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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Pergament und schüttelte wieder den Kopf. »David
gegen Goliath. Nur dass dieser Goliath mit einer Kanone, die Kugeln
von zweihundert Pfund Gewicht verschießt, auf den Jungen mit der
Steinschleuder zielt.«
»Sie sind auf dem Weg hierher«, entgegnete Andrej leise, aber sehr
bestimmt. »Daran gibt es gar keinen Zweifel. Die Befehle des Sultans sind eindeutig. Die Flottenliste, die ich mitgebracht habe, war
für den Sultan selbst bestimmt. Ich kenne ihn nicht, aber ich habe
viel über ihn gehört. Er wird nicht dulden, dass ihm eine Hand voll
Christen auf einem Felsen irgendwo im Meer noch länger Widerstand leistet. Er kann es sich auch nicht leisten, dass die Schiffe, die
ihm die Schätze Afrikas bringen sollen, immer wieder von uns aufgebracht und geplündert werden.«
La Valette sah ihn mit schräg gehaltenem Kopf an, als überlege er,
ob sich hinter Andrejs Worten ein verkappter Vorwurf verbarg.
Starkey räusperte sich gekünstelt. »Ich glaube, ich weiß, was der
Chevalier meint«, sagte er. »Der Umstand ist der, dass wir, die wir so
wenige sind, es wagen, ihn herauszufordern, der so viel mächtiger
ist. Er muss sich fragen, wer ihn als Nächster herausfordern wird,
wenn er nicht einmal einen so unbedeutenden Gegner wie uns besiegen kann.«
Er wandte sich direkt an La Valette. »Muss ich Euch daran erinnern, dass er seinen eigenen Sohn hat töten lassen, nur auf einen bloßen Verdacht hin? Er ist ein alter Mann. Er denkt die Gedanken alter
Männer. In seinem Hirn gären Wahnvorstellungen von Intrigen und
Revolten. Er…«
»Erzählt mir nichts von den Gedanken alter Männer«, unterbrach
ihn La Valette kühl.
Für einige Augenblicke senkte sich ein unangenehmes Schweigen
auf den Saal mit seinen verblichenen Trophäen herab. Dann fuhr
Starkey mit leiser Stimme fort: »Suleiman, Sultan der Osmanen, Allahs Stellvertreter auf Erden, Herr der Herren dieser Welt, Herrscher
über Menschen, Könige, Gläubige und Ungläubige, König der Könige, Kaiser des Ostens und Westens, Gebieter der großmächtigen
Khane, Fürst und Herr unter glücklichen Sternen, majestätischer Cäsar, Siegel des Sieges, Zuflucht aller Menschen auf der ganzen Welt,
Schatten des Allmächtigen, der Frieden auf Erden spendet.« Er
seufzte so tief, als hätte er soeben ein schweres Gewicht eine steile
Treppe hinauftragen müssen, und setzte einen dazu passenden Gesichtsausdruck auf. »Was für ein Titel, in der Tat. Ganz davon abgesehen, dass eine Audienz bei ihm endlos dauern muss und seine
Schreiber vermutlich die Hälfte des Staatshaushaltes aufwenden, um
die Tinte zu bezahlen, die nötig ist, um die korrekte Anrede zu
schreiben - ich glaube, ich könnte nicht mehr gut schlafen, wenn ich
eine solche Last mit mir herumtragen müsste.«
»Dann sollten wir uns nach Kräften bemühen, seine Last nicht noch
schwerer werden zu lassen, und ihm nicht dazu verhelfen, sich auch Bezwinger des Johanniterordens und Herrscher von Malta nennen
zu müssen.« La Valette stieß ein trockenes Lachen aus, wurde aber
gleich wieder sehr ernst. »Wie viele Truppen haben wir auf Malta?«
Der Sekretär kramte kurz in den Papieren, die vor ihm auf dem
Tisch lagen, verglich ein paar Pergamente mit Zahlenkolonnen und
strich sich dabei mit seinem Gänsekiel nachdenklich übers Kinn. Er
sah aus, als benutze er ihn, um darauf herumzukauen, wenn er nicht
damit schrieb. Sein Gesicht nahm langsam einen besorgten Ausdruck
an, obwohl Andrej sicher war, dass er die Zahlen, die ihm die Pergamente verrieten, schon vorher genauestens im Kopf gehabt hatte.
»Zurzeit befinden sich exakt fünfhunderteinundvierzig Ritter und
Waffenknechte auf der Insel«, antwortete er. »Die Kapitäne der Ordenshäuser und die anderen Kleriker habe ich nicht mitgerechnet.
Außerdem verfügen wir über fünfhundert Galeerensklaven und tausend weitere Sklaven als Arbeitskräfte. Wenn wir die Magazine
plündern, können wir drei- bis viertausend Malteser bewaffnen.«
»Bauern und Fischer?«, fragte La Valette zweifelnd.
Starkey hob die Schultern. »Sie sind natürlich keine Soldaten, aber
sie wissen, dass sie von den Muselmanen keine Gnade zu erwarten
haben, und werden kämpfen. Wenn schon nicht aus Treue zu uns,
dann aus Furcht, und…«
»Zahlen, Sir Starkey, ich wollte nur ein paar Zahlen von Euch hören, keinen philosophischen Vortrag«, unterbrach ihn La Valette
seufzend.
Starkey runzelte beleidigt die Stirn und fuhr in verändertem Ton
und mit einem

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