Der Gärtner von Otschakow
bestätigte Stepan. »Das stimmt. Du bist mitgefahren. Ich meinte nur so, reden wir später. Jetzt habe ich nur eins im Kopf – den Kaufvertrag unterschreiben und die Schlüssel an mich nehmen. Danach gibt es genug zu reden!«
Eine halbe Stunde später zog eine seltsame Prozession [277] die Straße in Richtung Busbahnhof entlang. Zwei Männer in Anzügen, von denen der ältere einen alten, offenkundig halbleeren Leinenrucksack auf den Schultern trug, zwei nicht mehr junge, aber fein herausgeputzte Frauen und eine junge Frau in dunkelgrünem Kunstledermantel, Jeans und flachen Halbstiefeln. Igor sah sich im Gehen ein paarmal um, und sein Blick blieb an Stepans Leinenrucksack hängen.
›Ja‹, dachte er. ›Es käme wohl kaum jemandem in den Sinn, dass in dem Rucksack Geld für den Kauf einer Immobilie liegt! Geld trägt man gewöhnlich in Aktenkoffern her-um, und auch nicht in Begleitung herausgeputzter älterer Damen!‹
Auch Nachbarin Olga hatte sich mit Perlen geschmückt und noch eine Eidechsen-Brosche an die Strickjacke geheftet.
Am Busbahnhof sah Stepan auf seine Uhr und machte halt.
»Wir sind ein wenig früh dran. Trinken wir einen Kaffee!«, schlug er vor und wies auf den Kiosk.
Gemeinsam traten alle an den Kiosk. Stepan bestellte fünf ›Drei-in-Eins‹ und übergab der Reihe nach jedem seinen Becher mit dem Instantkaffee.
Schweigend stand die ganze Gesellschaft am Kiosk und trank Kaffee. Stepan trank auch und sah dabei auf die Uhr.
»So«, bemerkte er und warf seinen Becher mit dem nicht ausgetrunkenen Kaffee in den metallenen Mülleimer. »Jetzt kommen wir pünktlich. Das Immobilienbüro ist hier ganz in der Nähe.«
Das besagte Büro befand sich in einem Privathaus, an [278] dessen Gartentörchen außer der mit weißer Farbe gepinselten Hausnummer auch noch ein Schild mit einem aufgemalten »bissigen Hund«, jedoch ohne Text, hing.
Stepan öffnete das Törchen als Erster, blickte sich um und bedeutete mit einer Kopfbewegung allen, ihm zu folgen. Igor blieb ein wenig zurück und wartete, ob ihnen nicht doch noch mit Gebell ein bissiger Hund entgegenkam. Aber kein Hund erschien. Stepan stieg die Stufen zur Haustür hoch und klingelte.
Ein Bursche öffnete ihnen, der aussah wie ein Oberstufenschüler, im glattgebügelten grauen Anzug. Unter dem Jackett sah man ein rosafarbenes Hemd mit roter Krawatte. An seinen Füßen übertrieben spitze Lederschuhe. Gleich darauf streckte er Stepan respektvoll die Hand hin.
Igors Blick fiel beim Betreten des Flurs auf verschiedene Paar Hauspantoffeln, die ordentlich an der Wand aufgereiht waren.
»Kommen Sie weiter, Stepan Josipowitsch, die Verkäufer warten schon!«, erklang die brüchige, fast unmännliche Stimme des Immobilienmaklers.
Der Bursche wartete, bis die ganze Delegation hereingekommen war, schloss die Haustür mit zwei Schlössern ab, ging schnell zur nächsten Tür, vor der die Besucher haltgemacht hatten, und riss sie auf.
Der große Raum, den sie hinter dem Hausherrn betraten, rief mit seiner Mischung aus Büromöbeln und häuslicher Wohnzimmereinrichtung bei Igor ein herablassendes Lächeln hervor. An Wänden mit grüner Tapete hingen Fotos von Häusern, Gebäuden und Grundstücken. Über all diesen Informationen tickte laut eine Kuckucksuhr. Auf der [279] anderen Seite des Raumes saß auf einem Sofa ein älteres Paar mit erstarrten, angespannten Gesichtern – die Verkäufer. Sie waren um die siebzig.
»Das Verträglein ist schon bereit.« Der Bursche in dem grauen Anzug wies zu einem Tisch, auf dem eine aufgeschlagene Dokumentenmappe lag. »Der Notar ebenfalls, er trinkt in der Küche einen Kaffee. Sobald Sie abgerechnet haben, rufe ich ihn.«
»Hast du den Pass auch nicht vergessen?«, wandte der Gärtner sich plötzlich an seine Tochter, Nervosität im Blick.
»Ich hab ihn, ich hab ihn«, bestätigte Aljona und legte ihrem Vater kurz beruhigend die Hand auf den Arm.
»Also, fünfhunderttausend?« Stepan sah die Verkäufer an.
Die nickten furchtsam.
Stepan trat zum Tisch, nahm den Leinenrucksack von der Schulter, zog ihn auf und begann, auf die Tischplatte, neben die Dokumentenmappe, mit Banderolen umwickelte Griwni-Päckchen in Zweihunderter-Scheinen herauszulegen.
Igor betrachtete den jungen Makler. Der war zwei Meter vom Tisch entfernt erstarrt und sah gebannt auf die wachsende Menge von Banknoten-Päckchen. Vor Erregung waren ihm wohl die Lippen trocken geworden, und er leckte sie gierig.
Der leere Leinenrucksack fiel auf
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