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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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besiegt. Ihr alle habt gesehen, wie viele Schiffe des Sultans sie in den letzten Jahren als Beute in den Hafen geschleppt haben und wie selten eine von ihren Galeeren nicht wiedergekommen
ist. Deshalb werde ich tun, was dieser Ritter sagt. Wollt ihr euch weiter feige vor den Türken verstecken oder wollt ihr um eure Freiheit
und euer Leben kämpfen? Wenn du nicht genug Mumm dazu hast,
Gregono, dann nimm dein Boot und bring dich in Sicherheit, bis alles
vorbei ist!«
»Du nennst mich einen Feigling?« Die Hand des Blonden fuhr zu
seinem Gürtel, aus dem der abgewetzte Holzgriff eines Messers ragte. »Wenn du kein Kind wärst, dann…«
»Genug jetzt!«, sagte Andrej scharf. »Dieser Junge hat Recht. Wer
von euch gehen will, der soll es tun. Jetzt.«
Der Blonde starrte Pedro noch einen nicht enden wollenden Moment lang aus Augen an, in denen die blanke Mordlust loderte. Was
ihn davon abhielt, diesem Gefühl nachzugeben, war mit Sicherheit
nicht der Umstand, dass Pedro ein Knabe und somit kein Gegner für
ihn war, sondern einzig Abu Dun, der mit lässig vor der Brust verschränkten Armen hinter dem Jungen stand. Schließlich drehte der
Aufwiegler sich widerwillig um und funkelte Andrej trotzig an. »Wir
sind keine Feiglinge«, sagte er. »Wenn Ihr kein Ritter wärt…«
»Lasst Euch nicht von meinem Mantel oder meinem Rang abhalten«, sagte Andrej freundlich. Er machte eine entsprechende Bewegung zu den beiden Johannitern hinter sich. »Wenn du mich herausfordern willst - nur zu. Diese Männer werden weder eingreifen, noch
wird dir irgendetwas geschehen, falls du mich verletzt oder gar besiegst. Aber dazu musst du erst einmal mit mir kämpfen.« Er spürte,
dass der andere ihn nicht angreifen würde. Gregorios Aufsässigkeit
und Zorn waren in Wahrheit nichts anderes als Angst. Der Mann
hatte sich mit seinen vorwitzigen Worten in eine Situation hineinmanövriert, aus der er nun nicht mehr hinauskonnte, ohne das Gesicht
zu verlieren oder auch den einen oder anderen Körperteil. Was sollte
er tun? Sich an einem Jungen vergreifen, der ihm nicht gewachsen
war, oder sich einem Mann stellen, gegen den er nicht die Spur einer
Chance hatte, obwohl er ein gutes Stück größer und auch muskulöser
als Andrej war? Andrej begriff, dass er sich gerade einen Feind gemacht hatte. Nicht dass es darauf noch ankäme.
Er trat einen Schritt zurück, hob die Arme und fuhr mit erhobener
Stimme an die übrigen Männer gewandt fort: »Als ich euch vorhin
gefragt habe, wer schon einmal eine Pulverwaffe abgefeuert hat, habe ich ganz vergessen nachzufragen, wer dabei auch sein Ziel getroffen hat.«
Einen halben Atemzug lang blieb es vollkommen still. Dann begann jemand leise zu lachen und Andrej konnte spüren, wie sich die
Spannung auflöste. Selbst der Blonde lächelte schief, ließ die Schultern ein wenig sinken und trat wieder zurück - und wie durch Zufall
auch ein paar Schritte zur Seite, sodass er nun nicht mehr unmittelbar
vor Abu Dun stand. Andrej warf Abu Dun einen flüchtigen Blick zu,
der ihm bedeutete, auf Pedro zu achten, bevor er sich wieder an die
übrigen Männer wandte. Die wenigen Schützen, die sich zuvor gemeldet hatten, traten noch einmal einen Schritt vor. Einige ihrer Kameraden sparten jedoch nicht mit spöttischen Bemerkungen über ihre
Treffsicherheit.
»Seht ihr die Männer dort auf den Schanzen beim Stadttor?« Er
deutete auf die fernen Befestigungsanlagen. Entlang der Wälle funkelten polierte Waffen und Rüstungen im blassen Sonnenlicht. Auf
Befehl des Großmeisters hin waren seit diesem Morgen die Wachen
am Tor verdreifacht worden, was die Männer aus dem Dorf aber
noch nicht wissen konnten.
»Dort drüben stehen etliche meiner Brüder, um euch bei den
Schießübungen zu beobachten und mir mein Geld aus der Tasche zu
ziehen, falls mein Vertrauen in euch zu groß gewesen sein sollte. Sie
sind fest davon überzeugt, dass hier nur ein Haufen Bauerntölpel
steht. Warum beweist ihr ihnen nicht das Gegenteil?«
Niemand rührte sich. Andrej trat auf Pedro zu, nahm ihm die Waffe
aus der Hand und betrachtete sie eingehend. »Ein gutes Stück Handarbeit«, lobte er. »Mit einem spanischen Schnapphahnschloss… Aber
schießt diese Muskete weiter, nur weil du einen Feuerstein statt einer
Lunte benutzt, um das Pulver auf der Pfanne zu zünden?«
Pedro sah ihn verständnislos an. Andrej reichte ihm die Waffe zurück und fuhr mit etwas lauterer Stimme fort: »Diese Waffe vermag
einen ungeschützten

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