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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch nackt waren.
    »Nicht hier«, antwortete er. »Wir brauchen unsere Sachen.«
    Sie waren ein ganz schönes Stück abgetrieben worden und liefen zurück zu ihrem Inselchen, wo alles angefangen hatte. Von weitem sahen sie eine Bachstelze, die sich auf Roberts Hose niedergelassen hatte und Lucias Vergißmeinnicht-Höschen beäugte. Dieses lag in unmittelbarer Nachbarschaft der Hose. Aber der BH war verschwunden, und er wurde auch, um das gleich zu sagen, nie mehr gefunden.
    »Wie gibt's denn das?« wunderte sich Lucia, nachdem sie den ganzen Platz vergeblich abgesucht hatte. »Es muß jemand hier gewesen sein.«
    Robert war nicht dieser Meinung.
    »Dann hätte der Betreffende alles mitgenommen«, sagte er. »Zumindest noch dein Höschen. Es gibt solche Fetischisten.«
    »Aber mein BH, wer hat den?«
    »Eine Elster.«
    »Eine Elster?«
    Robert lachte.
    »Natürlich nicht. Das Ding wäre zu große für eine Elster. Es könnte aber z.B. von einer Bisamratte, ein sich während unserer Abwesenheit auf dem Baumstamm herumgetrieben hat, ins Wasser gestoßen worden sein. Das wäre durchaus möglich.«
    Lucia war entsetzt.
    »Was sagst du da? Hier gibt's Ratten?«
    »Bisamratten.«
    »Ist doch egal.« Lucia blickte angewidert um sich. »Warum wußte ich das nicht früher?«
    »Bisamratten gibt's an jedem Wasser, das mußt du dir merken.«
    Für Lucia war das ganze Inselchen mit seiner noch vor kurzem so hochgepriesenen Pracht erledigt. Sie zog sich rasch an, ohne den BH natürlich, was bei ihr jedoch kein Manko bedeutete. Als sie in ihre Schuhe schlüpfte, verspürte sie keinerlei Bedauern, von hier scheiden zu müssen. So schnell ging das aber nicht, denn Roberts Verletzungen mußten noch, wie geplant, der Sonne ausgesetzt werden. Vorher konnte er seine Hose nicht über die Beine ziehen, wenn er vermeiden wollte, daß sie mit Blut besudelt wurde. Lucia wurde dadurch noch ein Weilchen am Wasser, dem Lebensraum der Bisamratten, festgehalten. Die Tierchen gingen ihr nicht so schnell aus dem Kopf.
    »Wozu gibt's die überhaupt?« raunzte sie.
    »Das könnte man bei vielen Lebewesen fragen«, erwiderte Robert. »Auch bei zweibeinigen.«
    »Ach, hör doch auf, wozu gibt's Bisamratten, will ich wissen.«
    »Das dürftest du als Frau nicht fragen.«
    »Wieso nicht?«
    »Denk an eure Pelzmantel.«
    Geschlagen verstummte Lucia für kurze Zeit, sagte aber dann doch: »Ich besitze keinen.«
    »Noch besitzt du keinen«, entgegnete Robert trocken. »Aber warte nur, wenn du einmal über das nötige Geld verfügst.«
    Lucia öffnete den Mund erst wieder, als sie aufbrachen und Robert seufzend gesagte hatte: »Wohler wär mir, wenn wir schon zu Hause wären.«
    »Solche Beschwerden hast du noch?«
    »Gegen die Sänfte des Papstes, die mir in dieser Minute zur Verfügung gestellt würde, hätte ich nichts einzuwenden.«
    Lucias Mitleid mit ihm war groß, und das tat ihm, wie allen Männern, wohl; er badete sich seelisch darin. Männer wollen von Frauen bemitleidet werden, das fing schon an bei Adam, der den Hinauswurf aus dem Paradies sich selbst zuschrieb, nachdem ihm Eva ihr Mitleid wegen seines Loses nicht versagt und ihn damit ganz plemplem gemacht hatte.
    Lucia nötigte Robert unterwegs immer wieder zu kleinen Pausen, die er einlegen mußte und auch gerne einlegte. An einem Tümpel fiel die Rast dann etwas länger aus. Robert schlug vor, sich ans Ufer zu setzen. Lucia äußerte Bedenken. Von Wasser hatte sie einstweilen genug, aus zweierlei Gründen; der erste war Roberts Unfall; der zweite …
    »Immer noch Angst vor Bisamratten?« verspottete er sie.
    »Gibt's hier auch welche?«
    »Riesige, so große wie Bernhardiner.«
    »Du machst dich lustig über mich.«
    Er wurde ernst, als er ihre echte Angst sah.
    »Lucia«, sagte er vernünftig, »dazu ist die Pfütze hier viel zu klein. Was es in ihr gibt, sieh doch, sind Wasserspinnen, die einander bekämpfen …«
    »… sieh doch«, sagte er noch einmal, mit dem Zeigefinger auf die Tümpeloberfläche in Ufernähe weisend, wo ein erbittertes Duell gerade seinen Anfang genommen hatte.
    Zwei große Wasserspinnen waren die Kontrahentinnen. Wütend gingen sie aufeinander los. Ihre langen Beine ruderten hin und her, verschlangen sich ineinander, rissen und drückten und stießen nach dem Leib der jeweiligen Gegnerin.
    Robert, den die Natur in fast jeder ihrer Formen fesseln konnte, schaute gebannt zu. Er vergaß alles andere.
    »Was steckt dahinter?« sagte er zu Lucia, um auch ihr Interesse

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