Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
Griff. Er gehört zu einer kleinen Tür , die fast mit der Wand ve r schmilzt.
»Was ist das?« , sage ich. Die Tür öffnet sich knarrend und fast falle ich eine steile Wendeltreppe hinunter.
»Hier entlang!« , rufe ich. Felicity und Ann folgen mir und gemeinsam ziehen wir die schwere Tür hinter uns zu. Ich murmle ein lautloses Gebet , dass der hölzerne Riegel , mit dem wir sie versperrt haben , standhalten m ö ge.
»Schaut nicht nach unten« , sage ich , über den Rand des G e länders schielend. Anns Schuh ist gegen einen Stein gestoßen , der nun in die Tiefe poltert. Es dauert etliche Sekunden , bis man ihn unten auf dem Boden aufschlagen hört. Rasch , aber vorsichtig gehen wir die Stufen hinunter. Es ist wie ein A b stieg in die Hölle. Fackeln werfen ein unheimliches Licht an die feuchten , felsigen Wände. Endlich sind wir unten. Wir befinden uns in einem kreisrunden Raum , von dem fünf Tu n nel abgehen.
Tränenspuren vermischt mit Rotz ziehen sich über Anns Gesicht. Ihre Augen sind vor Angst weit aufgeri s sen. »Was nun?«
Das wütende Gekreisch der Klatschmohnkrieger dringt durch die Ritzen der verriegelten Tür. Sie bearbeiten sie e r barmungslos mit den Fäusten , bis das Holz mit ohrenbetä u bendem Krachen splittert.
»Wir müssen den Tunnel finden , der hinausführt.«
»Ja , aber welcher ist es?« , sagt Felicity. Die Fackeln an der Wand werfen flackernde Schatten in die unterirdischen Gä n ge. Fünf Tunnel. Und wir haben keine A h nung , was uns an ihrem Ende erwartet.
»Wir müssen uns trennen. Wir nehmen jede einen Tunnel.«
» Nein!« , jammert Ann.
»Schhh! Es ist die einzige Möglichkeit. Wenn es der fa l sche ist , kehren wir wieder um und kommen hierher zurück. Wer den richtigen findet , ruft laut.«
»Nein , ich kann nicht« , wimmert Ann.
»Wir bleiben zusammen , weißt du noch?« , sagt Felicity und erinnert mich an das Versprechen , das wir einander in meinem Zimmer in Spence gegeben haben. Das war erst vor zwei Wochen , aber es scheint eine Ewigkeit her zu sein.
»Also gut« , sage ich.
Ich nehme eine Fackel von der grausigen Wand und wir treten in den finsteren Schlund des ersten Tunnels. Die Fla m me erhellt nur die ersten paar Meter vor uns. Das Licht fällt auf Ratten , die um unsere Füße huschen , und ich muss einen Aufschrei unterdrücken. Wir tasten uns vorwärts , bis wir ein totes Ende erreichen.
»Der ist es nicht« , sage ich und mache kehrt.
Ein hohes Wehklagen hallt von den Wänden wider. Es prallt als Echo von den Gebeinen der Toten ab , jenem u n glücklichen Spielzeug der Klatschmohnkrieger. Ich würde alles dafür geben , um diesem grauenhaften Geräusch zu en t kommen. Die Tür oben an der Treppe ist zwar beschädigt , aber gottlob hält sie noch.
Die großen schwarzen Vögel , die wir draußen gesehen h a ben , umkreisen uns in den Katakomben. Einige haben sich a uf den Stufen niedergelassen. Andere flattern krächzend auf den Boden. Der zweite Tunnel erweist sich auch als Sackgasse. Als wir durch den dritten Tunnel gestolpert sind und das schwache Licht der Fackel wieder keinen Ausgang zeigt , schluchzt Ann hemmungslos vor sich hin.
Azreals Stimme dringt zu uns herunter. »Ich kann dich h ö ren , mein Täubchen. Ich weiß , welche du bist –du bist die Plumpe. Wie willst du mir weglaufen , mein süßes Knöche l chen?«
»Ann , hör auf zu heulen!« Felicity schüttelt Ann , aber es nützt nichts.
»Wir sind gefangen« , schluchzt sie. »Sie werden uns fa s sen. Wir werden hier sterben.«
Das Wehklagen der Klatschmohnkrieger hat sich in ein Knurren und Brüllen verwandelt , wie eine umgekeh r te Jagd , bei der die Tiere die Jäger in die Enge treiben.
»Wir werden den richtigen Weg finden« , sage ich b e stimmt und führe uns zurück zum Ausgangspunkt. Noch mehr Vögel sind in dem kreisrunden Raum gelandet. Die Luft ist schwarz von ihnen.
»Nur noch zwei Tunnel« , ruft Azreal. Wie kann er das wi s sen? Die Tür hält immer noch stand. Vielleicht führt ein and e rer Weg hierher , ein Weg , den nur sie kennen.
Mein Herz schlägt wild und ich furchte , ohnmächtig zu werden , als Felicity ruft: »Gemma , dein Amulett!«
Es glüht schwach unter dem Stoff meines Kleides.
Ann hört auf zu weinen. »Es will uns den Ausgang ze i gen.«
Lieber Gott , ja , einen Ausgang! Mit zitternden Fingern ze r re ich an meiner Halskette , aber sie hat sich am Spi t zenbesatz meines Kleides verhakt. Mit einem kräftigen Ruck reiße ich das Amulett
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