Der Gladiator
nachdem er die Fibel abgerissen hatte, gelöst und den Blick auf diesen traumhaften, weißen Mädchenkörper freigegeben, auf zwei feste volle Brüste, die noch nie einen Sonnenstrahl gesehen zu haben schienen, auf einen runden tiefen Nabel und die dunkel sich um ein Zentrum windenden Schamhaare. Es war ein Bild unverdorbener Weiblichkeit und makelloser Schönheit.
Noch nie hatte diesen heiligen Körper eines Mannes Hand gestreichelt. Vitellius verspürte ein unbezähmbares Bedürfnis, diese edlen, reinen Körperformen zu liebkosen. Mit zitternder Hand fuhr er über Hals und Busen des Mädchens, zögerte einen Augenblick, ließ dann aber seine Hand zwischen die Schenkel gleiten, was ihm ein Gefühl vermittelte, als striche er über kühle Seide.
Vitellius erschrak. Tullias Hand hielt auf einmal sein Handgelenk umfaßt. Er wollte die Hand zurückziehen; aber das Mädchen hielt sie fest. »Tullia«, sagte Vitellius verwundert. Die Vestalin öffnete die Lippen, aber sie sagte kein Wort. Sie sah ihn nur an und schwieg.
»Tullia«, wiederholte der Gladiator, »verzeih mir. Ich habe mich vergessen. Verzeih!«
»Es gibt nichts zu verzeihen«, flüsterte Tullia und zog den Kopf des jungen Mannes zu sich herab. »Ein Gefühl, das mir noch nie im Leben begegnet ist, läßt mich alles vergessen, nenn es Liebe, nenn es Begierde. Ich kann mich nicht dagegen wehren, das Gefühl ist stärker.«
»Du hast ein Gelübde getan«, entgegnete Vitellius.
»Nicht ich habe es getan«, fiel Tullia ihm ins Wort, »meine Eltern waren es, die mich zur Vestalin machten, des Ruhmes der Familie und des Ansehens wegen …«
»Still«, sagte Vitellius, »ich glaube, Schritte gehört zu haben.« Er blickte ängstlich in den düsteren Raum. Tullia zog ihn näher zu sich heran. Der Gladiator spürte das Beben ihres Körpers. Zärtlich legte sie die Arme um seinen Hals, Vitellius gab nach und glitt vorsichtig auf diesen marmorweißen Körper. Gleichzeitig bohrte sich Tullias Knie zwischen seine Schenkel und rieb an seinem Glied, das allmählich zu bersten drohte. Vergessen war die unwirkliche, lebensgefährliche Umgebung, das Ächzen des Gebälks blieb ungehört. Die beiden hörten nur sich, den schweren Atem des anderen, sie hatten die Augen geschlossen und versuchten erst zaghaft, dann mit immer wilderen Griffen die Reize des anderen zu ertasten.
Die Tribüne hätte zusammenbrechen können; in dem Augenblick, als Vitellius in das zarte Mädchen eindrang, war ihm alles egal. Tullia stieß einen kleinen Schrei aus, dann bäumte sich ihr Körper auf, Vitellius drückte ihn mit Gewalt nieder. So entstand ein spannungsgeladener Rhythmus, der Vitellius und die junge Priesterin in eine andere Bewußtseinsebene schleuderte.
Als die beiden erwachten, schwer wie nach einem tiefen Traum, erhob sich vor ihnen die breitmassige Erscheinung eines grinsenden Centurio. Er hielt seinen Helm unter dem Arm und wippte mit dem rechten Bein: »Ist das nicht«, fragte er hämisch, »ist das nicht Tullia, die Jüngste der Vestalinnen?«
Das Mädchen und der Gladiator starrten sich an. Vitellius gewann als erster seine Fassung wieder. »Woher kennst du sie?«
»Jeder Römer kennt die sechs Vestalinnen – besser als die Konsuln, die alljährlich ihr Amt wechseln.«
Tullia versuchte mit heftigen Bewegungen ihr Kleid zu fassen. Vitellius erhob sich. »Am besten du machst kehrt und verschwindest und vergißt, was du gesehen hast!«
»Ich weiß nicht, ob man so etwas je vergessen kann: eine Vestalin, die sich einem Gladiator hingibt. Ihr wißt beide, daß für die Vestalin darauf die Todesstrafe steht.«
»Schweig«, schrie Vitellius. »Du hast nichts gesehen. Kein Mensch wird für dich als Zeuge auftreten.«
»Ha«, lachte der Centurio, »ich brauche nur hinauszugehen und ein paar Zuschauer hereinzuholen …«
Vitellius sprang auf, fuhr dem Hauptmann an den Hals und drückte ihn, bis sein Kopf eine dunkelrote Farbe annahm. Im letzten Augenblick gelang es dem Centurio, sein Schwert zu ziehen. Er drückte es Vitellius gegen den Bauch. »Nein!« Der gellende Schrei Tullias erschütterte den Raum. Vitellius wich zwei Schritte zurück. »So einfach wirst du mich nicht in den Hades schicken«, grinste der Centurio und hielt Vitellius die Spitze seines Schwertes unter das Kinn. »Ich könnte dich jetzt töten. Aber warum sollte ich? Was ist dir dein Leben und das der Vestalin wert?«
Vitellius, der unbewaffnet war, warf dem Centurio seinen Lederbeutel zu, den Lohn
Weitere Kostenlose Bücher