Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
auf mich zukommt. Simon ist im Nu neben ihr.
»Mutter , darf ich vorstellen , Mr John Doyle; seine Mutter , Mrs William Doyle; Mr Thomas Doyle; und Miss Gemma Doyle. Thomas ist ein Kommilitone aus meiner Zeit in Eton. Derzeit ist er medizinischer Assistent bei Dr. Smith am Bet h lehem-Hospital« , fügt Simon hinzu.
Seine Mutter ist sofort Feuer und Flamme. »Nein , was Sie nicht sagen! Dr. Smith ist ein alter Freund von mir. Sagen Sie , stimmt es , dass Sie einen Patienten haben , der einmal Parl a mentsmitglied war?« , fragt sie , in der Hoffnung auf ein bis s chen Klatsch und Tratsch.
»Madam , wenn wir alle Irren des Parlaments einsperren würden , hätten wir bald kein Parlament mehr« , scherzt Vater und vergisst , dass Simons Vater selbst ein Mitglied des Obe r hauses ist. Ich möchte im Boden versinken.
Überraschenderweise lacht Lady Denby darüber. »Oh , Mr Doyle! Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.« Die Atemluft entweicht in einem kleinen , hoffentlich unmerkl i chen Seufzer der Erleichterung aus meinem Körper.
Der Butler verkündet , dass jetzt das Abendessen serviert wird. Lady Denby schart ihre Gäste um sich wie ein General , der seine Truppen zum Gefecht zusammentrommelt. Ich ve r suche , mir alles in Erinnerung zu rufen , was uns Mrs Nigh t wing über Tischsitten beigebracht hat. Ich habe eine Heide n angst , irgendeinen schrecklichen Fauxpas zu begehen und meiner Familie bis in alle Ewi g keit Schande zu bereiten.
»Wollen wir?« Simon bietet mir seinen Arm und ich nehme ihn. Ich habe mich noch nie bei einem Mann u n tergehakt , der kein naher Verwandter von mir ist. Auf dem Weg ins Speis e zimmer halten wir einen respektvollen Abstand , aber das ä n dert nichts am wilden Klopfen meines Herzens.
Nach der Suppe gibt es Schweinebraten. Der Anblick eines Schweinskopfs mit einem Apfel im Maul fördert nicht gerade meinen Appetit. Während sich die anderen Gäste über Lan d sitze , Fuchsjagden und Personalprobl e me unterhalten , flüstert Simon: »Ich hab mir sagen la s sen , dass dieses Schwein ein sehr unleidlicher Zeitg e nosse war. Immer unzufrieden. Nie ein freundliches Wort für andere. Stattdessen hat es einmal eine junge Ente gebi s sen. Wenn ich Sie wäre , würde ich kein schlechtes G e wissen haben , es zu essen.«
Ich lächle. Lady Denbys Stimme zerbricht den Moment. »Miss Doyle , irgendetwas an Ihnen kommt mir bekannt vor.«
»Ich … ich war gestern Gast von Mrs Worthington in der Alexandra , um Miss Bradshaw singen zu hören.«
»Miss Bradshaw hat gesungen?« Tom ist entzückt über Anns sozialen Aufstieg. »Wie reizend.«
Meine Augen hängen an Lady Denby , die meint: »Ja , höchst merkwürdig , das Ganze. Mr Middleton« , sagt sie , sich an ihren Gatten wendend , »haben Sie je den Herzog von Chesterfield kennengelernt?«
»Das könnte ich nicht beschwören , es sei denn , er wäre ein Jäger.«
Lady Denby spitzt die Lippen , als grüble sie über etwas. Dann sagt sie: »Ich höre , Sie besuchen die Spence-Akademie für junge Damen?«
»Ja , Lady Denby« , antworte ich nervös.
»Wie gefällt es Ihnen dort?« , fragt sie und nimmt sich eine Portion Bratkartoffeln. Ich fühle mich wie ein Insekt im Brennpunkt eines Mikroskops.
»Es ist eine sehr angenehme Schule« , sage ich , ihrem Blick ausweichend.
»Sie hatte natürlich eine richtige englische Gouvernante , solange sie in Indien war« , wirft Großmama ein , wie immer ängstlich um gesellschaftliche Anerkennung b e sorgt. »Ich habe sie nur sehr ungern von zu Hause fortg e schickt , aber m an versicherte mir , dass Spence ein ausgezeichnetes Mä d chenpensionat sei.«
»Was denken Sie , Miss Doyle? Sind Sie der Meinung , ju n ge Damen sollten heutzutage in Latein und Griechisch unte r richtet werden?« , fragt Lady Denby.
Sie macht nicht einfach nur Konversation. Sie prüft mich , davon bin ich überzeugt. Ich hole tief Luft. »Ich glaube , Bi l dung zu erwerben ist für Töchter genauso wichtig wie für Söhne. Wie können wir sonst tüchtige Ehefrauen und Mütter werden?« Es ist die sicherste An t wort , die ich geben kann.
Lady Denby schenkt mir ein warmes Lächeln. »Ich stimme Ihnen zu , Miss Doyle. Was für ein vernünftiges Mädchen Sie sind.«
Ich stoße einen kleinen Seufzer der Erleichterung aus.
»Kein Wunder , dass mein Sohn von Ihnen bezaubert ist« , erklärt Lady Denby.
Eine heiße Röte steigt mir in die Wangen und es ist mir unmöglich , irgendjemanden anzuschauen. Ich muss
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