Der goldene Buddha
eine Ausnahme. Sie öffnete die Handtasche, was der Afghane aus großen Augen beobachtete. Eine Waffe zog sie nicht, dafür entnahm sie der Tasche einen mittelgroßen braunen Umschlag, den sie zwischen Daumen und Zeigefinger wippen ließ.
»Du hast zwei Chancen, Ghaliwa«, erklärte sie dem Mann. »Entweder nimmst du das Geld und gibst mir die Steine, oder du bekommst von mir eine Kugel, und die Steine nehme ich mir so. Wie entscheidest du dich?«
Bevor Ghaliwa etwas erwidern konnte, war die rechte Hand der Frau in der Tasche verschwunden. »Das Leder ist dünn«, sagte Lady X kalt. »Man kann ohne weiteres hindurchschießen.«
Ghaliwa schluckte.
Schweißperlen netzten die Stirn des Diebes. Er sah den Umschlag, der prall gefüllt schien. Geld wie nie würde er bekommen, und dafür brauchte er nur die Steine abzugeben.
Ein guter Tausch?
»Der Anteil von deinem Partner ist dabei«, erklärte Lady X. »Du wirst ein reicher Mann werden.«
Ghaliwa nickte. »Zeig den Umschlag«, forderte er und konnte nicht vermeiden, dass seine Stimme heiser klang.
Lady X gab ihn aus der Hand.
Mit zitternden Fingern riss der Mann den Umschlag auf und schielte hinein.
Banknoten - Dollarnoten. Sein Geld, das Blutgeld.
»Und?« dehnte die Frau.
Ghaliwa nickte. »Es ist gut«, sagte er. »Ich mache den Tausch. Aber in meinem Zimmer liegt ein Toter. Ich muss sofort abreisen.«
»Das ist mir egal. Die Steine!«
Ghaliwa griff in die rechte Tasche. Seine Finger schlossen sich um die kostbaren Steine.
Ja, sie sollte sie haben.
Über der Theke hing ein Spiegel. Die ganze Zeit über hatte Ghaliwa nicht hineingeschaut. Jetzt tat er es. Und es war auch mehr ein Zufall.
Aber er sah die Fremden in der Bar.
Drei waren es.
Mönche!
Sie sahen fast normal aus, bis auf ihre goldenen Kopfe und die langen Dolche in den Händen…
***
Wir waren zweimal zwischengelandet bevor die Maschine endlich auf dem Flughafen von Katmandu ausrollte. Ich hatte während der Reise viel geschlafen und fühlte mich trotz Klima- und Zeitwechsel ziemlich frisch, als ich die Gangway hinunter- schritt, wo auf dem Flugfeld schon der Transfer-Bus wartete. Suko ging neben mir. Beide hatten wir leichtes Gepäck. Tai Pe trug nur ein Bündel. Er hatte es zu einem rucksackähnlichen Sack zusammengeschnürt und es sich über die Schulter geworfen.
Es war warm. Ein widerlicher Südwind blies mir ins Gesicht und fuhr über den grünen Dschungel an den Bergen, wo in der Ferne die schneebedeckten Wipfel des Himalaya grüssten, die man auch das Dach der Welt nannte. Katmandu liegt ziemlich hoch. Etwa 4000 Fuß über dem Meeresspiegel. Hier war die Luft schon dünner.
Bekannt ist die Stadt auch durch ihre zahlreichen Tempel und Museen geworden. Und als die Ausgangsbasis zahlreicher Himalaya-Expeditionen.
Suko und ich hatten in einem guten Hotel die Zimmer reservieren lassen. Tai Pe wollte nicht. Er hatte vor, dort zu schlafen, wo er mehr erfahren konnte. Irgendwo draußen zwischen den zahlreichen Völkern und Volksgruppen, die die Stadt bevölkerten. Die Maschine flog weiter in Richtung Bangkok, um dort die erlebnishungrigen Touristen abzuladen. Wir mussten in den Bus, der keine Klimaanlage hatte und in dem es dementsprechend heiß war.
Zudem roch es nach allem Möglichen, eben Orient.
Nach der langen Sitzerei blieben wir stehen. Ich schaute den roten Tankwagen zu, die schon zu unserer Maschine rollten und sie wieder mit Kerosin versorgten.
Schaukelnd brachte uns der Bus zum Abfertigungsgebäude. Dort passierten wir ohne weiteres die Zollkontrolle - für unsere Waffen besaßen wir eine Legitimation - und suchten uns ein Taxi. Ein uralter Mercedes sah immer noch am vertrauenerweckendsten aus.
Der Fahrer, ein Einheimischer, überschlug sich fast vor Freundlichkeit.
Er wollte uns die Koffer fast aus der Hand reißen, doch die nahmen wir lieber mit in den Fond.
Das heißt, Suko und Tai Pe setzten sich dorthin. Ich nahm neben dem Fahrer Platz und verzog das Gesicht, weil eine Sprungfeder meine rechte Backe malträtierte. Ich nannte das Ziel.
»Sir, ich fahren«, sagte der Nepalese. Und dann fuhr er wirklich.
An dem Wagen funktionierte zum Glück die Hupe, und das war gut so, denn sonst hätten wir mindestens fünf Unfälle gehabt. Drei davon mit Ochsen. Der Blinker tat es überhaupt nicht, dafür hielt der Fahrer seinen Arm aus dem Fenster.
Von der Stadt bekam ich nicht viel mit. Ich sah wohl breite Straßen, neu erbaute Hausfassaden, exotische Bäume, zahlreiche
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