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Der Geheimtip

Der Geheimtip

Titel: Der Geheimtip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wurde es kälter und ziemlich unwirtlich. Es war das erste Mal, daß Egon in Bergen umherfuhr. So vieles passierte ihm hier zum ersten Mal. Aber Angst hatte er nicht wirklich, nur ein wenig sonderbar war ihm zumute. Doch das mochte auch die Liebe sein, jedenfalls rührte dieses angenehme Schwindelgefühl, das ihn erfüllte, bestimmt nicht nur von der Landschaft her.
    Als sich die Straße wieder etwas senkte, erblickte Egon auch die großen Lorbeerhaine. Picknickplätze waren dort angelegt, mit Bänken und Tischen.
    Leute gingen an steilen Abhängen mit Hacken und Schaufeln ihrem Tagewerk nach. Die Männer trugen just diese Klappohrmützen, wie Egon sie gekauft hatte. Frauen kreuzten die Straße und trugen Kiepen auf dem Kopf.
    An manchen Stellen besserten Arbeiter die Straße in Handarbeit aus. Es war, als wäre Egon ganz aus seinem Leben in Aberlingen herausgetreten in ein archaisches, einfaches, starkes neues Dasein.
    Zwischen hellgrauen Schönwetterwolken guckte die Sonne vor, malte Schattenhalden und ließ andere Flächen wie grünen Samt schimmern.
    Egon hatte seine Mission für ›Schraufa-A1‹ fast vergessen. Bald erreichte er die Nordküste mit São Vicente. Und was dann kam, übertraf alles, was sich Egon jemals an möglichen Abenteuern für einen Oberbuchhalter aus Aberlingen vorgestellt hatte!
    Die Straße war ganz schmal und schlängelte sich in engen Windungen an einem Abgrund entlang, an dessen Fuß das Meer klatschte und donnerte.
    Die Fahrbahn war so schmal, daß Egon es nicht für möglich hielt, daß sich darauf ein Auto der gehobenen Klasse hätte bewegen können. Er paßte doch gerade mit seinem kleinen Seat Panda hin und fühlte sich wie als Kind in der Geisterbahn, wenn sich die Fahrbahn scheinbar immer mehr verengte und man schon den Kopf einzog, bis einem der Sensenmann mit knochigen Fingern in die Haare fuhr. Hier war allerdings kein Knochengerüst aufmarschiert, dafür gab es andere Gruseleffekte.
    Aus den Bergen, die linkerhand steil zum Himmel hochragten, während rechts die Steilküste tief, tief hinabreichte, prasselten wahre Wasserfälle auf die Straße. Und da zwischen Fahrbahn und Wasser Egons Wagen mit dem offenen Verdeck vorbeikam, ergossen sich die Wassermassen frisch und kalt ins Wageninnere.
    Egon saß da wie der sprichwörtliche begossene Pudel. Er war pitschnaß, doch niemals hätte er hier aussteigen oder sonst irgend etwas unternehmen können. Das schöne Lavendeljackett!
    In seinen Ohren sauste es. Seine Handflächen wurden ganz glitschig. Sein Herz pochte wild. Er hatte Angst. Oh, er hatte Angst! Bautz, da war schon wieder ein Schwall Wasser, aber jetzt kam es auf etwas mehr oder weniger auch nicht mehr an.
    Unter dem mulmigen Gefühl hielt sich das Gefühl von Triumph und von einem nagelneuen Egon, von einem Egon, der beinahe seine alte Aberlinger Puppenhaut abgestreift hatte.
    Ja, es war ein Anflug von Schmetterling im neuen Egon Meier. Die Hauptsache ist ja, dachte also Schmetterling Meier, daß einem hier kein Auto entgegenkommt. Denn es gibt eben nur diese eine Fahrbahn.
    Vielleicht fahren die Autos in der anderen Richtung andersherum um den Berg.
    Wie sehr er sich getäuscht hatte mit dieser Annahme, merkte er drei Minuten später. Ein mit Touristen besetzter Bus kam ihm entgegen. Dessen Achtersteven ragte in der leichten Krümmung der Straße über den Abgrund hinaus. Lauter bleiche Gesichter starrten Egon entgegen.
    Na ja, er selber sah schließlich inzwischen auch ziemlich käsig aus. Er hielt erst einmal an. Doch zu seinem Entsetzen näherte sich nun ein unwahrscheinlich dicker, großer Lastwagen von hinten!
    Bus, Laster und Egon hielten urplötzlich an wie bei einem Filmriß. Der Busfahrer und der Brummifahrer wuchteten von ihren hohen Fahrersitzen und stellten sich dicht neben ihre Fahrzeuge. Egon blieb im Auto und machte sich womöglich noch kleiner. Vielleicht würden sie einfach über ihn hinwegdonnern?
    Die beiden Männer gestikulierten und schrien sich kurze Sätze zu. Sie rissen die Arme hoch, als wollten sie Gebete an eine überirdische Instanz richten. Sie rollten die Augen und schüttelten die Köpfe. Egon rechnete schon mit einer Massenschlägerei zwischen Businsassen und den beiden Brummifahrern.
    Doch auf einmal war alles geklärt. Egon wurde bedeutet, daß der Lastwagen und auch er in seinem Wägelchen jetzt zurücksetzen würden.
    Es kommt nun schon gar nicht mehr darauf an, dachte Egon, obwohl ihm eine eisige Hand den Rücken hinunterstrich. Und

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