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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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gekünstelt: »Nun, schöner Bononier, so ist das, wenn man ohne Erlaubnis vor mir davonläuft.«
    »Ich wußte nicht, daß Ihr Messalina seid«, stammelte Vitellius verstört.
    »Und als du es erfuhrst, ranntest du vor mir davon. Ist dir meine Gegenwart so unerträglich?«
    »Herrin«, sagte Vitellius, »ich bin ein junger Kesselflicker aus Bononia, ich bin noch nie im Leben einem Senator oder Konsul begegnet, es darf Euch nicht wundern, wenn die Begegnung mit der Frau des Kaisers meine Sinne verwirrt!« Bei diesen Worten verneigte er sich.
    »Was ändert mein Stand an der Tatsache, daß ich eine Frau bin. Ich bin eine Frau, Vitellius!« Sie griff nach seiner Hand und preßte sie auf ihren Busen. Als suche sie Mitleid, blickte sie zu ihm auf. »Verzeih, wenn dich diese Rüpel zu hart angefaßt haben. Sie hatten den Auftrag, dich möglichst schnell hierherzubringen.« An die Gladiatoren gewandt, sagte sie: »Wenn ihr ihm unnötig weh getan habt, lasse ich euch alle Knochen brechen.« Dann fragte sie Vitellius mit gespielter Freundlichkeit: »Haben sie dich verletzt?«
    »Es war zu ertragen«, beeilte sich Vitellius zu antworten.
    Messalina entließ die Gladiatoren und griff nach einer Peitsche, die neben einem Silberspiegel auf dem Schminktisch lag. Vitellius erschrak. Die Kaiserin stand auf, holte aus und schwang die Peitsche gegen ein armdickes, bronzefarbenes Rohr, das an einer Kette senkrecht von der Decke hing. Blitzschnell wickelte sich die Peitschenschnur um das Rohr und erzeugte einen durchdringenden, heulenden Klang. Das war ein Signal für die gesamte Dienerschaft. In Sekundenschnelle nahm ein halbes Dutzend Sklavinnen lautlos vor Messalina Aufstellung: zwei Badefrauen, zwei Ornatrices – zuständig für Frisuren, Perücken und Schminke – zwei Sklavinnen a veste – verantwortlich für Kleidung und Schuhe.
    »Vitellius ist unser Gast«, sagte Messalina, »badet ihn, salbt ihn und legt ihn ins Tablinum.«
    Noch bevor Vitellius antworten konnte, nahmen ihn die Mädchen bei der Hand und führten ihn aus dem Zimmer. Über den Säulenhof geleiteten sie ihn zu dem auf der anderen Seite liegenden Balneum.
    Die gesamte Badeanlage bestand aus drei Räumen. Der erste und größte, das Frigidarium, war quadratisch. Über dem in den blauen Marmorfußboden eingelassenen Schwimmbecken spannte sich ein türkisschimmerndes Tonnengewölbe, eine weiße Marmorbank lief an der Wand um den ganzen Raum. Diese Schwimmhalle diente der Kaiserin lediglich zur Entspannung. Für die Säuberung und Körperpflege gab es links davon einen An-, Auskleide- und Massageraum, und daran anschließend das eigentliche Badezimmer, Caldarium genannt. Die aus einem einzigen fast durchsichtigen Alabasterblock gehauene Badewanne stand in einer halbrunden Mauernische, durch deren schmale senkrechte Lichtschlitze das Tageslicht eindringen konnte. Gelb, Gold und Blau waren die Farben, in denen das Badezimmer ausgestattet war. Wandmosaiken beschrieben die Geburt der aus Meerschaum entstiegenen Aphrodite.
    Die Sklavinnen entledigten sich ihrer Kleider, drängten Vitellius mit sanfter Gewalt in das Auskleidezimmer und drückten ihn auf eine weißbespannte Liege. Während sie ihm Schuhe und Kleidung auszogen, betrachtete er das farbenprächtige Deckengemälde, auf dem der Hirte Aktaeon Diana und ihre Nymphen beim Baden überraschte und von der zornigen Göttin in einen Hirsch verwandelt wurde.
    Wohlige Wärme entströmte dem rotgebrannten Ziegelfußboden, der mit einer Unterflurheizung ausgestattet war, als Vitellius nackt in das Badezimmer ging. Aus einem goldenen Rohr, das in einem Schwanenhals endete, schoß an der Stirnseite dampfend heißes Wasser in die Wanne. Eine Sklavin stellte ein zierliches Treppchen vor das Bassin, Vitellius stieg hinein. Allmählich begann er Gefallen zu finden an der aufwendigen Zeremonie der nackten Sklavinnen, wenngleich er immer noch nicht so recht wußte, wie ihm geschah.
    Vitellius hatte noch nie im Leben in einer Wanne gebadet. Und so wußte er auch nichts Rechtes damit anzufangen, als die Sklavinnen ihm Speckstein zur Säuberung der Fußsohlen und Hornpulver zum Zähneputzen reichten. Lachend machten ihm die Mädchen vor, wie die Toilettenartikel zu gebrauchen seien. Am Ende der Badeorgie, bei der ihm unzählige Eimer Wasser über den Kopf gegossen wurden, mußte er sich wieder in das Ankleidezimmer begeben. Hier wurden seine Haare mit heißen Tüchern getrocknet, sein Körper mit duftenden Essenzen gesalbt und

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