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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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besser.
    Aber sie muss zehn Jahre jünger sein.
    Dieser Mistkerl hat mich gegen ein neueres Modell ausgetauscht.
    Neal sah, dass sie langsam die Fassung verlor. Ihr Gesicht rötete sich, und sie atmete schwerer.
    Plant sie einen Doppelmord?
    Sie warf Neal einen Blick zu, nahm ihre Handtasche und ging davon.
    Ohne ein Wort zu sagen.
    O Mann, dachte Neal. Wie konnte ich das zulassen? Wie konnte ich ihr so etwas antun? Ich liebe sie, verdammt! Sie liebt mich auch. Und ich serviere sie für irgendeine Fremde ab.
    Sue ist keine Fremde.
    Nicht mehr, sagte er sich, aber am Dienstagmorgen, als ich zum Frühstück angehalten habe, war sie eine. Wie konnte ich zulassen, dass so etwas passiert?
    Ich bin so ein Arschloch.
    Aber ich habe mich in Sue verliebt, erinnerte er sich. Was sollte ich denn tun? Sie loswerden?
    Das tut weh. Das tut so weh.
    »Geh zu ihr«, flüsterte Sue.
    Er wandte den Kopf. Sue lag weiterhin nackt neben ihm, doch ihr Kopf bewegte sich ein wenig. Sie öffnete ein Auge.
    »Du bist wach«, sagte Neal.
    »Ja. Geh jetzt. Muntere sie auf. Lüg, wenn es sein muss.«
    Neal nickte und erhob sich schwerfällig. Er war zittrig, ängstlich, beschämt.
    Marta wehzutun, ist das Letzte, was ich wollte.
    Aber du hast es getan, sagte er sich. Du hast sie zerstört. Man sieht es nicht, aber in ihr ist etwas zerbrochen.
    Er ging leise über den Flur zu ihrem Schlafzimmer. Die Tür war geschlossen. Er klopfte an.
    Und wartete.
    Gerade als er erneut klopfen wollte, sagte sie: »Komm rein.«
    Der Türknauf war feucht und rutschig in seiner verschwitzten Hand, doch er drehte ihn und drückte die Tür auf. Er trat ein und schloss die Tür vorsichtig hinter sich.
    Marta stand vor dem Wandschrank. Nachdem sie ihren blauen Blazer aufgehängt hatte, drehte sie sich um und sah ihm in die Augen. »Also«, sagte sie, »ich nehme an, das war Sue.« Sie klang nicht höhnisch oder wütend, sondern nur ein wenig atemlos und aufgewühlt.
    Sie weiß nicht, wie sie reagieren soll, dachte Neal.
    Oder versucht sie nur, nicht die Kontrolle zu verlieren?
    »Wir sind eingeschlafen, während wir uns unterhalten haben«, sagte Neal. Er atmete tief durch. »Es tut mir leid. Das Ganze.«
    Marta runzelte die Stirn. »Wieso sind deine Arme zerkratzt?«
    »Eine Frau.«
    »Sue?«
    »Nein. Es war ein kleines Missverständnis mit jemandem. Eine lange Geschichte.«
    »Tut es weh?«
    »Nicht besonders. Es verheilt langsam. Ist schon ein paar Nächte her.«
    »Du warst ganz schön umtriebig.«
    »Ich liebe dich immer noch, Marta.«
    Ohne Neal aus den Augen zu lassen, nickte sie kaum merklich. Sie löste das blaue und goldene Tuch um ihren Hals. Ihre Hände zitterten.
    »Sue ist ein schönes Mädchen«, sagte sie.
    Neal nickte. »Das bist du auch.«
    Sie zog einen Mundwinkel hoch. »Hast du sie nicht einen Kaugummi kauenden Hohlkopf genannt? Eine hirnlose Hinterwäldlerin?«
    »So ungefähr.«
    »Und jetzt bist du in sie verliebt.« Es war keine Frage.
    »Ich glaub schon«, gab er zu.
    Marta begann, ihre weiße Bluse aufzuknöpfen.
    Neal konnte kaum fassen, dass sie es vor ihm tat.
    »Und du hast mit ihr geschlafen.« Auch das war keine Frage.
    Er nickte und schluckte mühsam. »Sie hat das Kaugummikauen aufgegeben«, sagte er dann.
    Marta schien das nicht lustig zu finden. Sie öffnete den letzten Knopf.
    »Sie ist ein netter Mensch«, sagte Neal. »Ich meine … unter anderen Umständen … wenn du sie irgendwo zufällig getroffen hättest … würdest du sie mögen. Du könntest gar nicht anders.«
    »Ich verstehe, warum du sie magst.« Nicht einmal das klang höhnisch.
    Marta zog die Bluse aus, ging zum Wäschekorb in der Ecke und warf sie hinein. Mit dem Rücken zu Neal löste sie ihren BH. Sie ließ ihn in den Korb fallen.
    »Was ist mit mir?«, fragte sie, ohne sich umzudrehen. »Soll ich mich als … abserviert betrachten?«
    »Ich wünschte, du würdest es nicht tun.«
    »Du meinst, du … liebst uns beide?«
    »Sieht so aus«, sagte Neal.
    »Liebt Sue dich?«
    »Offenbar.«
    »Ich liebe dich auch. Das weißt du doch, oder?«
    »Sogar jetzt noch?«, fragte Neal.
    »Sogar jetzt noch. Ich glaube, ich hab den Verstand verloren.« Sie drehte sich um und kam langsam auf ihn zu. Ihre schwarzen Lederschuhe machten auf dem Teppichboden kein Geräusch. Ansonsten trug sie nur eine Strumpfhose und ihren glatten blauen Rock.
    Irgendwie wirkte sie so nackter, als wenn sie überhaupt nichts angehabt hätte.
    Ihre Augen sahen ein wenig verängstigt aus.
    »Du bist

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