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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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sagte er: »Lollia ringt gegen eine Ägypterin!«
    Narcissus stieg aus dem Wasser, ließ sich behutsam abtrocknen und ging eilends in die Ringhalle des Hauptgebäudes. Schon von weitem schallten ihm die Anfeuerungsrufe der Zuschauer entgegen. Lollia war eine mit allen Vorzügen der Natur ausgestattete Römerin, verheiratet mit einem Großkaufmann, der durch den Import von exotischen Früchten und Gemüse ein Vermögen verdient hatte. Obwohl Frauenringkämpfe in Rom nicht außergewöhnlich waren, lieferte ihre exzentrische Lebensweise den Römern immer wieder Gesprächsstoff. Die Ägypterin, mindestens zehn Jahre jünger als Lollia, dunkelhäutig und von knabenhaftem Wuchs, hatte die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. Beide waren eingeölt und glänzten wie Speckschwarten. Die meisten ihrer Griffe rutschten von den glatten Körpern ab.
    »Fünfzig Sesterze für die Siegerin!« rief Narcissus beim Betreten des Raumes. Rufe der Bewunderung tönten aus dem Publikum, das Narcissus daraufhin eine Gasse bis zur Matte öffnete. Die ausgesetzte Summe machte auf die samthäutige Ägypterin gewiß mehr Eindruck als auf Lollia; der Kampf begann hitziger zu werden. Lollia riß ihre Gegnerin zu Boden, das Publikum begann zu toben, die beiden wälzten sich über die Matte, breite Ölflecke markierten ihre Spur. Immer wenn die ranke Ägypterin mit ihren langen Beinen einen Zangengriff anzusetzen versuchte, gab es ein großes Geschrei; doch drei Versuche endeten erfolglos.
    Die Ägypterin wand sich aus der Umklammerung, stand auf, lauerte mit gegrätschten Beinen auf die Gegnerin. Lollia näherte sich mit ausgebreiteten Armen, setzte zum Sprung an, um die Gegnerin umzuwerfen, aber die Ägypterin war schneller, sie zog ihr mit einem Satz die Beine weg. Lollia knallte auf den Rücken, die Gegnerin kniete auf ihrem Brustkorb, riß beide Arme in die Luft. Narcissus rief: »Meinen Glückwunsch!«, ließ die fünfzig Sesterze überreichen und erhob sich.
    Auf dem Weg zum Unctuarium, dem Salb- und Massageraum, flüsterte einer der Sklaven Narcissus ständig die Namen der Anwesenden ins Ohr. Der Nomenklator wußte genau, wen von den Entgegenkommenden sein Herr zu grüßen hatte und wen nicht. In den Thermen war dies gar nicht so einfach, ohne die Insignien der Würde ähnelte ein Nackter dem anderen.
    »Sulpicius Rufus«, sagte der Sklave, »Ihr kennt ihn!«
    »O teurer Rufus, sei gegrüßt!« Narcissus setzte eine betont freundliche Miene auf. »Entspannst du dich vom Anblick deiner Gladiatoren?«
    »Glücklich die Mutter, die dich geboren hat, ehrenwerter Narcissus.« Rufus verneigte sich. »Der trockene Sand der Arena ist's, der mich hierher treibt. Ihn abzuspülen ist Zweck und Lust zugleich.«
    »Die Römischen Spiele stehen vor der Tür. Der Kaiser erwartet spannende Paarungen in der Arena.«
    »Er soll sie haben. Meine Familie ist aufs vortrefflichste trainiert.«
    »Ich bin auf dem Weg zum Massageraum«, sagte Narcissus, »willst du mir Gesellschaft leisten?«
    Rufus willigte ein.
    Der Massageraum mit Boden und Wänden aus grünem Marmor spiegelte vor Sauberkeit. Die Massagetische waren aus gelbem Sandstein, er war wärmer als der Marmor. Hier sah man nur bessere Leute; schließlich kostete jede Behandlung einen Sesterz, einschließlich ätherischer Öle und teurer Kräutermixturen: Narcissus und Rufus lagen bäuchlings auf zwei nebeneinander stehenden Massagebänken. Zwei Afrikaner kneteten ihre Schultermuskeln durch. Narcissus gab Laute des Wohlbehagens von sich. »Kennst du das neueste Rätsel, Rufus? Also paß auf: Wer von uns nimmt zu und ab, ohne zu schlemmen und ohne zu fasten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du mußt nachdenken. Ganz einfach.«
    »Ich komme nicht darauf.«
    »Dein Geschlechtsteil ist's, wenn du eine Frau siehst wie diese da!« Er deutete auf eine üppige Römerin, die sich auf dem Nebentisch unter leisem Stöhnen zwischen den Schenkeln massieren ließ.
    Narcissus winkte seinen Nomenklatur heran, zeigte mit dem Finger auf die Nackte. Der neigte sich zu seinem Herrn herab. »Sie heißt Tryphaena und ist seit einem halben Jahr verwitwet, seither verbringt sie ihre Zeit vor allem in den Bädern.«
    »Beim Pollux«, grinste Narcissus, »mit der würde ich gern ein Bad nehmen.«
    Rufus lachte.
    »Still!« sagte Narcissus. »Krähte da nicht ein Hahn?«
    Jetzt war es deutlich zu hören. Narcissus setzte sich auf, nahm eine Karaffe mit Salböl und goß ihren Inhalt auf den spiegelnden Boden, um die Götter zu

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