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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hast du gegen Rosen?«
    »Die Rosen bleiben! Auf den Stoff sind ja nur, wie üblich, die Blüten aufgedruckt. Aber die werde ich ergänzen. Ich versehe sie mit dornigen Stengeln. Das macht mir keine Schwierigkeiten, ich bin ja, wiederhole ich, Grafikerin. Auf die Dornen kommt's an. Denen wohnt mehr Symbolkraft inne als deinen ganzen Rührmichnichtan. Verstehst du mich, Heinrich?«
    »Lucia, mach' mich nicht verrückt, ich bitte dich!«
    Robert blickte besorgt drein. Es war Lucia gelungen, ihn ganz schön ins Bockshorn zu jagen. Und das gefiel ihr.
    Nichts lag Robert ferner, als seine Freundin wirklich zu verletzen. Mein Witz, dachte er, ist ihr in die falsche Kehle geraten. Morgen kaufe ich ihr etwas Hübsches, um die Sache auszubügeln.
    Er macht sich Sorgen, ich seh's ihm an, sagte sich Lucia im stillen. Bin ich zu weit gegangen? Dann muß ich aber rasch wieder das Steuer herumwerfen.
    Und sie fiel ihm plötzlich um den Hals. Die Wölkchen hatten sich verzogen, alles war wieder gut.
    Nach stürmischem Austausch einiger Küsse setzten sie ihre Wanderung durch Wälder und Gestrüpp, über Wiesen und Felder fort, bis Lucia auf einer kleinen, sonnenüberfluteten Lichtung ins Gras sank, laut ›Uff‹ stöhnte und zu Robert emporblickte.
    »Soll das ein körperlicher Zusammenbruch sein?« fragte er sie grinsend.
    »Ein moralischer nicht«, erwiderte sie.
    Er setzte sich neben sie.
    »Ich bin der Ansicht«, fuhr sie fort, »daß nach einer solchen Tour selbst ein Marathonläufer das Recht hat, eine Verschnaufpause einzulegen.«
    »Du bist also knockout?«
    »Du nicht?«
    »Ich könnte noch bis Rom laufen.«
    »Heinrich«, alberte sie, »wie hast du dir verändert.«
    »Dieses Thema hatten wir heute schon einmal.«
    »Warum ausgerechnet nach Rom?«
    »Weil alle Wege dorthin führen. So heißt es doch.«
    »Ein besonderer Grund bestünde also nicht?«
    »Nein, wieso?«
    Lucia ließ sich hintenüber ins Gras fallen.
    »Rooom«, seufzte sie langgezogen; die Sehnsucht sprach aus ihr. »Ach, wie oft habe ich von dieser Stadt schon geträumt! Wie gerne würde ich sie sehen!«
    »Sie ist fantastisch.«
    »Kennst du sie?«
    »Ja, ich war schon zweimal da.«
    Sie schaute ihn von unten bewundernd und liebevoll zugleich an. Er saß über sie gebeugt, lag noch nicht neben ihr und erwiderte ihren Blick von oben.
    »Du hast schon viel gesehen«, sagte sie. »Das kostet Geld. Bist du reich?«
    »Das, was ich reich nenne, bin ich noch lange nicht.«
    »Aber du verdienst gut?«
    »Nicht schlecht, will ich einmal sagen.«
    »Mit was?«
    »Mit meiner Arbeit.«
    »Also mit dem Komponieren?«
    So saß er denn wieder einmal in der Falle, und es blieb ihm keine andere Antwort übrig als die: »Ja.«
    »Merkwürdig«, wunderte sie sich.
    »Was ist merkwürdig?«
    »Daß man so wenig von dir spielt.«
    Wenig? dachte er. Gar nichts! müßtest du sagen.
    »Ich habe noch nie etwas von dir im Radio gehört«, setzte sie aber auch schon hinzu.
    Die erste Lüge von ihm gebar wieder einmal die zweite, machte sie notwendig.
    »Die bringen doch nur Dreck«, meinte er wegwerfend. »Schlager, leichtes Zeug. Darin ertrinken sie. Gute Musik, ernste, findest du nur im Konzertsaal.«
    Plötzlich raschelte es hinter ihnen im Gebüsch. Sie fuhren beide zusammen und blickten sich um. Ein Mann trat aus dem Wald, ein Mann mit lächelnder Miene, Hut und einer Kamera.
    »Gott zum Gruße!« rief er, sein Haupt, das fast kahl war, entblößend. »Habe ich ein Liebespaar gestört?«
    Robert blinzelte Lucia zu, und diese blinzelte zurück.
    »Ja«, sagte Robert, den der Teufel ritt, »wir sind durchaus ein Liebespaar, wenn wir auch schon verheiratet sind. Hoffentlich können Sie sich vorstellen, daß beides zusammen heutzutage noch möglich ist.«
    »Jaja«, steuerte Lucia, die plötzlich auch der Teufel ritt, das Ihre dazu bei, »wir befinden uns auf unserer Hochzeitsreise.«
    Der fremde Mann strahlte über das ganze Gesicht.
    »Auf Ihrer Hochzeitsreise?« rief er. »Ein neuvermähltes Paar?«
    Robert und Lucia nickten gemeinsam.
    »Und da haben Sie sich als Ziel die Gegend hier ausgesucht?« fuhr der Kahlkopf fort und fingerte an seinem Fotoapparat herum.
    Wieder nickten Robert und Lucia und lachten einander an. Den führen wir ganz schön an der Nase herum dachte jeder von ihnen.
    Der Wissensdurst des Fremden war noch lange nicht gestillt.
    »Woher kommen Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Aus Rom«, antwortete Robert.
    »Vorher waren wir in Florenz«, ergänzte

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