Der Gentleman
Sie sind Verleger.«
»Ja.«
»Musikverleger?«
»Klar«, nickte Willers, nachdem er einen Blick auf Sorant geworfen und sich aus dessen Gesicht die Antwort geholt hatte.
Lucia reichte ihm die Hand.
»Auf Wiedersehen.«
Zu Robert sagte sie: »Ich warte also auf dich.«
Dann ging sie. Die beiden Männer blickten ihr nach und fanden im stillen gemeinsam ihre Beine entschieden zu toll für dieses Nest Altenbach. Als sie außer Hörweite war, fiel Dr. Willers über Sorant her: »Was war das für ein Irrsinn?«
»Laß uns erst einen kippen«, erwiderte Robert und zog den anderen mit sich fort zum Hoteleingang.
Als sie den ersten Cognac getrunken hatten, wiederholte aber Willers: »Was war das für ein Irrsinn?«
Und er setzte, da Robert fürs erste nur grinste, hinzu: »Das will ich jetzt wissen. Wer ist Robs? Wer ist Heinrich? Wer ist Musikverleger? Wer hat heute schon getrunken – du oder ich?«
»Eins nach dem andern«, antwortete Robert nun. »Du mußt mir aber vorher versprechen, daß du das, was du jetzt von mir erfährst, in Köln nicht herumtrompetest …«
»Hast du je schon eine solche Erfahrung mit mir gemacht? Bin ich dein Freund oder nicht?«
»Mein Freund bist du«, erwiderte Robert trocken, »weil du an meinen Büchern ganz schön verdienst. In solchen Fällen pflegen sich die Verleger mit ihren Autoren zu duzen – anders nicht! Darüber mache ich mir keine Illusionen.«
»Robert, du –«
»›Heinrich‹, wenn ich bitten darf, damit du in der Übung bleibst.«
»Womit wir wieder beim Thema wären. Wieso ›Heinrich‹? Was soll der Quatsch? Wieso ›Robs‹? Und so weiter …«
»›Heinrich Robs‹, das bin ich. Der Name ist eine Maske, die ich mir angelegt habe.«
»Und aus welchem Grund?«
»Ich wollte inkognito bleiben, dazu hatte ich meine Gründe. Mein richtiger Name wäre mir in einem entscheidenden Augenblick hier sozusagen im Weg gestanden. Und dann hat sich alles weiterentwickelt. Inzwischen bin ich darüber längst nicht mehr sehr glücklich, aber es ist schwierig, aus der Sache wieder herauszukommen.«
»Gehört zu dieser ›Sache‹ auch, daß ich Musikverleger zu sein habe?«
»Ja.«
»Und wieso?«
»Weil ein Komponist einen Musikverleger und keinen Buchverleger braucht.«
»Von welchem Komponisten sprichst du?«
»Von mir.«
»Auch das noch!« stöhnte Dr. Willers. »Du trittst also hier als Komponist auf – wenn ich dich recht verstanden habe: als Komponist Heinrich Robs?«
»Oder Heinz Robs.«
»Ich werd' noch verrückt, sage ich dir!«
»Ich habe dir doch erklärt, das gehört alles zu dieser ›Sache‹, die sich so entwickelt hat.«
Dr. Willers besaß Lebenserfahrung genug, um zu erraten, worauf der ganze Irrsinn zurückzuführen war.
»Da steckt doch eine Frau dahinter«, sagte er.
Und er fuhr, nachdem Sorant genickt hatte, fort: »Ich wette meinen Kopf, diese Jürgens.«
»Gefällt sie dir?«
»Ein bißchen jung ist sie, finde ich.«
»Na und? Seit wann ist das ein Fehler?«
»Ihre Beine sind jedenfalls Spitze.«
»Nicht nur die Beine.«
»Du wirst sie in ihrer Gänze besser kennen als ich.«
»Sicher.«
»Du schläfst ja mit ihr.«
Das kam Robert zu direkt.
»Nein!« log er spontan, ehe er sich darüber im klarer war, wie komisch das wirken mußte.
Und Willers lachte ihn prompt auch aus.
»Natürlich tue ich das«, korrigierte sich Robert deshalb rasch.
Für Willers hörte damit der Spaß auf.
»Und was ist mit deiner Frau?« fragte er Vorwurfsvoll.
»Mit Möpschen?«
»Ja, mit Möpschen, wie du sie nennst. Was ist mit der?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Was mit ihr sein soll? Du betrügst sie doch!«
»Davon weiß sie nichts.«
»Aha, davon weiß sie nichts.« Willers gab dem Kellner ein Zeichen, das Glas zu füllen, und setzte hinzu: »Damit ist der Fall für dich erledigt, nicht?«
»Nein, das will ich nicht sagen, aber …«
Robert verstummte.
»… aber«, fuhr er mit einem Ruck fort, »du bist doch selbst geschieden. Schuldig, wie wir alle wissen. Weil du deine Frau betrogen hast. Warum spielst du dich also hier als Sittenrichter so auf?«
Der Dicke wartete, bis seine Bestellung vom Kellner erledigt war, dann erwiderte er: »Das kann ich dir sagen: Weil das mein größter Fehler war. Ich hatte eine prima Frau. Unsere Ehe hätte nicht besser sein können. Unsere Kinder waren in Ordnung. Sie liebten mich. Das alles habe ich mir verdorben, ich Idiot. Frau und Kinder erwarten heute nur noch meine Unterhaltszahlungen. Ich
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