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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Connor.
    »Einige davon. Sind alle verkauft. Gekühltes, erstklassiges Rindfleisch für die Hotels.«
    Unter den salopp gekleideten Passagieren, die nach Georgetown zurückfliegen wollten, stachen zwei Männer in Anzügen, grellbunten Krawatten und dunklen Sonnenbrillen hervor, mit kleinen, aber teuer aussehenden Aktenkoffern in der Hand. Connor sah Madi an und zog fragend die Augenbrauen hoch. Joseph bemerkte den Blick und grinste. »Brasilianer. Bringen vermutlich Gold und illegales Geld nach Georgetown.«
    »Brasilien ist also irgendwo da drüben?«
    »Boa Vista liegt nur eine Autostunde entfernt. Eine große Stadt, gleich hinter der brasilianischen Grenze. Meine Frau fährt gern zum Einkaufen hin. Da drüben ist viel los. Hier ist es eher verschlafen, außer wenn wir an Ostern das große Rodeo haben. Das ist allerdings wirklich sehenswert.«
    Das Flugzeug holperte zum Start auf die Sandpiste zurück.
    »Kommen Sie, lassen Sie uns was Kühles trinken«, grinste Joseph. »Und nehmen Sie ein bisschen Lokalkolorit auf.«
    Nachdem sie auf kuhfellbezogenen Barhockern im mit Maschendraht abgetrennten Anbau des Gemischtwarenladens Platz genommen hatten, lernten sie Josephs Frau Christine kennen und einen weiteren Einwohner, der sich als »Geschäftsmann« bezeichnete. Aufgrund seiner alten Shorts, des schmuddeligen T-Shirts und der mit Bindfaden reparierten Sandalen tat Madi ihn als Schnapsbruder ab, der hier den Tag vertrödelte. Erst später erfuhr sie, dass der dickliche, verlotterte Kerl an der Bar einer der reichsten Rinderbarone des Südwestens war.
     
    Sie verbrachten die Nacht als Gäste von Joseph und Christine und verabschiedeten sich winkend von ihrer Gastgeberin, als sie eine Stunde nach Sonnenaufgang abfuhren. Joseph fuhr sie durch weites, grünes Weideland, hier und da tauchten eine Versorgungshütte, ein paar Viehgehege und grasende Herden auf.
    Die Landschaft hatte etwas an sich, das Madi an den australischen Busch erinnerte. Seltsam, dachte sie, dass eine Rinderherde ihr Heimweh verursachen sollte. Aber ein Blick auf den Mann, der hinter den Rindern herritt, ließ das heimatliche Bild zersplittern. Das Pferd war kurzbeinig und untersetzt, und der Reiter trug lederne Beinschützer. Der Sattel war hinten erhöht und mit Silber verziert, das im Sonnenlicht glitzerte, der Reiter saß zurückgelehnt mit ausgestreckten Beinen, einen verwegen auf der Seite hochgeschlagenen Strohhut auf dem Kopf.
    »Die Vaqueros … Cowboys, das sind gute Reiter«, sagte Joseph. »Aber ich habe gesehen, wie Kate den meisten von ihnen beim Viehtrieb davongeritten ist.«
    »Erzählen Sie uns von ihr.«
    »Kates Großvater hat Caraboo gegründet. Er war ein englischer Prospektor, der sich dann auf die Viehzucht verlegte. Seine Frau hat es gehasst, sie ging nach England zurück und ließ ihn mit seinem kleinen Sohn allein, worauf sich der alte Mann mit einer Indiofrau zusammentat. Mit ihr gründete er eine große Familie, und alle Familienmitglieder arbeiteten für ihn, ihre Nachkommen leben immer noch hier. Die Geschichten über Kates Großvater sind legendär. Ihr Vater heiratete eine Engländerin, und sie lebten in Caraboo, verbrachten aber auch viele Jahre in England. Kate ging dort auf eine gute Schule und lebte längere Zeit in London. Offenbar verkehrte sie in höchsten Kreisen. Sie hat nie geheiratet und kam hierher zurück, als ihre Eltern starben.«
    »Warum ist sie zurückgekommen?«
    »Fragen Sie sie selbst. Weil sich sonst niemand um Caraboo gekümmert hätte, nehme ich an.«
    »Wie ist sie so … als Mensch?«, fragte Madi.
    »Sie ist über sechzig, aber stark wie ein Ochse. Sie reitet immer noch mit den Vaqueros, und vor ein paar Monaten, als ihr Auto kaputtging, musste sie vierundzwanzig Kilometer in der Dunkelheit zurückwandern, einen Teil davon durch überflutetes Gelände. Es dauerte Stunden, bis sie auf ein menschliches Wesen traf. Jeder hier kann Geschichten über Kate erzählen.«
    »Klingt nach einer beeindruckenden Frau«, meinte Connor.
    »Sie ist zäh wie Rohleder, hat aber eine sanfte Seele. Eine äußerst smarte Lady. Ich weiß manchmal nicht so genau, wovon sie spricht, wenn sie mir mit Poesie und solchem Kram kommt.«
    »Wir freuen uns schon darauf, sie kennen zu lernen«, sagte Connor und fügte dann um Madis willen hinzu: »Lester hatte anscheinend Recht. Sie ist eine lebende Legende.«
     
    Eine Weile fuhren sie schweigend weiter. Madi genoss die Landschaft, während Connor unruhig auf dem

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