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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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mit weißen Kleidern und neuen Sandalen bekleidet. Dann geleiteten ihn die sechs Sklavinnen über den im Dunkeln liegenden Säulenhof zum Eingang des Empfangsraumes, der mit einem schweren roten Samtvorhang verhängt war. Eines der Mädchen schob den Vorhang beiseite, Vitellius trat ein, der Vorhang schloß sich wieder.
    »Komm näher, schöner Bononier«, sagte Messalina, die in ihrem riesigen Bett in der Mitte des von rotflammenden Öllämpchen erleuchteten Raumes lag, »komm näher und versuche nicht wieder zu fliehen. Meine Türsteher sind informiert, sie lassen dich nicht aus dem Haus.«
    An Flucht dachte Vitellius auch gar nicht mehr. Er hatte eingesehen, daß es zwecklos war. Im übrigen war der Schock, der ihn zur Flucht bewogen hatte, verflogen. Vitellius sagte sich, Fortuna wollte dieses Zusammentreffen mit der Frau des Kaisers. Er, der Kesselflicker aus der Provinz, vor dem Bett Messalinas! Der Gedanke daran drohte ihm die Sinne zu rauben.
    Messalina trug das rote Mieder, in dem sie ihn schon empfangen hatte, sonst nichts. An einen Berg von roten Kissen gelehnt, rekelte sie ihren schönen Körper vor dem Jüngling und schnurrte wie eine Katze. Ihre schwarzen Haare waren zu fingerdicken Röhren geformt, die sternförmig von ihrem Kopf abstanden. Messalina liebte den künstlerischen Kopfputz. Edelhuren und reiche Bürgersfrauen versuchten diese Haaraufbauten zu kopieren, galten sie doch als äußerst gewagt, verrucht und modern.
    »Zieh mir die Schuhe aus!« sagte Messalina, um den Jungen, der immer noch vor dem Vorhang stand, an ihr Bett zu locken. Sie hielt ihm den linken Fuß entgegen. Vitellius trat an das Bett heran. Um die goldenen Riemchen zu lösen, blieb ihm nichts anderes übrig, als auf den Knien das große Bett zu besteigen. »Du bist dir hoffentlich dieser Gunst bewußt«, sagte Messalina, während Vitellius an ihrem Schuhwerk nestelte, »ein Namensvetter von dir – er ist allerdings ein paar Decennien älter – hat mir alle seine Besitzungen angeboten, nur, um mir die Schuhe ausziehen zu dürfen. Die Besitzungen habe ich ausgeschlagen, aber ich habe ihm einen Schuh geschenkt.« Sie lachte laut. »Den trägt er nun wie ein Amulett zwischen Toga und Tunika, und bisweilen küßt er ihn sogar.«
    Vitellius lächelte. »Du glaubst es nicht?« fragte Messalina, »es ist die Wahrheit. Es ist der Ex-Konsul und ehemalige syrische Statthalter Lucius Vitellius. Weil ich ihm meine Gunst versagte, warf er sich an die Brust einer Freigelassenen. Dafür hätte ich ja Verständnis, daß er aber ihren Speichel mit Honig vermischt trinkt – angeblich gegen seinen Rachenkatarrh –, das finde ich abscheulich. Aber das ist Rom.«
    Vitellius hatte sich angewidert abgewendet. Messalina faßte den Jungen am Handgelenk und drückte seine Hand zwischen ihre geschlossenen Schenkel. »Du mußt keinen Ekel empfinden, in Rom gibt es auch sehr viel Schönes.« Dabei richtete sie sich auf und zog mit der Linken seinen Kopf gegen ihre Brüste. »… sehr viel Schönes«, wiederholte sie. Einer Ohnmacht nahe versuchte Vitellius die Situation bewußt zu erleben. Am liebsten hätte er sich ins Ohr gezwickt, um sicher zu sein, daß er all das im Wachzustand erlebte und nicht etwa nur träumte. Er fühlte mit seinen Lippen die wogenden Brüste, wollte den Mund aufmachen, mit der Zunge nach ihnen tasten, aber er wagte es nicht, ließ sich willenlos lenken von den zärtlichen Bewegungen dieser Frau – nichts anderes war sie in diesem Augenblick.
    Ihren vorsichtigen Versuchen, ihm die Tunika über den Kopf zu ziehen, setzte er keinen Widerstand entgegen. Im Gegenteil, er hatte selbst das Bedürfnis, sich seiner Kleider zu entledigen; dann lag er nackt neben Messalina. »Ich will dich haben«, sagte sie, und ihre Finger krallten sich schmerzhaft in seinen Oberschenkel, »sofort als ich dich sah, wollte ich dich. Warum bist du weggelaufen?«
    »Herrin«, sagte Vitellius leise, »ich bin ein Kesselflicker aus der Provinz, noch nie habe ich einer Frau beigewohnt, und auf einmal war es die Frau des Kaisers, die sich mir anbot, das war zuviel für mich.«
    Messalina lächelte: »Ich verstehe dich, deine Tat ist entschuldigt. Nur – was hättest du in diesem Babylon gemacht? Hast du Freunde, die dich aufnehmen können, hast du Geld?«
    »Nein«, antwortete Vitellius, »ich bin allein auf mich gestellt. In meinem Beutel sind 60 Sesterze, das heißt – einen Sesterz habe ich an einen Haruspex verschleudert.«
    »Was hat dir der

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