Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
kriminell sind? Wie kommt das?«
    »Tja, im Falle Guyanas haben einfach zu viele Köche den Brei verdorben. Die Ausbildungsmöglichkeiten und die Infrastruktur für die Förderung der Bodenschätze, die jetzt für das Land im Vordergrund steht, waren nicht vorhanden. Eigentlich geht es in Guyana erst jetzt richtig los. Wenn sie in dieser Situation nicht die richtige Hilfe bekommen und lernen, mit ihren Finanzen vernünftig umzugehen, werden Korruption und Habgier dafür sorgen, dass durch all die Bauxit- und Goldminen nur ein paar reiche Leute noch reicher werden und die Armen sich fragen, was das alles soll.«
    »Und an diesem Punkt kommen Sie ins Spiel?«
    »Ja, aber es ist manchmal schwer zu vermitteln, dass die Gewinne aus natürlichen Ressourcen in eine grundlegende Infrastruktur investiert werden müssen, um die Wirtschaft für ausländisches Kapital attraktiv zu machen. Ihnen ist vielleicht schon aufgefallen, dass hier eine gewisse Haltung des Laissez faire vorherrscht.«
    »Allerdings, es ist lächerlich, wie sie die einfachsten Vorgänge komplizieren und die ausgefallensten Möglichkeiten finden, dauernd im Kreis zu laufen.«
    »Hübsch gesagt«, meinte Connor und machte eine Wende auf der Hauptstraße. »Da ist der Club, und lassen Sie uns das Thema wechseln. Wie wär's mit etwas leichterer Kost zum Lunch?«
    »Sie sind dran mit der Themenwahl.«
    Connor warf ihr einen raschen, anerkennenden Blick zu. »Ich weiß ein hervorragendes Thema. Zu den Einzelheiten komme ich später. Übrigens, ich bin froh, dass Sie ein Kleid tragen. Damen in Hosen, selbst den schicksten aus Seide, sind hier nicht zugelassen.«
    »Sie machen Witze.«
    »Das hier ist der Georgetown Club, eine Bastion konservativer Gesinnung, snobistischen Klassendenkens und der Diskriminierung.«
    Sie bogen in den Parkplatz für Clubmitglieder ein und wurden von einem uniformierten Wächter begrüßt. Oben an der kurzen Treppe, die in den Club führte, hieß eine pummelige, dunkelhäutige Frau sie in gespreiztem Englisch willkommen. »Möchten Sie vor dem Essen einen Drink nehmen, Mr. Bain?«
    »Ja gern, vielen Dank.«
    »Man wird Ihnen Bescheid sagen, wenn der Lunch serviert ist.«
    Madi hob amüsiert die Augenbrauen, als sie durch die Halle auf eine weiträumige Veranda zugingen, auf deren glänzend gebohnertem Holzboden tiefe Korbliegen und Sesselgruppen standen. Die hölzernen Fensterläden waren schräg gestellt, um einer leichten Brise Zugang zu gewähren und gleichzeitig die Gäste vor den Blicken der Passanten auf der Hauptstraße abzuschirmen.
    Sie tranken Bier und plauderten über die Leute, die sie inzwischen gemeinsam kannten, und über die für das kommende lange Wochenende geplante Fahrt zum Essequibo, wo sie alle von Oberst Bede Olivera eingeladen waren – einem ehemaligen Politiker, der jetzt als politischer Kommentator arbeitete.
    »Ich habe ein paar wilde Geschichten über das Erholungsgebiet am Essequibo gehört, wo die Reichen ihre Ferienhäuser haben«, sagte Connor. »Es wird
New Spirit
genannt, aber manche nennen es auch
Happy Valley
, wie dieses Tal in Kenia, wo sich die Briten in den dreißiger Jahren ihre Eskapaden leisteten.«
    »
Die letzten Tage von Kenia
, der Mord an Lord Sowieso«, sagte Madi. »War das nicht ein Film mit Greta Scacchi? Lieber Himmel, steht uns etwa diese Art von Kolonialszenerie bevor?«
    Connor lachte. »Das glaube ich nicht. Was davon in Guyana noch übrig war, ist größtenteils durch schickes Highlife à la Miami ersetzt worden. So kommt es mir wenigstens vor.«
    Der Kellner teilte ihnen mit, dass ihr Lunch serviert sei, und auf dem Weg nach unten in den Speisesaal blieben sie stehen, um die alten, gerahmten Fotografien aus den Anfängen des Clubs zu betrachten: Kricketmannschaften, ehemalige Vorsitzende und Komitees, alles Männer, alles Weiße, Engländer und aus der Oberschicht. Frauen waren nur auf Fotos von Bällen und gesellschaftlichen Ereignissen zu sehen. »Sieht aus wie im alten Indien«, meinte Madison.
    »Diese Zeiten sind längst vorbei«, ertönte eine angenehme Stimme hinter ihnen. Madison drehte sich um und sah ein paar Stufen weiter oben Antonio Destra stehen. Ihr fiel ein, dass sie zu beschäftigt gewesen war, ihn anzurufen.
    »Hallo. Wie geht es Ihnen?«, fragte sie.
    »Viel zu tun. Und Ihnen? Schauen sich all die Sehenswürdigkeiten dieser interessanten Stadt an, was?«
    »Ja, allerdings. Habe ich Sie nicht neulich beim Indiohospiz gesehen?«
    Antonios Gesichtsausdruck

Weitere Kostenlose Bücher