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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Manche sind richtig wilde Männer, kommen nich viel aus'm Dschungel raus. Treffen sich in den Camps, und die Käufer fliegen hin. Ich hab selbst 'n bisschen nach Gold geschürft. Hab Malaria gekriegt, drum arbeite ich in der Stadt, bis es mir besser geht. Dann zieh ich wieder los. Der Dschungel ruft mich. Bin gern im Wald und auf'm Fluss. Und ich hoff, ich mach 'n großen Fund, dann kann ich Denzil, meinen Jungen, auf 'ne gute Schule schicken. So, hier is der Bücherladen, nach was tun Sie denn suchen?«
    »Vielleicht nach einem oder zwei Büchern über Guyana. Und ich brauche Karten. Eine von der Stadt und eine vom Landesinneren. Wer weiß, vielleicht gehe ich auf Entdeckungsfahrt. Alle sagen mir dauernd, wie schön das Landesinnere ist.«
    »Aber da kommt man nich so leicht hin. Besonders Frauen. Glaub nich, dass es hier so Karten gibt, wie Sie wollen.«
    Die Buchhandlung war nach australischen Maßstäben nur ein kleiner Laden, und es gab nur wenige Bücher, die nicht von südamerikanischen oder nordamerikanischen Themen handelten. Madi sah voller Interesse, dass eine erstaunliche Auswahl hier verlegter Gedichtbände und Romane karibischer Autoren vorhanden war. Sie wählte zwei Romane von Roy Heath und V. S. Naipaul aus. Daneben stand ein Buch von Shiva Naipaul. Sie schlug es irgendwo auf, und ihr Blick fiel auf seine Beschreibung eines kaum verschleierten fiktiven Landes, das er Cuyama nannte
»… ein bastardisiertes Gespenst menschlicher Wesen, das in einem bastardisierten Geisterland lebt …«
Traf das auch auf das heutige Guyana zu?
    Sie ging zu dem auf einem Hocker am Eingang sitzenden Jungen und fragte ihn, ob es hier auch Landkarten gäbe. Er verwies sie an ein Mädchen hinter dem Ladentisch, das Madi nur verständnislos ansah. Also wandte sie sich an ein anderes Mädchen, das an einem Ständer mit Schulsachen lehnte, und wiederholte die Frage. Das Mädchen schüttelte langsam den Kopf, als sei das, was Madi da haben wollte, völlig ungewöhnlich. »Dann nehme ich nur diese drei Bücher.« Madison hielt ihr die drei Romane hin und wurde sofort wieder zu dem Mädchen hinter dem Ladentisch geschickt. Die notierte dann mühselig jeden Autor und Titel in voller Länge, bevor sie die Preise daneben schrieb. Dann gab sie Madison den Zettel, die völlig verwirrt darauf schaute.
    »Und was schulde ich Ihnen?«
    »Gehen Sie damit zur Kasse, bitte«, sagte das Mädchen und deutete auf ein drittes Mädchen, das in einem käfigartigen Gehäuse saß. Die Kassiererin rechnete die Preise zusammen, schrieb die Summe auf die Quittung und zeigte sie Madison. »Dreitausendzwanzig, bitte.«
    Madi bezahlte. Aber bevor sie die Bücher ausgehändigt bekam, musste erst ein Stempel auf die Quittung gesetzt und von der Kassiererin abgezeichnet werden, die ihr dann die Quittung samt Wechselgeld zurückgab. Madison trug die Quittung zurück zu dem Mädchen hinter dem Ladentisch. Dort wurde alles noch einmal überprüft, und schließlich bekam sie die Bücher. Madison ließ das Ganze mit ungläubigem Lächeln über sich ergehen. »Habt ihr hier in diesem Land Vollbeschäftigung?« fragte sie und bemühte sich, keine Miene zu verziehen.
    Madison trat hinaus in das gleißende Sonnenlicht und griff nach ihrer Sonnenbrille. Auf der anderen Straßenseite befand sich ein großer, geschäftiger Markt. Händler hockten vor Bergen von aufgehäuften Früchten und Gemüsen. Schiefe Holzbuden waren mit billigen, grellfarbigen Haushaltswaren wie Besen und Plastikschüsseln behängt. Madis Blick fiel auf eine Hängematte, die quer vor einem Stand aufgespannt war.
    »Wie heißt dieser Markt?«, fragte sie den Fahrer, der neben ihr auftauchte.
    »Bourda-Markt. Gut zum Essenkaufen. Wolln Sie ihn anschauen?«
    Plötzlich ging Madison auf, dass sie keine Taxiuhr im Wagen gesehen hatte. »Wie viel schulde ich Ihnen denn bereits? Wird mich das ein Vermögen kosten?«
    Er lächelte breit. »Nee, ich mach 'ne Stadtrundfahrt, fairer Preis. Keine Bange. Kommen Sie, ich geh besser mit. Tun Sie auf Ihre Tasche aufpassen.«
    »Mich interessieren die Hängematten da.«
    »Ah ja, aus Brasilien. Sie brauchen 'ne Hängematte, wenn Sie ins Lannesinnere wolln. Zum Aufhängen zwischen den Bäumen. Aber da gibts noch bessere. Ich kann Sie zum Indioladen fahrn.«
    »Wenn wir schon mal hier sind, würde ich gern ein paar Minuten herumlaufen.« Ihr gefiel die Idee, mit einem kräftig gebauten Mann im Schlepptau durch die schmalen Gänge zwischen den Ständen zu

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