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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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über dem Kopf zusammen. »Das wäre ja eine Sünde.« Er beredete sie so lange, bis sie sich endlich ein Herz fasste.
    »Los!«, herrschte er Susanna an. »Begleite deine Mutter!« Seine Schroffheit erschreckte sie. Susanna gehorchte und machte sich an der Seite ihrer Mutter auf den Weg hinüber zu den Wagen der Gaukler. Dort übertönte inzwischen Gefiedel und Gestampfe wie von Tanzschritten das Hundegebell und die Vogelschreie. Auch ein Brummeisen meinte Susanna herauszuhören. Jubel erhob sich, und die Leute hinter dem Sacktuch klatschten in die Hände. Die Menschentraube davor löste sich bereits auf.
    An Markständen, Händlern und kleinen Gruppen schwatzender Bürger vorbei näherten die beiden Frauen sich dem Spektakel. Das Gesicht der Mutter war bleich, und sie hatte es gar nicht eilig. Im Vorrübergehen betrachtete Susanna die Menschen auf dem Platz, blickte in ihre Gesichter, musterte ihre Kleider, hörte, wie sie palaverten, oder sah ihnen nach, wenn sie mit vollen Körben zu den Gassen eilten.
    Und wieder fiel es ihr auf, mehr noch als beim letzten Besuch in der Stadt: Heidelberg hatte sich verändert in den Monaten, seit der Kaiser die Reichsacht über den Kurfürsten verhängt hatte und seit Boten jede Woche neue und schlimmere Hiobsbotschaften aus der linksrheinischen Pfalz in die Stadt brachten. Neue Nachrichten von Krieg und Gräuel.
    Nicht die Häuser und Gassen, die Menschen hatten sich verändert – jedenfalls kam es Susanna so vor: Sie gingen hastiger als früher, sie senkten die Köpfe tiefer und zogen die Schultern höher. Auch lag etwas wie Anspannung in ihren Zügen, und sie schienen häufiger als früher nach links und rechts und hinter sich zu schauen.
    Es war, als würden Schatten herumschleichen, als würden unsichtbare Raubvögel tief über den Gassen und Köpfen kreisen.
    An einem der letzten Pferdewagen zwischen Kirche und Schaustellerstand erkannte sie einen der Onkel, den Tuchmacher. Er prüfte die Wolle, die ein Bauer in Säcken auf dem Wagen liegen hatte und zum Kauf anbot. Aus solcher Wolle webte er die Stoffe, die der andere Onkel färbte, die Susanna dann bestickte und die der Vater und die Gesellen zu Kleidern verarbeiteten.
    Die Mutter blieb stehen, um den Schwager zu begrüßen, und erst, als sie auf einmal an dem Onkel vorbeispähte und ihre gequälte Miene noch kantiger wurde, erkannte Susanna, welcher Schafzüchter da seine Wolle anbot: Der Bauer Hans Stein aus dem kleinen Dorf oben im Odenwald.
    Susannas Herz machte einen Sprung, denn seit Hannes’ letztem Brief kurz vor dem Osterfest hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Sie gab dem Bauern die Hand. Um nicht unhöflich zu erscheinen, musste die Mutter es notgedrungen ebenfalls tun.
    Zwischen vollen Obstkörben und ausgebreiteten Tierfellen und vor einem über Fässer gelegten Brett voller Schnapsflaschen, Marmeladengläsern und Schreinerarbeiten entdeckte Susanna nun auch Hannes’ älteren Bruder, den Moritz, und eine seinerSchwestern, die hübsche Monica – braungebrannt, sommersprossig, goldblond und mit sehr blauen Augen, wie die meisten ihrer Geschwister.
    Die erkannte sie gleich, kam zu ihr und schob sich dicht an ihre Seite. »Geh zum Friedrich«, flüsterte sie, »der hat etwas für dich.« Und schon huschte sie wieder zurück zwischen ihre Körbe und Felle.
    Susannas Blicke wanderten suchend über die Menschen rund um den Pferdewagen der Steins, doch nirgends entdeckte sie den jüngeren Bruder von Hannes. Monica merkte es und deutete mit einer Kopfbewegung hinüber zu den Wagen der Gaukler. Susanna wandte ihre suchenden Blicke dorthin. Noch immer hörte man die Violine und den Lärm von Tanzschritten hinter der wogenden Sacktuchwand.
    Die Mutter winkte bereits mit herrischer Geste, Bauer Stein und der Onkel hatten das unterbrochene Gespräch wieder aufgenommen. Susanna lief der Mutter hinterher. »Wenn der Mansfeld in der Oberpfalz den geharnischten Mönch nicht aufhält, wird der übers Jahr vor den Toren Heidelbergs stehen«, hörte sie im Vorrübergehen Hans Stein raunen; das ging ihr durch Mark und Bein. Doch dann erkannte sie den Blondschopf seines Sohnes Friedrich unter den Menschen am Eingang zur Schaustellerburg, und das Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals.
    Was sollte er wohl für sie haben, wenn nicht eine Nachricht von Hannes? Sie überholte die Mutter, drängte sich durch die Menge, bis sie den Friedrich beinahe berühren konnte. Der bemerkte sie nicht, stand auf den Zehenspitzen und spähte

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