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Der Geschichtenverkäufer

Der Geschichtenverkäufer

Titel: Der Geschichtenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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daraufhin alle Schachfiguren ein, und Polizeichef MacLachlan, der seine Pflicht als weißer Springer getan hatte, nahm ihn in Gewahrsam.
    Mary Ann verließ Schloß Hamilton an diesem Morgen nicht mehr. Es gab keinen Weg zurück in die Ehe mit Iain, und der Lord, der ohnehin eine neue Haushälterin brauchte, bot ihr an, auf dem Gut zu bleiben.
    Hamilton konnte sich noch an alle Züge der Partie gegen den Herzog von Argyll erinnern und schrieb sie sicherheitshalber auf, um herauszufinden, warum er am Ende doch geschlagen worden war. Immer wieder sahen die Dienstboten, wie er im Garten die Partie Zug für Zug nachstellte. Danach saß Mary
    Ann auf einem Stuhl vor dem Karpfenteich und unterhielt sich mit ihm.
    Eine Zeitlang schwärmten noch alle in der Erinnerung an die Mittsommernacht auf Schloß Hamilton und freuten sich, daß Mary Ann sich endlich für Iains Untreue hatte rächen können. Doch wenn in jener Nacht Elfen und Schutzengel ihre Hand über Hamiltons Garten gehalten hatten, dann rissen danach Unholde und Todesengel die Regie an sich. Bald kam es in der Gegend zu einer Serie von brutalen Morden, und nach dem dritten stellte Polizeichef MacLachlan fest, daß alle Opfer als Schachfiguren auf Hamiltons Marmorplatten angetreten waren. Nach dem fünften Mord meldete sich Hamiltons Butler bei der Polizei und wies daraufhin, daß alle Ermordeten in der Reihenfolge das Leben verloren hatten, in der sie auf dem Schachbrett geschlagen worden waren. Es handelte sich um zwei Bauern, zwei Läufer und einen Springer. Es gab nur eine Ausnahme in diesem System: die allererste, die in der Mittsommernacht in den Garten gelaufen war, war Mary Ann MacKenzie gewesen. MacLachlan, der die ätherische Mary Ann nicht vergessen konnte, registrierte das mit großem Interesse. Es fiel ihm nicht schwer zu verstehen, warum der brutale Serienmörder die reizende junge Frau verschont hatte. Im Gegenteil, dachte er, es war leicht, das Motiv für die vielen Morde zu erraten: der Mörder wollte alle möglichen Rivalen aus dem Weg räumen und die schöne Göttin ganz für sich behalten. Das bedeutete, daß es viele mögliche Verdächtige gab.
    Der sechste und der siebte Mord folgten und waren ebenfalls eine makabre Wiederholung der fatalen Schachpartie. Die Polizei kannte nun das jeweils nächste Opfer und versuchte auch, es zu schützen, doch sie konnte weitere Morde nicht verhindern.
    Die Opfer kamen fast immer im Wald und auf dem Feld ums Leben, und fast immer wurden sie mit einem scharfen Schlachtermesser getötet. Bald hatte fast die Hälfte der Gäste von Hamiltons Kostümfest das Zeitliche gesegnet, was bedeutete, daß der Serienmörder sich dem Lord und dem Herzog näherte, ganz zu schweigen vom Polizeichef, der sehr wohl wußte, daß er das Schachbrett als sechzehnter verlassen hatte.
    Einer der ersten, die in Verdacht gerieten, war natürlich Iain MacKenzie, der in jener schicksalhaften Nacht von seiner Gattin aufs tiefste beleidigt worden war und der sie jetzt für immer verloren hatte. Abgesehen vom Lord und vom Herzog war MacKenzie als letzter geschlagen worden, deshalb konnte auch er sich, jedenfalls theoretisch, an alle Züge des Spiels erinnern. Doch als der dreizehnte und der vierzehnte Mord geschahen, während Iain in Untersuchungshaft saß, wurde er mit einem Schulterklopfen auf freien Fuß gesetzt.
    Auch der Lord wurde von der Polizei verhört. Er hatte die Schachpartie verloren und seinen Ärger darüber deutlich gezeigt, außerdem war er einer der wenigen, die jeden Zug kannten. Die Polizei mußte den Lord außerdem fragen, warum er diese bizarre Maskerade überhaupt in die Wege geleitet hatte.
    Als der Butler von der Polizei vernommen wurde, traten einige Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und seinem Herrn zu Tage, er geriet aber dennoch nicht in Verdacht. Er erzählte der Polizei wahrheitsgemäß, daß er sich in der Zeit vor und nach dem fatalen Mittsommerabend Sorgen um Hamiltons geistige Gesundheit gemacht hatte.
    Das Bauernpaar, das nur wenige Tage vor dem Fest abgesagt hatte, wurde ebenfalls vernommen, konnte aber ebenfalls seine Unschuld unter Beweis stellen.
    Am Ende wurde sie auf frischer Tat ertappt, nachdem sie sich in MacIvers Schuppen geschlichen und den Bauern mit einem Schlachtermesser erstochen hatte.
    Es war Mary Ann leicht gefallen, sich Zutritt zu den Bauernhöfen, den Anwaltskanzleien und Herrensitzen zu verschaffen. Es war für sie auch keine Kunst gewesen, Männer und Frauen der Gegend in Wald

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