Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
du weißt nicht zufällig, was da drüben auf dem Spielplan steht?«
    »Doch, natürlich. Sie ham mi ja beeten, es rauszufinnen. Ik hab mi bloß dücht, Sie wüssen dat schon, wo Sie doch hier wohnen.«
    Der Polizeiaktuar rollte mit den Augen. »Und?«
    »Wie es euch gefällt. Von Shakespeare.«
    Dann hatte ihn Lewalds Tochter also angelogen?
    Kettenburg starrte dem Uhlen nachdenklich hinterher, bis dessen schwankende Laterne hinter einer Hausecke verschwunden war.

 

Folgenschwere Entdeckungen
     
    Elbchaussee 1842, 3. Mai,
    6 Minuten nach Mitternacht
     
    E in stechender Geruch ließ Tobias hochfahren. Jetzt schon zum zweiten Mal in dieser Nacht. Er lag noch immer auf dem Boden des Kaminzimmers, nur dass ein zusammengerolltes Tischtuch seinen Kopf stützte. Neben ihm hockte Caroline und musterte ihn besorgt. Sie trug einen lindgrünen Morgenmantel und hielt einen kristallenen Flakon mit Riechsalz in den Händen. Neben ihr stand ein bronzener Kandelaber mit drei flackernden Kerzen auf dem Boden. Im Gang vor der Zimmertür waren inzwischen die Stimme von Justus Lewald sowie die von Kristian zu vernehmen. Beide klangen sehr aufgeregt.
    »Was ist geschehen?«
    »Das müssten Sie selbst eigentlich besser wissen als ich«, seufzte Caroline. War da so etwas wie Erleichterung in ihrer Stimme zu hören?
    Benommen setzte sich Tobias auf und unterdrückte ein leichtes Würgegefühl. Die Nachwirkung des Chloroforms. Inzwischen roch es im Raum nur noch schwach nach dem Narkotikum. Schräg gegenüber dem Kamin hob eine nächtliche Brise einen der Fenstervorhänge an und brachte die Kerzen zum Flackern. Offenbar hatten sich die Lewalds dazu entschlossen, den Raum zu lüften. Erst auf den zweiten Blick bemerkte er, dass dieser Eindruck trog. Tobias entdeckte Glassplitter auf dem Boden, die dort vorhin noch nicht gelegen hatten. Zwei der Fenster lagen in Scherben. Offenbar war der Kampf nach seiner Bewusstlosigkeit noch weitergegangen.
    »Habt ihr die Mistkerle zu fassen bekommen?« wollte er wissen.
    Caroline schüttelte betrübt den Kopf. »Nein. Unsere Hausmädchen lagen allesamt in einem seltsam tiefen Schlaf. Und Herr Groth, unser Hausverwalter, wurde niedergeschlagen. Mein Vater und ich haben von alledem leider nichts gemerkt. Einzig Krischaan, der im Stall bei den Pferden schlief, ist aufgewacht. So wie Sie.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Inzwischen ist er wieder zu sich gekommen. Am Kopf hat er eine hässliche Platzwunde zurückbehalten. Krischaan und mein Vater kümmern sich gerade um ihn. Gott sei Dank, wenigstens Sie sind unverletzt geblieben«, fügte sie leise hinzu.
    Tobias räusperte sich. »Wollen wir nicht … also, wenn Sie möchten, dann können wir das mit dem ›Sie‹ auch lassen. Nennen Sie mich doch einfach Tobias.«
    Ein Lächeln huschte über Carolines Züge. »Gut, dann also … Tobias. Dann müssen Sie mich natürlich, äh, also von jetzt an … Caroline. Nur vielleicht nicht gerade in Anwesenheit meines Vaters.«
    Tobias schmunzelte, und Caroline war auf einmal umständlich damit beschäftigt, das Flakon mit dem Riechsalz zu schließen und wegzustecken.
    »Wissen Sie, äh, hast du diese Einbrecher erkannt?«
    »Nein. Aber diese Dreckskerle waren zu dritt«, brauste er auf. »Der Kahlköpfige von gestern Nacht war auch unter ihnen.«
    »Wirklich?« Caroline schlug die Hand erschrocken vor den Mund.
    »Ich begreife nicht, was der hier wollte«, meinte Tobias. Tatsächlich konnte er sich auf die unerwartete Begegnung mit dem Mann noch immer keinen Reim machen. Hatte er ihn vielleicht verfolgt?
    »Sie haben versucht, einen Tresor aufzubrechen«, berichtete Caroline. »Er war im Zimmer nebenan hinter einem der Gemälde verborgen.«
    »Und, ist es ihnen gelungen?«
    »Ja«, antwortete Justus Lewald für seine Tochter. »Was sie jedoch mitgenommen haben, kann ich verschmerzen.«
    Carolines Vater hatte unbemerkt von den beiden das Kaminzimmer betreten. Der wütende Ausdruck in seinem Gesicht stand in scharfem Kontrast zu seinem lächerlich wirkenden Aufzug. Wie seine Tochter war auch er in einen Morgenmantel gehüllt, nur dass er noch immer eine wollene Schlafmütze trug, die ihm seitlich vom Kopf herabbaumelte. Dafür hielt er seinen Spazierstock mit dem bronzenen Engel wie einen Schlagstock erhoben.
    Hinter ihm betrat nun auch Kristian den Raum. Der Rothaarige führte Groth, dessen Kopf nun ein weißer Verband zierte, zu einem Korbstuhl. Einen kurzen Augenblick lang bedachte der Kutscher Tobias mit einem

Weitere Kostenlose Bücher