schritten auf die Asrai zu legte er das Samtsäckchen zu Boden.
    „Er ist mein. Mein!“, kreischte die Asrai.
    Obwohl sie schnell näher kam, schritt Grishan langsam rückwärts, bis er wieder neben Mica stand. Der Nebel schien die Asrai vorwärtszuschieben. Aus einzelnen Regentropfen wurde ein Schauer, der mit einem sachten Rauschen auf den Wald niederging.
    „Er gehört dir!“, rief Mica ihr zu.
    Als sie die Arme hob, rannen Wasserfäden aus ihren Ärmeln. Der Stoff ihres Gewandes, ebenso grau wie der Nebel, klebte bei jedem Schritt an ihren dürren Beinen. Sie war vor dem Samtbeutel angekommen, stieß mit der Fußspitze dagegen und ging weiter.
    „Gib ihn mir zurück, du Dieb!“ Immer wieder verlangte sie es und wurde mit jeder Forderung schriller.
    „Sie hätte ihn sich nur nehmen müssen“, sagte Grishan mit zunehmend tauben Lippen.
    „Verdammt, sie kann nichts sehen. Schau in ihre Augen. Sie ist blind!“
    Grishan suchte die Augen der Asrai und wünschte, er hätte keinen Blick hineingeworfen. In ihrer wahren Gestalt glichen sie einem Mahlstrom aus Finsternis. Es gab kein Weiß darin, keine Iriden und auch keine Pupillen. Er wollte nur noch eines: davonlaufen. Doch Mica erhaschte seinen Ärmel und hielt ihn fest.
    „Rühr dich nicht und keinen Mucks.“
    „Ich soll schweigen?“, kreischte sie und riss den Mund so weit auf, dass daraus ein Schlund wurde.
    Blitzartig brach Mica zur Seite aus. Die Asrai warf den Kopf herum. Sie besaß ein sagenhaftes Gehör, wenn sie die Bewegungen eines Vampirs über das Pladdern des Regens erhaschen konnte. Starr vor Entsetzen verfolgte Grishan das Geschehen. Mit wehendem Mantel stob Mica auf eine der Tannen zu, rannte ungeachtet der sperrigen Zweige an ihrem Stamm nach oben und überwand den Abstand zu der Kreatur in einem gewaltigen Sprung. Knapp hinter ihr kam er auf. Das ansteigende Crescendo eines Schreis ließ Grishans Knie einknicken. Tentakelarme schlugen aus und trafen ins Leere. Mica jagte bereits wieder auf Grishan zu, packte ihn am Kragen und schleifte ihn mit.
    „Renn so schnell du kannst!“
    Und das tat er. Er rannte mit aller Kraft in den Wald hinein, verfolgt von einem unmenschlichen Kreischen. Tannenzweige trafen sein Gesicht. Die biegsamen Äste der Laubbäume hinterließen brennende Striemen. Eiswasser fiel von den Blättern in seinen Nacken. Sein Instinkt versagte. Ohne Mica wäre er mehrmals frontal in einen Baum gerannt, doch der Vampir zog ihn stets kurz vor einem Zusammenprall zur Seite. Wann immer Grishan über eine Wurzel stolperte, hielt Mica ihn aufrecht. In einer wilden Hatz stoben sie durch den Wald. Hügel hinauf und wieder hinab. Der Schrei der Asrai war verklungen, doch sie rannten weiter. Längst hatte Grishan die Orientierung verloren. Als Mica endlich stehen blieb, fiel Grishan ins Laub und rang angestrengt nach Atem. Mica hob das Samtsäckchen in die Höhe. Daher sein blitzartiges Manöver auf der Lichtung. Er hatte den Kristall an sich gebracht.
    „Geht es wieder?“, fragte Mica, nicht im Mindesten atemlos.
    Grishan nickte und setzte sich auf. Laub klebte an seiner Kleidung. Es regnete noch immer. Vorwurfsvoll wies er auf das Säckchen. „Weshalb hast du dieses Ding mitgenommen?“
    Mica strich lax sein Haar zurück. Selbst im Dunkeln sah Grishan die Tropfen, die glitzernd aus dem Goldhaar fielen. Dreckspritzer klebten an seinem Mantel, ebenso wie Grishan troff Mica vor Nässe, doch sein Entsetzen schien nicht halb so groß zu sein. „Sie kann in ihrer wahren Gestalt nichts sehen, und vielleicht ist sie sogar verrückt. Damit sie den Kristall findet,müssen wir ihn dorthin bringen, wo er über Jahrtausende ruhte.“
    „Nach

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