Der Gladiator
was ist mit euch«, fragte Mariamne, »überkommt euch keine Lust auf ein Vergnügen? Hinter den Masken verbergen sich vornehme Damen der römischen Gesellschaft. Die Gelegenheit, sich von der Frau eines Senators, eines Konsuls oder Adeligen befriedigen zu lassen, kommt nicht so schnell wieder!« Fabius und Vitellius grinsten.
Im selben Augenblick tänzelte eine wunderschöne Maske heran, umgarnte Fabius und zog ihn schließlich fort. Vitellius hatte alle Mühe, sich ähnlicher Aufforderungen zu erwehren. Als schließlich sogar Buhlknaben den Versuch machten, Vitellius zu verführen, meinte Mariamne: »Ich glaube, die einzige Möglichkeit, sich all der Zudringlichkeiten zu erwehren, ist, sich selbst der Liebe hinzugeben.« Ohne eine Antwort abzuwarten, hob Mariamne den Saum ihres Kleides und drängte einen Schenkel zwischen die Beine des Geliebten; dann faßte sie in seine Haare und zog Vitellius auf die Polster der marmornen Tischbank. »Oder schämst du dich etwa«, flüsterte sie, »deine Zuneigung in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen? Findest du die Masken vielleicht attraktiver?« – Vitellius antwortete nicht, er ließ seine Zunge auf Mariamnes Hals spielen, erkundete mit den Händen jeden Zentimeter ihres begehrlichen Körpers. Bald vergaß er den Kampf, der ihm morgen bevorstand.
Das Gerücht, hinter den Masken würden sich vornehme Damen verbergen, hatte Tigellinus in die Welt gesetzt. In Wirklichkeit hatte der Günstling des Kaisers intelligente Frauen mit makellosem Körper als Spioninnen angeworben. Seine Überlegungen waren richtig: Wo anders als in den Armen einer schönen Frau war ein Mann bereit, die Wahrheit zu sagen! Geschickt verstanden es die schönen Masken, das Gespräch auf die Politik zu lenken, insbesondere auf Nero, den Kaiser. In Rom kursierten nämlich Gerüchte, gegen den Prinzeps sei eine Verschwörung im Gange. Nero lebte in panischer Angst, er hatte seine Leibgarde verdoppelt und zeigte sich nur noch streng bewacht in der Öffentlichkeit.
Auf drei Gäste waren ganz spezielle Damen angesetzt. Sie zeichneten sich einerseits durch ihre Ausbildung und den besonderen Auftrag aus, den sie zu erfüllen hatten, zum anderen entsprach ihr Äußeres genau dem Idealtyp einer Frau, den diese Männer bevorzugten. Die drei Männer waren der Redner Gaius Calpurnius Piso, Faenius Rufus, der zweite Hauptmann der Prätorianer, und der Tribun Subrius Flavus.
Piso vergnügte sich in seinem Zelt mit einer maskierten Blondine, deren knabenhafte Figur sich von den meist üppigen der anderen unterschied. Der Wuschelkopf und die zarten Äpfelchen ihrer Brüste verliehen ihr ein beinahe kindliches Aussehen, und ihr Keuchen versetzte Piso in Ekstase.
»Verrate mir deinen Namen!« bettelte Piso, »ich möchte dich wiedersehen!«
Die Kleine kicherte hinter der Maske. »Meinen Namen wirst du nie erfahren; denn mein Gemahl soll durch meine Eskapaden keine Nachteile erleiden. Er bekleidet ein hohes Amt, genießt großes Ansehen, und dabei soll es auch bleiben.«
»Warum leistest du dir dann aber solche Eskapaden?« bohrte Piso nach.
»Sein Amt läßt meinem Gemahl wenig Zeit für mich«, flüsterte die schöne Maske, »aber ich bin eine Frau, und bisweilen hungere ich nach Liebe.«
»Ich möchte dir geben, wonach du begehrst – und nicht nur heute!«
»Oh, wie ich mich danach sehne!«
»So laß die Maske fallen und nenne mir deinen Namen. Ich will ihn als Geheimnis bewahren, so wahr ich Gaius Calpurnius Piso bin.«
»Du bist Piso, der Redner?«
»Ja, ich bin Piso.«
»Man sagt, du seist nicht gut auf den Kaiser zu sprechen. Du seist gar Mitglied einer Verschwörung …«
Piso erschrak. »Wer wagt, solches zu behaupten?«
»Sei unbesorgt«, heuchelte die Maske, »auch ich bin gegen den Kaiser und somit auf deiner Seite.«
Piso zögerte, dann betrachtete er den makellos weißen Körper der Kindfrau und sprach: »Meine erste Frau wurde mir am Tage der Hochzeit von Kaiser Caligula entführt. Er war ein Verrückter. Drei Tage und Nächte hielt er sie gefangen, vergewaltigte sie, dann verstieß er sie und schickte uns beide in die Verbannung. Unter Claudius gelang uns die Rückkehr nach Rom. Aber auch Claudius war nicht Herr seiner Sinne, und mit Nero ist es nicht viel anders. Er hat zu viele Ohren. Das macht ihn zunehmend unberechenbar.«
»Und dabei ist der Kaiser erst dreißig Jahre!«
»Gerade deshalb«, Piso blickte sich ängstlich um, »muß er beseitigt werden.« Er sah die starre Maske
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