Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
Sie war schon beim Stall, als sie sich noch einmal zu ihm umdrehte. Er hatte sich nicht gerührt. Gewissensbisse hatte sie allerdings immer noch nicht. Sollte sie Elena Kummer bereitet haben, so hatte sie es verdient. Lyle wollte die Scheidung, damit er mit seiner geliebten Elena und dem gemeinsamen Sohn zusammen sein konnte, und alle beide hatten sich keinen Deut um ihre Gefühle geschert.
29
Es war schon spät am Nachmittag, als Marcus und Elena in der Maschine der Fliegenden Ärzte nach Winton zurückgebracht wurden. Als Lyle zu Marcus sagte, er könne sich nach vorn zu Alison setzen, strahlte er übers ganze Gesicht. Er hätte sich kaum mehr freuen können, wenn er eine Schatztruhe voll Gold gefunden hätte.
Am westlichen Himmel ging gerade die Sonne unter, ein riesiger Feuerball, ein herrliches Purpurrot über der kargen Landschaft. So weit das Auge reichte, war der Himmel mit Rottönen durchzogen, sogar das Innere des Flugzeugs schien rot zu glühen.
Elena war hingerissen von dem malerischen Schauspiel am Himmel. Außer Atem erklärte sie, die wenigen Wolken, die sie entdeckte, sähen aus wie rotorangefarbene, flauschige Kissen. Marcus und sie schauten aus dem Flugzeugfenster und genossen den wahrhaft Ehrfurcht gebietenden Anblick. Auf der Farm hatten sie manch einen Sonnenuntergang erlebt, aber hoch oben am Himmel zu sein, so nah bei den Wolken und dem Sonnenfeuerball, so Teil der roten Aura zu sein, das war etwas vollkommen anderes.
Marcus hatte es die Sprache verschlagen. Als er seine Stimme wiedergefunden hatte, fragte er seine Mutter, ob sie sich so vielleicht den Himmel vorstellte. Elena musste lächeln, als sie die Frage bejahte. Es erfüllte ihr Herz mit Freude, ihren Sohn so glücklich zu sehen, aber es machte sie auch traurig zu denken, dass sein leiblicher Vater für dieses Glück verantwortlich war. Er hatte ihn in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft glücklicher gemacht als Aldo in dreizehn Jahren.
Elena war unglaublich erleichtert über das positive Ergebnis der Röntgenaufnahmen. Ihr war klar, Marcus hatte großes Glück gehabt, ohne Schädelverletzung davongekommen zu sein. Die Beule an seinem Kopf war schon kleiner geworden, die Kopfschmerzen hatten deutlich nachgelassen.
»Ich sehe, wie erleichtert du bist«, sagte Lyle. Die ganze Zeit schon hatte er Elena beobachtet. Er sprach leise, Alison sollte sich nicht über ihre Vertrautheit wundern.
»Ich fühle mich, als wäre mir ein riesiges Gewicht von den Schultern genommen. Aber was, wenn es ein nächstes Mal gibt, Lyle?«, flüsterte sie. »Dann hat Marcus womöglich nicht so viel Glück.«
Lyle wusste noch gut, wie belastend es für ihn und Millie gewesen war, als Jamie noch seine Krampfanfälle hatte. Jedes Mal, wenn er nicht in ihrer Nähe war, machten sie sich riesige Sorgen. »Ich glaube bestimmt, dass diese Krampfanfälle aufhören, solange er weiterhin Lebensmittel mit hohem Kalziumgehalt zu sich nimmt.«
»Ich will ihn ja dazu bringen, mehr Milch zu trinken und mehr Käse zu essen, aber das ist gar nicht so einfach, denn die Woche über ist er in der Stadt, und am Wochenende hat er so viel auf der Farm zu tun.« Sie fügte nicht hinzu, dass er am Wochenende oft so müde war, dass er am Abend einfach nur noch ins Bett fiel, ohne etwas zu essen. »Außerdem habe ich den Eindruck, das hilft gar nicht«, meinte Elena besorgt.
»Ich habe mit Dr. Watson gesprochen, und er meinte, es sei gerade ein Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gekommen. Er will in Erfahrung bringen, wo ich es bekommen kann. Das sollte helfen. Du müsstest Marcus dann nicht mehr zwingen, Sachen zu essen, die er nicht sonderlich mag.«
»In was für einer Form kommt denn dieses Nahrungsergänzungsmittel?«
»Es wird wahrscheinlich ein Pulver aus konzentriertem Kalzium sein. Du könntest Marcus eine hohe Dosis in einem einzigen Glas Milch geben.«
Elena wusste, das würde sie sehr entlasten. Sie sah ihren Sohn an, der seine Aufmerksamkeit auf das Instrumentenbrett vorn richtete. Er fragte Alison Löcher in den Bauch, weil er alles genau erklärt haben wollte. Er war so begeistert von diesem Flug. Elena hörte ihn sagen, dass der Pilotenberuf womöglich doch viel mehr Spaß machte als der Arztberuf. Als er sich wieder der Landschaft zuwandte, sah Alison über die Schulter nach hinten zu Elena.
»Während Sie im Krankenhaus waren, Mrs. Corradeo, habe ich jemanden zu Ihnen nach Hause gebracht.«
»Zu mir nach Hause«, meinte Elena völlig
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